Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
Vom Netzwerk:
auffällig kräftig gebaut. Sie wirkten kaum, als könnte irgendwer für sie gefährlich werden.
    Amerson , noch neu bei Scotland Yard, kniff seine Augen zusammen.
    „Was hat PC Mizen denn gemacht, dass er die Frau nicht entdeckt hat? Es war doch seine Straße …“
    Der Uniformierte zog die Schultern zusammen, wie ein Schuljunge, der den Schlag des Lehrers erwartet.
    Er blätterte in seinem Block, als wäre dort irgendwo die Antwort notiert. Abberline kam ihm, noch immer lächelnd, zu Hilfe.
    „Nun … ich schätze PC Mizen waren mit Knocking- Up beschäftigt …“
    Selbst im fahlen Licht des hereinbrechenden Morgen erkannte Harris, dass Amerson errötete. Offensichtlich vermutete er hinter dem Ausdruck die Möglichkeit, Mizen könne sich mit einer der Damen vergnügt haben.
    „Sir?“, stieß er gepresst hervor. Konnte aber nicht verbergen, dass er jeden Moment bereit war, zu einem Vortrag über die Moral bei Beamten anzusetzen.
    Jetzt lachte Abberline so laut, dass die weiter weg Stehenden ihm ihre Köpfe zuwandten.
    „Nicht, was sie denken, mein Lieber! Na … unsere Kollegen hier verdienen sich etwas dazu, indem sie auf ihrer Runde die Arbeiter wecken. Wenn einer diesen Service in Anspruch nehmen will, geht er zur nächsten Dienststelle, trägt sich in eine Karte ein, bezahlt eine Kleinigkeit und wird dann zu der gewünschten Zeit geweckt.“
    Amerson hielt die Luft an.
    „Das ist nicht ihr Ernst, Abberline!“, rang er sich empört ab.
    „Doch. Hören sie – die Jungs verdienen schlecht genug. Lassen sie ihnen doch die paar Guineas.“
    Amerson , dem der scharfe Unterton nicht entgangen war, zog es vor, die Lippen zusammenzupressen und zu schweigen. Als einzige Missfallensbekundung erlaubte er sich ein ausgiebiges Räuspern.
    „PC Thain kam dazu. Der hat auch Doktor Llewellyn verständigt. Er hat sich die Tote kurz angeschaut und für tot erklärt.“
    „Haben wir irgendwelche Zeugen?“ Abberline war zu seinem geschäftsmäßigen Ton zurückgekehrt und hakte nun seine Liste an Fragen ab.
    „Nein, Sir. Niemand hier hat irgendetwas gesehen oder gehört.“
    „Wo ist die Tote jetzt?“
    „Doktor Llewellyn hat sie ins Leichenhaus bringen lassen.“
    Abberline machte in einer ruckartigen Bewegung kehrt und marschierte los. Harris, der als Erster geschaltet hatte, folgte ihm auf dem Fuß zu jener Stelle, an der man die Leiche gefunden hatte. Es schien, als bemerke er den Regen gar nicht mehr.
    Mit leisem Murren ging er um den Blutfleck herum, der sich vom Gehweg bis in einen Gully zog.
    „Nicht viel Blut“, sagte Harris und Abberline machte eine Bewegung mit dem Kopf, die nicht zu deuten war. „Ob sie nur hier abgelegt wurde?“
    Die anderen Polizisten waren ihnen gefolgt.
    „Glaube ich nicht“, murmelte Abberline wie zu sich selbst. „Das ist alles dort in den Rinnstein gelaufen. Und ihre Kleider werden auch was aufgesogen haben.“
    Wieder klackte der Gehstock auf den Asphalt.
    „Meine Herrn … auf zum Leichenhaus. Schauen wir uns die Dame mal an.“
    Harris mochte die nassforsche Ausdrucksweise nicht, wenn er seinem Vorgesetzten auch in Rechnung stellte, dass es seine Art sein mochte, mit dem Grauen umzugehen, das ihm Tag für Tag begegnete.
    „Ach jaaa … PC Neil … Wer ist sie überhaupt?“
    Der Polizist musste nicht blättern.
    „Wir haben noch keine Ahnung, Sir. Aber der Kleidung nach zu urteilen, eine Prostituierte.“
    „Da wird wohl jemand unzufrieden gewesen sein“, erklärte Amerson mit breitem Grinsen, das offensichtlich Abberlines Art aufzunehmen versuchte.
    Der Versuch misslang. Abberline sah ihn scharf an und dieser Blick genügte, um Amerson schlagartig räuspernd verstummen zu lassen.
    „ Amerson … Sie bleiben bei den Kollegen und befragen nochmals die Zeugen. Ich möchte heute Mittag einen ausführlichen Bericht!“
    Damit nickte er Harris zu, dem die fragwürdige Ehre zuteilwurde, seinen Chef zur Leiche begleiten zu dürfen.
    Eine Weile gingen die beiden Männer stumm nebeneinander durch den Regen.
    Es war Harris, der das Schweigen durchbrach.
    Mit Blick auf die abgerissenen Gestalten, die sich wie menschlicher Abfall in den Hauseingängen sammelte, sagte er:
    „Das ist ein Mord wie viele hier. Nicht wahr?“
    Abberline schüttelte langsam den Kopf.
    „Ich weiß nicht, Harris … ich weiß nicht. Wenn sie nur die Tote nicht gleich weggeschafft hätten … Es hätte viel geholfen, wenn wir sie hätten sehen können. Aber wir bekommen ja später den Bericht. Neil

Weitere Kostenlose Bücher