Tod und Leidenschaft (German Edition)
macht sich in mir breit. Erhebt mich auf ihren lichten Flügeln.
„Gewiss. Ich tue alles für den Orden!“
Wie wundervoll! Welche Gnade!
„Von der nächsten Hure, die du erlöst, sollst du uns ein Organ bringen.“
„Nichts leichter als das!“
„Gehe ruhig vor. Genieße, was du tust und wisse, dass wir zu dir stehen! Du wirst diesen Abgrund aus Schmutz und Niedergang ausmerzen!“
„Ja! Das werde ich! Wir werden einen Siegeszug antreten!“
Bei Gott, ich schwebe!
„Nur eins … hör mir gut zu! Die von gestern hast du schon recht ordentlich hergerichtet.“
„Ja! Ja!“
„Aber es war noch nicht genug! Du musst dein ganzes Wollen, dein ganzes Können hineinlegen!“
„Ich kann es erklären …“ Er muss wissen, dass ich noch unvorbereitet war. Dass Freude und Leidenschaft mich mit sich gerissen haben.
„Du brauchst nichts erklären.“ Die Stimme ist sanft. Fast wie die Stimme einer liebenden Mutter.
„Wir wollen nur, dass du dich nicht mehr zügelst. Du bist ein Übermensch! Deine Taten sind jenseits all dessen, was Menschen sich bislang ausgedacht haben. Und das soll jeder sehen! Der Abgrund soll erzittern vor dir! Die Huren sollen in ihren Rattenlöchern verschwinden und vor Angst heulen, wenn nur dein Name genannt wird! Du hast als einziger das Zeug dazu, noch in Jahrhunderten das Erdenrund erbeben zu lassen, wenn man von deinen Taten spricht!“
„Gewiss doch! Gewiss!“
Oh, wie gut er mich versteht! Wie gut er mich kennt! Tränen rinnen aus meinen Augen und ich schäme mich ihrer nicht.
„Du bist die Katharsis des Abgrunds! Lass diese Stadt erbeben von deinen Schritten! Du bist allgewaltig und du bist gut! Der Orden weiß das! Wir haben nach dir gesucht und die Vorsehung hat uns zu dir geführt. Der Orden ist der erste, der sich vor dir verneigt und die ganze Welt wird ihm folgen!“
Ich schließe die Augen und lege die Hand auf meine Lippen. Wie kostbar sind diese Worte. Wie rein und gut. Mein süßer Engel! Jetzt kenne ich meine Bestimmung. Ich wurde geschaffen, nur um dies zu vollbringen und ich werde mich der Vorsehung als wert erweisen. Du bist die, welche all den anderen vorausgeht.
Nein, niemals werde ich nachlassen. Niemals aufgeben. Ich werde baden im Blut der Unreinen. Aber es wird mich nicht beflecken. Katharsis … so hat er mich genannt. Katharsis!
Meine bleiche Schöne … mein Engel! Ich will dich aus deinem hölzernen Sarg nehmen und mit dir tanzen. Aber ich darf es nicht. Ich darf deinen Frieden nicht stören. Berichte dem Höchsten von mir.
Ich werde wieder ans Werk gehen, getragen von jenen, die mich heute Nacht erhoben haben. Aber diesmal werde ich mich besser vorbereiten.
Werde mich konzentrieren und einüben, ruhig zu bleiben.
Die Fehler wie bei dir mache ich kein zweites Mal.
Oh, wie ich es genießen werde. Erinnerungen werde ich mir schaffen, mich zu kosen und stützen in jener grauen Zeit, bis ich wieder tätig werden kann.
Ich bin ein Gott!
X
Coroner Wynne E. Baxter war eine außergewöhnliche Erscheinung. Er war Harris bereits aufgefallen, als er vor dem Working Lad´s Institute gestanden hatte. Das Haus mit dem hohen, spitzen Giebel und den eleganten Erkern war der Schauplatz für die Eröffnung der Voruntersuchung.
Baxter war so auffällig gekleidet, dass Abberline Harris angestoßen hatte, um ihn mit einem Kopfnicken auf den Mann aufmerksam zu machen, der in schwarz- weiß karierten Hosen, einer weißen Weste, violettem Tuch und dunklem Mantel den großzügig geschnittenen Raum betre ten hatte, um mit dem Verfahren zu beginnen.
Da Harris ihn ja bereits gesehen hatte, nickte er nur nachlässig.
Ihn interessierte viel mehr ein vergleichsweise großgewachsener Gentleman in dunklem Anzug und Zylinder, der in Begleitung eines wesentlich älteren, grauhaarigen Herrn eingetreten war. Er hatte die beiden im Flur beobachtet. Sie hatten kaum gesprochen und der ältere war, die Hände beständig auf dem Rücken gefaltet, nervös auf und ab gegangen.
„Was ist dieser Baxter für ein Typ?“, wollte Harris wissen, dem der Aufzug des Vorsitzenden als – vorsichtig gesagt – exzentrisch aufgefallen war.
„Guter Mann“, brummte Abberline. „Zupackend.“
„Er sieht aus wie ein Geck“, erwiderte Harris.
„Unterschätzen sie ihn nicht! Never judge a book by ist cover, mein Freund!“
Ihre Augen wanderten über die Reihen des interessierten Publikums, das noch immer für einen ohrenbetäubenden Geräuschpegel sorgte.
Es schien sich ein
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