Tod und Leidenschaft (German Edition)
unter meinen Händen. Es stinkt wie beim Schlachter. Doch ich habe Niedrigeres vor mir, als ein Tier. Was mir an Eingeweiden im Weg liegt, räume ich sorgfältig beiseite. Wie es durch meine Finger rutschen will, als spiele mir die elende Hure einen letzten Streich.
Das Zeug ist schwerer, als gedacht und ich will auch nicht viel mitnehmen. Nur eine Tasse voll. Dass es für mich und den Orden genügt. Links auf die Schulter. Rechts auf die Schulter. Tandaradei. Ich will pfeifen und summen bei meiner herrlichen Arbeit. Aber was heißt da schon Arbeit ? Freude ist es! Reine Freude. Ungetrübt. Kein Gammler, kein Lumpensammler, der mich bei meinem Vergnügen stört. Ich öffne meine Tasche mit schmierigen Fingern. In dem miserablen Licht kann ich kaum sehen, was und wo ich abschneide. Hätte ich doch nur ein Tuch eingepackt, um das Ärgste abzuwischen …
Wieder etwas, das ich mir für das nächste Mal merken kann.
Doch nun gilt es, alles Abgeschnittene in meine Tasche zu packen. Ich hoffe, es sind die Teile, die sich besser halten.
Die Arbeit ist schwerer, als gedacht und ich muss den Schweiß von meiner Stirn wischen. Ich tue es vorsichtig, damit keine Flecken in meinem Gesicht bleiben und mich verraten.
Nutze den Ärmel eher, als den Handrücken, denn dass der befleckt ist, sehe ich im Dunklen. Ärmelschoner wären eine praktische Sache, denke ich mir und muss lächeln. Wie ein Kontorist. Der Kontorist Gottes!
Ist das nicht das Unglaublichste, dass ich bei dieser schweren Aufgabe meinen Humor nicht verliere?
Ich muss mich selbst bewundern. Wieder und wieder. Während es unter meinen Händen schwappt und glitscht.
Mein Rücken schmerzt. Ich drücke ihn durch und recke mich. Leichte gymnastische Übungen hat mir mal ein Arzt geraten. Vielleicht sollte ich die beim nächsten Mal zwischendurch machen … Wieder so ein Scherz!
Ja, ich bin guter Stimmung. Als ich meine Tasche gerade schließen will, sehe ich doch tatsächlich, dass die Hure Ringe trägt. Noch sind ihre Finger biegsam. Rigor Mortis hat noch nicht angeklopft. Nein, eine solche Sache kann ich mir nicht entgehen lassen.
Es kostet mich einige Kraft, das Miststück will sie nicht hergeben. Aber ich schaffe es. Triumphierend werfe ich die beiden Ringe in die Tasche.
Sollte mir ein Polizist begegnen, kann ich die Tasche irgendwo im Dunkel abstellen … Besser, die Ringe reinigen zu müssen, als mich verraten, weil ich sie in meinem Mantel habe.
Meine Beine sind eingeschlafen. Ich merke es, als ich einige Mühe habe, auf die Füße zu kommen. Aber sei’s drum!
Voller Stolz blicke ich herab auf mein Werk. Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe! Es war gut!
Meine Tasche in Händen lausche ich auf die nächtliche Stille. Welcher Frieden. Welche Ruhe. Ich bin ein glücklicher Mensch. Und so verlasse ich dich, mein Engel, und begebe mich zurück in jene Welt, von der ich dich auf immer erlöst habe.
„ … And he shall reign for evermore!“
X
Elizabeth zog ihr langes, schlichtes Leinenhemd über den Kopf. Es war bitterkalt in ihrer kleinen Stube. September und der kälteste, verregneteste Sommer an den sie sich erinnern konnte. Es fröstelte sie so, dass sie am liebsten wieder in ihr Bett gestiegen wäre.
Dazu kam noch die unendliche Müdigkeit.
Ein Tag, der wie der andere verlief.
Auf dem mit Stroh gestopften Bett sitzend, rollte sie ihre schwarzen Wollstrümpfe hoch und befestigte sie unter dem Knie mit einem Strumpfband. Sie kratzten und juckten wegen der schlecht verarbeiteten Wolle.
Vor dem ersten Hahnenschrei aufstehen, ohne Frühstück sechs Meilen laufen bis zum Laden. Bei Wind und Wetter. Und wenn die Sonne sich versteckte, wie viel zu oft, wurde es auch den ganzen Weg über nicht warm.
Sie hakte ihr Korsett sorgfältig zu und drehte sich leicht in der Hüfte, damit es richtig saß und sie nicht allzu sehr einengte.
Dieser Inspector Harris war ein ungehobelter Tropf, befand sie zornig. Wobei ein Gutteil ihres Zorns auch daher rührte, Elizabeth stieg in ihre weiten Unterhosen und schloss sie um die eng geschnürte Taille, dass Harris sie ganz offensichtlich für eine Bordsteinschwalbe hielt. Natürlich ungerechtfertigterweise!
Das kurze Unterhemd über das Korsett, damit das Kleid nicht von den Stäben beschädigt wurde … Wie konnte er auch nur auf den Gedanken kommen? Sie fluchte leise, als sie bemerkte, dass sich ein Knopf von dem Hemd gelöst hatte und verschwunden war.
Jetzt den schlichten, weißen
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