Tod und Leidenschaft (German Edition)
jeglichen Enthusiasmus vermissen.
„Ich finde, er hat Recht, mein Liebster. Du hast dieses Monster erledigt und nun kannst du wieder ein normales Leben führen. Du und ich.“
Sie setzte sich sehr gerade hin und schaute ihn an, wie ein Jäger nach der Jagd seine Strecke.
Harris schwieg.
Langsam schmolz die Sicherheit in Adas Zügen. Er sah sie an und tat nichts, dies aufzuhalten.
„Du willst nicht aufhören. Nicht wahr?“ Ihre Stimme war leise. Lag förmlich auf der Lauer.
„Du willst die Warnung nicht sehen, die dir ein wohlmeinendes Schicksal gesandt hat …“ Sie sprach, als bete sie eine Litanei. Kannte jeden einzelnen Satz.
„John! Beim nächsten Mal hast du vielleicht nicht mehr so viel Glück …“ Es war eine beinahe verzweifelte Mahnung, doch er wusste, dass Ada bereits den Ausgang des Gesprächs kannte.
„Adelaide … ich bin Polizist. Es ist ein Teil von mir.“
Sie atmete lang ein, füllte ihre Lungen und sah ihn starr an.
Genau so hätte ein Whistler sie porträtieren können.
„Nun ja …“ Sie lächelte abrupt. „Wir wollen heute nicht darüber sprechen. Jetzt machst du erst sowieso mal Pause. Erholst dich. Sammelst Kraft. Dann sehen wir weiter.“
Er musste es klären. Jetzt! Ein für alle Mal! Wenn sie ihn nicht als Polizisten wollte, dann wollte sie ihn gar nicht. Niemals würde er seinen Beruf aufgeben, um sich irgendwo als nutzloser Landedelmann zur Ruhe zu setzen.
Natürlich würde sie niemals zustimmen, aber dann mussten sie die Verlobung lösen. Hier und jetzt!
Sollte sie sich doch mit seinem Bruder zusammentun, oder mit einem seiner Freunde.
Nein. Er konnte diese Spannung nicht mehr ertragen. Dieses Gefühl, sich und sie zu belügen. Sie hinzuhalten, in der Hoffnung, dass irgendetwas passieren würde, das alles zum Guten wende n könnte.
Es war nicht nur wegen Elizabeth Montgomery … Es war die Tatsache, dass sie einen gewaltigen Teil seiner selbst ablehnte.
Dass sie überzeugt schien, man könne auch mit einem Mann leben, wenn dieser sich selbst verleugnete.
„Adelaide … hör mir zu …“ Jetzt würde er es ein für alle Mal …
„Harris?“
Abberline war eingetreten und hatte erst geklopft, den Arm um die Tür nach draußen gereckt, als er schon im Zimmer stand.
„Inspector …“, weiter kam Harris nicht. Sein Vorgesetzter hatte ganz offensichtlich keine guten Neuigkeiten. Sein Gesicht wirkte gehetzt und seine Augen waren mit tiefen Schatten unterlegt.
„Sir!“
„Harris … etwas Furchtbares ist geschehen … Man hat …“ Sein gehetzter Blick blieb auf der konsternierten Ada haften. Nach einer Schrecksekunde verbeugte Abberline sich und stieß hervor: „Um Vergebung, Miss … Ich bin untröstlich … Aber ich … Sie verzeihen …“
Adelaide atmete durch und erhob sich.
„Ich verstehe“, versetzte sie pikiert. „Dann werde ich euch mal euren … dienstlichen Gesprächen überlassen … Erhol dich schön, mein Lieber. Ich werde morgen wieder nach dir sehen!“
Sie küsste Harris sanft auf die Stirn und rauschte mit schleifender Schleppe hinaus.
„Was ist geschehen, Sir?“
Abberline rannte, den Hut in Händen am Fußende des Bettes auf und ab.
„Es gab letzte Nacht einen Doppelmord.“
„Einen … was?“ Harris wollte sich aufsetzen, wurde aber von den Schmerzen und dem Verband im Liegen gehalten.
„Zwei Frauen … in kürzestem Abstand. Der ersten wurde … nur … die Kehle durchgeschnitten. Aber die zweite … Ein Anblick des Grauens. Der erste Mord war in der Berner Street und der zweite am Mitre- Square.“
Abberline sah Harris mit zusammengepressten Lippen an.
Der Jüngere brauchte einen Moment, aber dann verstand er …
„Dann haben wir jetzt die City Police und die Metropolitan Police im gleichen Boot.“
„So sieht´s aus …“
Abberline machte aus seiner Niedergeschlagenheit keinen Hehl.
„Verflucht!“, rutschte es Harris heraus. Doch Abberline wiederholte seine Worte: „Jawohl! Verflucht …!“
„Und das wiederum bedeutet, dass der Kerl, den ich erledigt habe …“
„… nicht unser Mann ist“, ergänzte Abberline.
„Verflucht!“
In diesem Moment hatte Harris seine Freude über den gelungenen Fang, seine Vorfreude auf Lobeshymnen und Auszeichnungen , vollkommen vergessen.
Er war nur noch Polizist. Ein Polizist, der wusste, dass weder die Angst auf den Straßen, noch die Jagd nach dem Killer zuende war.
„Und es war beides Mal unser Mann?“
„Wir gehen davon aus. Er muss zu Fuß gegangen
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