Tod und Leidenschaft (German Edition)
alleine mit ihr dort unten stand und plauderte.
Glühende Hitze ergoss sich über ihren Kopf und ihren Nacken. Es fühlte sich an, als erleide sie gerade einen heftigen Fieberanfall.
Er hatte ihr den Rücken zugewendet und sah nur die schöne Frau an.
Deswegen verstand sie auch nicht, was er sagte.
Was sie aber durchaus verstand, und was sie beinahe um den Verstand brachte, war, als die Frau sich nach vorne beugte und Harris und sie sich küssten. Elizabeth erstarrte. Ihr Atem stockte und ihre Hände und Füße wurden kalt wie Eis.
„Leb wohl, mein Lieber. Wir freuen uns, wenn du uns besuchen kommst, sobald du die Zeit dafür findest. Mutter braucht dringend ein frisches Opfer wegen unserer Hochzeit“, hörte sie die Frau sagen, dann verschwand sie durch die Haustür.
Elizabeth presste ihre Wange gegen das kühle, lackierte Holz des Treppengeländers während sich unter ihr der Boden aufzutun schien.
Der Schmerz war unerträglich. Ein Schrei formte sich in ihrer Brust und drängte empor.
Sie war alleine in dem Treppenhaus. Und alleine in ihrem Leben.
Sie musste weg. Weg von diesem Ort der Hölle und des Verrats.
Mit bebenden Knien erhob sie sich, ging bis ins Parterre und hinaus auf die Straße. Der Regen fiel in dichten Schleiern, die vom Wind über die Straße getrieben wurden.
Blind tappte sie durch die Gassen, ohne jede Ahnung, wohin sie ging. Ziellos. Als sie sich in einem kleinen Park wiederfand, verließen sie ihre Kräfte.
Sie krallte ihre Nägel in die Borke eines Baumstammes und sackte schwer auf die Knie.
Den Mund weit aufgerissen, entrang sich jener stumme Schrei unsagbarer Qualen ihrer Kehle. Tränen schossen aus ihren Augen und vollkommene Verzweiflung erfasste sie.
Nie zuvor hatte sie einen solchen Schmerz verspürt. Es war, als habe Harris ihr Herz aus ihrer Brust gerissen und im Dreck zertrampelt.
Leer hatte er Geist und Seele zurückgelassen.
Wo ihr Glück, ihre Liebe gewesen waren, existierte nur noch nachtschwarze Verzweiflung.
Elizabeth rieb ihre Handflächen über die Rinde des Baumes. Wieder und wieder. Der Schmerz, brennend und böse war der winzige Anker in einer unmenschlich tosenden See.
Sie weinte wie nie zuvor in ihrem Leben, überströmt vom Regen kauerte sie im Schlamm, fassungslos vor Entsetzen.
Wie hatte er sie so verraten können?
Was war sie für ihn? Eine Dirne, mit der man seine Spielchen treiben konnte?
Bitter wie Galle lauerten seine süßen Lügen in ihren Ohren. Zu lebendig die Erinnerung an seine Schwüre, an die Träume einer gemeinsamen Zukunft, die er ihr in den gemeinsamen Stunden zugeflüstert hatte. Alles Lüge.
Doch er hatte nicht nur sich selbst beschmutzt, sondern auch sie. Ihre Gefühle waren nichts mehr wert.
Elizabeth schloss die Augen, aus denen noch immer stumme Tränen flossen.
Sie war nichts weiter als ein Spielzeug für ihn gewesen. Hatte sich von ihm an der Nase herumführen lassen, wie ein Tanzbär. Wie maßlos war die Scham, die sie empfand, wenn sie daran dachte, wie bereitwillig sie sich ihm hingegeben hätte, wäre sie nicht Zeugin dieser Szene geworden …
War sie so naiv, so ahnungslos, dass sie nicht erkannte, welches falsche, diabolische Spiel er mit ihr getrieben hatte? Oder war er einfach nur ein so überaus begabter Lügner?
Mühsam quälte sie sich auf die Füße und brauchte doch noch immer den Halt des Baumes. Elizabeth sah sich um und erkannte, dass sie sich verlaufen hatte.
Sie wusste nicht mehr, wo sie war.
Bis auf die Knochen durchnässt, das Kleid bis über die Knie mit Schlamm bedeckt, verließ sie den Park.
Ihr Haar hatte sich gelöst und hing in wirren Strähnen über ihre Schultern.
Aber es war ja auch vollkommen egal, wie sie aussah. Es spielte keine Rolle mehr. Er hatte sie vernichtet.
Taub an Körper und Seele wanderte sie weiter. Sah Straßen, durch die sie nie zuvor gegangen war. Häuser, Menschen, die ihr nichts sagten.
Wie sie schlussendlich nach Hause fand, wusste sie nicht. Nur, dass sie plötzlich in ihrer Stube stand. Aber was sollte sie hier? Welchen Sinn hatte ihr Leben noch, jetzt, da sie ihn verloren hatte?
Nass und verdreckt wie sie war, legte sie sich auf ihr Bett. Mochte der Tod kommen und sie holen, dann würde dieses Schwein sehen, was er ihr angetan hatte.
Sollte er zusehen, wie er damit weiterleben würde!
Für Elizabeth gab es nichts mehr, für was es sich zu leben lohnte. All ihre Hoffnungen, all ihre Träume waren zerstört.
Wahrscheinlich war es einfach so, dass Glück
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