Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
…«
»Aber nur, weil er mich nicht kannte!«, warf Wilbur ein. Er hatte sich selbst eingeladen und zu unserer Runde gesellt. Soeben schob er sich einen Scone in das breite Froschmaul.
»Vielleicht hat Wilbur ja Geld!«, entfuhr es Sare. Aller Augen richteten sich auf unseren Besucher. Dem schien das Thema äußerst unangenehm zu sein. Denn anstatt zu antworten, trällerte er: »Ich – und du! Wir erben die Welt. Den goldnen Ring, den Reif gilt’s zu erringen …« 3
Schließlich zuckte er nur die Achseln und bekannte: »Sorry, Freunde, aber euer Wilbur ist arm wie eine Küchenmaus.«
»Das heißt Kirchenmaus«, verbesserte ihn Sare. Plötzlich strahlte ihr Gesicht. »Ich habe eine Idee!«
»Sprich!«, forderte Ollie mit hoffnungsvoller Stimme.
»Wenn ich hier nicht bleiben kann, weil alles den Bach runtergeht, verlange ich Kirchenasyl.«
»Sehr unfair, dass du nur an dich denkst!«, schalt Ollie sie.
Wir zermarterten uns weiter das Hirn, und die abstrusesten Vorschläge wurden geboren: Spendenaufruf im Rundfunk (kam nicht infrage, weil Ollie noch immer mit Steffi, der Moderatorin von Teuto Eins Streit hatte – und überhaupt: Wer sollte warum was spenden?). Verlagerung des Hermannswegs, um mehr Wandergäste anzulocken (Ollie schlug vor, eigenhändig falsche Kreidezeichen an den Bäumen anzubringen). Anzünden des alten Kastens, um ihn mit dem ergaunerten Geld von der Versicherung in neuer Pracht wiederaufzubauen (scheiterte allein schon daran, dass die Versicherungssumme seit längerer Zeit nicht mehr bezahlt worden war, wie Ollie kleinlaut zugab. Außerdem, so wusste die Gräfin beizusteuern, war das Anwesen gänzlich unterversichert, da schon der alte Major in dieser Hinsicht geknausert und geschummelt hatte). Entlassung Duffys (wurde mit nur einer Gegenstimme – meiner – abgelehnt, zudem Duffy lautstark protestierte und darauf verwies, dass sich die Herrschaften dann ja wohl ihre Teemahlzeiten sonst wohin schmieren könnten, abgesehen von einigen anderen Dingen auch. Und außerdem habe er seit Beginn des Jahres nicht einen einzigen Cent Lohn gesehen.)
Bevor unsere Diskussion völlig unerquicklich und menschlich unangenehm zu werden drohte, hatte Hermine plötzlich eine Idee:
»Also ehrlich, Leute, ich finde euch alle sehr sympathisch. Außerdem glaube ich, dass man aus dem Kasten hier echt was Anständiges machen kann. Sobald ich über die Erbschaft meines Mannes verfügen kann, steige ich bei euch ein.«
Jubel und Applaus begrüßten ihren Vorschlag.
»Gut und schön«, dämpfte ich die Erwartungen. »Das ganze Prozedere mit der Erbschaft kann aber noch eine Weile dauern …«
»Oh ja«, stöhnte Hermine. »Herbert hat eine große und raffgierige Verwandtschaft …«
»Also kann dein Vorschlag bestenfalls als hoffnungsvolle Zukunftsaussicht im Businessplan stehen. Wir brauchen aber noch ein paar zündende Ideen für die Gegenwart.«
Duffy schenkte erneut Tee ein. Seine Hände zitterten leicht. Offensichtlich hatten wir den armen Kerl mit unserem Entlassungsvorschlag doch zu sehr erschreckt. Ich schwor, ihn etwas besser zu behandeln. Zumindest die nächste halbe Stunde.
Als hätte er meine Gedanken gelesen, schüttete er mir einen Schwall heißen Tee über die Hose. Ich schrie auf und sprang hoch. Als ich in sein Gesicht schaute, erkannte ich darin nur mühsam unterdrückte Häme.
»Vertragt euch«, sagte die Gräfin, der dies nicht entgangen war.
Der Schmerz verging, und ich nahm mit zusammengebissenen Zähnen wieder Platz.
»Warum verkaufst du nicht deine Karre?«, fragte Sare Ollie.
»Karre?«
»Kiste!«
»Kiste?«
»Deinen Morgan«, übersetzte ich.
Ollie zuckte zusammen, sodass ich fürchtete, er würde seinen Tee wieder ausspucken.
»Niemals!«, sagte er schließlich. »Wir gehören zusammen wie Michael Schumacher und … äh …«
»Genau! Auch Schumacher hat sich von Ferrari getrennt! Also wirst du dich auch von deinem Morgan trennen können. Wir finden schon einen soliden Gebrauchten für dich.« Ich unterstützte Sares Vorschlag voll und ganz.
»Mein lieber Junge«, sagte nun auch die Gräfin in strengem Ton. »Du solltest ernsthaft über den Vorschlag der jungen Dame nachdenken. Das Erbe deines Großonkels zu erhalten, ist weit mehr wert als ein Automobil!«
Ollie warf mir einen flehentlichen Blick zu, aber ich stand zu meiner Meinung. »Glaub mir, kein Liebeskummer währt ewig«, munterte ich ihn auf. »Ich leih dir auch mal meinen Volvo.«
»Ich habe noch eine
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