Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
Besucherstuhl und versuchte ruhig zu bleiben, während er Dampf abließ.
»Bist du jetzt fertig?«, fragte ich.
»Nein, mein Kaffee ist kalt geworden«, sagte er barsch. »Ich muss mir erst einen neuen ziehen.«
Er stiefelte hinaus. Als er wiederkam, hatte er zwei Becher dabei, einen in jeder Hand. Er gab mir einen. Den anderen führte er zum Mund, pustete, weil der Kaffee noch viel zu heiß war, und fluchte. Dann nippte er vorsichtig.
»Die Plörre hier wird auch immer ungenießbarer«, stöhnte er, dann setzte er sich endlich. Wir saßen uns gegenüber. Er hob die linke Hand und zählte mir an den Fingern auf, was ich angeblich alles verbrochen haben sollte.
»Erstens: mehrmalige Überschreitung der Geschwindigkeitsbegrenzung …«
»Haben Sie dich degradiert oder warum befasst du dich mit solchen Lappalien?«
»Zweitens: ›zufällige‹ Begehung eines für die Öffentlichkeit gesperrten Tatorts. Du hast mir noch immer nicht verraten, wer dir den Tipp gegeben hat, dass du Heuwinkel dort auffinden würdest?«
Ich schwieg.
»Drittens: Entführung eines Busses ohne gültige Fahrerlaubnis …«
»Was denn nun?«, wehrte ich mich. »Wirft man mir vor, dass ich keinen Bus-Führerschein habe? Abgesehen davon: Man kann einen Bus nicht entführen!«
»Deine Spitzfindigkeiten kannst du dir an die Backe schmieren. Oder deinem Anwalt überlassen.«
Diesmal schien er es tatsächlich ernst zu meinen. Also setzte ich notgedrungen zu einem Plädoyer an.
»Ollie und ich wurden verfolgt«, erklärte ich. »Plötzlich tauchte dieser BMW mit den Ausländern auf …«
Ich erzählte ihm, was passiert war. Zumindest konnte er sich darauf verlassen, dass ich die Wahrheit sagte. Und ich konnte mich darauf verlassen, dass er mir glaubte.
Er unterbrach mich kein einziges Mal. Schließlich trank er mit einer gewissen Todesverachtung im Blick einen Schluck Kaffee und sagte:
»Das klingt alles ziemlich fantastisch. Und der Einzige, der dir diese Story abnimmt, bin ich. Krause hält dicht, mit dem habe ich ein Wörtchen geredet. Und mit dem Busunternehmer auch. Er erstattet keine Anzeige; umgekehrt schwärze ich ihn nicht an, dass sein Bus mit defekten Bremsen unterwegs war. Aber nur, falls er mir innerhalb einer Woche nachweist, dass er die Bremsen in Ordnung gebracht hat.«
»Du bist ein echter Freund.« Das meinte ich ernst.
Er macht eine abwehrende Handbewegung. »Also, jetzt rück raus mit der Sprache: Was waren das für Typen? Und warum haben sie euch gejagt?«
Auch ich trank erst einmal einen Schluck aus dem Becher. Der Kaffee war so bitter, als wäre er vergiftet. Allerdings konnte ich mir das in einem Polizeipräsidium nicht vorstellen.
»Du hast recht«, sagte ich schließlich. »Der Kaffee ist wirklich widerlich.«
Ich seufzte, dann antwortete ich: »Es waren Kurden, mehr weiß ich auch nicht.«
»Kurden also? Und ganz zufällig bist du denen in die Quere gekommen?« Er wühlte auf seinem akten- und papierübersäten Schreibtisch herum und zog schließlich eine Tageszeitung hervor. Er hielt sie mir hin mit den Worten: »Lies mal! Komisch, was?«
Ich nahm das Blatt und las den Artikel, auf den er zeigte:
War es Liebe oder Hass?
Junge Kurdin seit einer Woche vermisst.
Eltern und Polizei in Sorge
Eigentlich sollte es der glücklichste Tag in ihrem bisher achtzehnjährigen Leben sein: In einer kurdischen Hochzeitszeremonie sollten die blutjunge Nazdar (18) und ihr Bräutigam vermählt werden. Die Eltern haben dieses Fest seit Monaten vorbereitet. Der Bräutigam hatte den üblichen Hochzeitsschmuck bereits hinterlegt, und viele Hundert geladene Verwandte und Gäste waren angereist. Doch kurz vor der Trauung verschwand Nazdar spurlos. War es eine Art Torschlusspanik? Oder steckt mehr dahinter? Eltern und Geschwister wollten sich nicht äußern, ein Freund der Familie jedoch gestand uns: »Wir sind alle in großer Sorge, dass Nazdar etwas zugestoßen sein könnte. Sie ist kein leichtsinniges Mädchen. Sie wusste, was ihre Eltern und ihre Familie von ihr erwarten …«
Bisher tappt die Polizei im Dunkeln. Obwohl noch keine Vermisstenanzeige erstattet wurde, wird dennoch ermittelt …
Ich ließ die Zeitung sinken und versuchte mir meine Irritation nicht anmerken zu lassen. Seit einer Woche galt das Mädchen bereits als vermisst. Und wieso stand in der Zeitung ein ganz anderer Name? Sare würde mir einiges erklären müssen!
»Und was habe ich damit zu tun? Eins ist doch klar: Das Mädchen wollte nicht aus freien
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