Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
schon verdammtes Pech haben, um sich anzustecken. Ihr habt nur die Kranken gesehen, aber zwei von ihnen leben mit ihren Ehepartnern in Melaten, und die sind gesund.«
»Ich dachte, der Kontakt mit Gesunden sei den Aussätzigen untersagt.«
»Ist er auch, es sei denn, ein Gesunder sucht ihn seinerseits aus freien Stücken. Es kommen ja auch Leute nach Melaten wie der Weinkutscher oder die Waschmägde. Und Ihr kennt den Schellenknecht, der in Köln für sie bettelt. Er hat ständig mit ihnen zu tun, aber man hat selten gehört, daß die Krankheit auf solche Leute übergeht, und wenn, dann erst nach langen Jahren. Nein, die Aussätzigen sind keine wirkliche Gefahr. Sie sind eine Mahnung an die Hochmütigen. Jeden kann es erwischen. Die Lepra macht keine Unterschiede zwischen arm und reich. Eine gerechte Strafe Gottes, die er den verfluchten Kreuzrittern mitgegeben hat als Begleiterin der Schätze, die sie dem Morgenland gestohlen haben.« Er sah Jacop an und grinste. »Der gute Hannes hat Euch ganz schön den Schrecken in die Glieder getrieben, was?«
»Hannes ist der ohne Gesicht?«
»Der schlimmste Fall in Melaten, ja. Seltsamerweise lebt er. Ich meine, immer noch.«
»Er konnte auch lachen«, sagte Jacop. »Übrigens, wie habt Ihr mich gefunden. Was ist Euch überhaupt passiert, nachdem wir uns vor Klein St. Martin getrennt hatten?«
Jaspar hob die Hände und machte flatternde Bewegungen.
»Entwischt«, lachte er. »Ich glaube, die Burschen hatten gar nicht den Auftrag, uns am Kragen zu packen, sie sollten uns einfach auf den Fersen bleiben, bis unser verrücktgewordener Kreuzritter uns in irgendeinem verschwiegenen Winkel erledigt. Bei Euch verhielt es sich vielleicht ein wenig anders, aber mich kann man nicht einfach auf offener Straße entführen oder gar umbringen. Aber womit sie eben nicht gerechnet hatten, war, daß wir den Braten riechen. Sie hatten einfach nicht erwartet, daß wir davonlaufen. Und da waren sie nun plötzlich ratlos und bekamen Angst, sie könnten uns aus den Augen verlieren, wofür man sie später zur Rechenschaft ziehen würde, also ließen sie alle Tarnung fallen und liefen uns hinterher. Gott sei Dank hat man uns nicht die intelligentesten Exemplare der Christenheit auf den Hals gehetzt, denn ich bin natürlich sofort bei St. Maria im Kapitol reinmarschiert. Das haben sie ebensowenig gesehen wie vermutet, die Idioten, daß ich mich in der nächstbesten Kirche verstecke. Mir war klar, daß sie frühestens auf der Hochpforte einen klaren Gedanken fassen und zurückkommen werden. Also bin ich durch den Seitenausgang sogleich wieder raus und stehenden Fußes auf's Forum geeilt, in der Hoffnung, Euch dort aufzuspüren. Das ist mir auch gelungen, Ihr wurdet nämlich gerade recht spektakulär von einem Rettich verdroschen. Aber ich kam nicht an Euch ran. Alles weitere habe ich miterlebt, aus sicherer Entfernung. Als mir klar wurde, daß Ihr unter dem Karren fürs erste außer Gefahr seid, bin ich hinterhergegangen. Rumpelt ja langsam genug vor sich hin, so eine Kiste. Irgendwann wird er wohl mal halten, dachte ich. Dann sah ich Euch in der Einfahrt von Melaten verschwinden und hab die Beine in die Hand genommen! Na, zu spät, sie hatten schon das Tor geschlossen. Aber wie gesagt, ich kenne Melaten und damit auch das Hintertürchen.« Er nickte selbstzufrieden. »Habe Euch also gerettet. Schickt mir ein Dankesschreiben, ach nein, das könnt Ihr ja gar nicht. Und die ganze Zeit über, während ich Euch hinterherlief, habe ich mich gefragt, warum springt der Fuchs nicht ab? Ich hab's nicht begriffen, um ehrlich zu sein, bis jetzt nicht.«
»Weil der Fuchs in der Falle saß«, sagte Jacop säuerlich. »Er hatte die Pfoten zu tief zwischen die Bretter gesteckt.«
»Und kam nicht mehr raus?« Jaspar lachte aus vollem Halse. »Das ist allerdings wert, in jedem Gruithaus erzählt zu werden.«
»Danke. Erspart mir den Ruhm.«
»Wenn das Eure Häscher wüßten! Aber die wissen gar nichts. Ich vermute, die Burschen sind nicht mal eingeweiht, man hat ihnen lediglich gesagt, daß sie uns aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen verfolgen sollen.«
»Warum sie mich verfolgen sollen, wußten sie aber verdammt genau«, versetzte Jacop. »Euch? Ach richtig, Ihr habt ja einen Gulden geklaut! Schurke. Wem eigentlich?«
»Mathias Overstolz.«
Jaspar blieb stehen und riß die Augen auf.
»Dem? Warum denn gerade dem, um Herrgotts willen?«
»Ich habe ihn ja nicht gestohlen«, verteidigte sich Jacop.
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