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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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wollte er sie hier zurücklassen und sicherstellen, daß sie ihm nicht entkam. Er hatte etwas anderes mit ihr im Sinn. Fraglich allerdings, ob es besser oder schlechter war, als getötet zu werden.
    Die Riemen wurden fester gezurrt, und sie stöhnte unwillkürlich auf.
    Mit gemächlichen Schritten trat er vor sie hin und musterte ausgiebig sein Werk. Wieder überfiel Richmodis namenlose Angst vor der Leere hinter seinem Blick. Was sie sah, war nur eine Larve, eine schöne Hülle, und sie fragte sich, wie Gott ein solches Wesen hatte schaffen können.
    Jacop hatte nicht ausschließen wollen, er sei der Teufel. Sollte er am Ende recht behalten? Na gut, dann bist du eben in der Hölle, dachte sie. Aber das war ja Unsinn! Wer hatte je gehört, daß man per Handkarren in die Hölle kam? »Wo ist Rolof?« machte sie einen weiteren Versuch, ihn zu einer Äußerung zu bewegen. Der Fremde hob leicht die Brauen, wandte sich achselzuckend ab und ging hinüber zu einer schweren Bohlentüre.
    »Warum habt Ihr mich hergebracht?« rief sie verzweifelt.
    Er blieb stehen und drehte sich zu ihr herum.
    »Ich hatte schon die Hoffnung aufgegeben, eine intelligente Frage von Euch zu hören«, sagte er und kam zurück. »Wir leben in keiner sonderlich intelligenten Zeit, findet Ihr nicht auch? Mit wem soll ein gebildeter Mensch heute noch gelehrte Bemerkungen austauschen und das Neue diskutieren? Die Doctores und Studiosi an den Universitäten haben sich zu Handlangern der Päpste erniedrigt, und denen hat schon Bernhard der Mystiker seine Befehle in die Feder diktiert, als er beschloß, es könne nichts Neues geben, wie auch dem Diesseits keinerlei Bedeutung zukomme. Gut, wenn er meint. Machen wir der Welt den Weg frei ins Jenseits.«
    Seine Finger glitten über ihre Wange. Sie drehte den Kopf zur Seite, die einzige Bewegung, zu der sie fähig war, und erschauderte.
    Er lächelte.
    »Weder werde ich Euch verraten, wo Ihr seid, noch, was ich mit Euch zu tun gedenke.« »Wer seid Ihr?« »Nicht doch!« Er drohte ihr spielerisch mit dem Zeigefinger. »Ihr hattet
    versprochen, intelligente Fragen zu stellen. Das ist keine intelligente Frage.«
    »Ihr habt Gerhard Morart getötet.«
    »Habe ich ihn getötet?« Der Fremde zog in gespielter Verwunderung die Brauen hoch. »Nun, ich kann mich erinnern, ihm einen Stoß versetzt zu haben. Ist es meine Schuld, daß er die Breite des Gerüsts so knapp bemessen hatte?«
    »Und das Mädchen habt Ihr umgebracht, das Mädchen auf dem Berlich«, stieß sie hervor. »Warum tut Ihr so etwas?«
    »Sie stand im Weg, als ich zielte.«
    Richmodis spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Zornig kämpfte sie dagegen an. »Wer wird Euch als nächstes im Wege stehen?« flüsterte sie.
    »Hört auf zu fragen, Richmodis.« Er breitete die Hände aus. »Ich kann nicht alles wissen. Die kleinen Überraschungen des Lebens kommen unvermutet. Was mich betrifft, so könnt Ihr hundert Jahre alt werden.«
    Sie mußte husten. Ihre Lungen schmerzten.
    »Und was muß ich dafür tun?« fragte sie tonlos.
    »Nichts.« Er zwinkerte ihr zu, als seien sie alte Freunde, und zog den Knebel wieder hervor. »Verzeiht, wenn ich jetzt fort muß und unsere kleine Unterhaltung nicht vertiefen kann. Ich habe mich einer wichtigen Aufgabe zu unterziehen und bedarf ein wenig der Ruhe. Ein heiliges Werk!« Er lachte. »Wie es vielleicht jemand ausdrücken würde, der töricht genug ist, an einen Gott zu glauben.«
    Merkwürdig. So sehr sie ihn haßte und verabscheute, Furcht vor ihm empfand, um so schlimmer schien ihr der Gedanke, er könne gehen und sie alleine an diesem kalten, schrecklichen Ort zurücklassen.
    »Wer sagt Euch, daß es Gott nicht gibt?« stieß sie hastig hervor.
    Er hielt inne und betrachtete sie aufmerksam.
    »Eine kluge Frage. Beweist mir seine Existenz.«
    »Nein! Beweist Ihr mir seine Nichtexistenz.«
    Sie hatte Jaspar und Goddert zur Genüge solche Unterhaltungen führen hören. Plötzlich schien es ihr, als liege in der Macht der Dialektik die einzige Möglichkeit, eine Brücke zu dem Fremden zu schlagen.
    Er kam näher, so dicht, bis sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spürte.
    »Beweist mir, daß es keinen Gott gibt«, wiederholte Richmodis mit bebender Stimme.
    »Das könnte ich tun«, sagte er leise. »Aber es würde euch nicht gefallen.«
    »Nur keine falsche Rücksichtnahme«, zischte sie ihn an. »Oder sollte ich am Ende annehmen, daß Gerhards Mörder kneift? Ihr seid doch sonst nicht so

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