Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
»Er hat ihn mir geschenkt, das war gestern morgen, und plötzlich soll ich ihn gestohlen haben.«
»Augenblick mal«, sagte Jaspar. Er schien verwirrt. »Warum schenkt Euch Mathias Overstolz einen Gulden?«
»Ich stand vor dem Haus in der Rheingasse und versuchte, mir das Wams um den Kopf zu wickeln. Hatte ich das nicht erzählt?«
»Nein«, sagte Jaspar mit gerunzelter Stirn. »Wer weiß, was Ihr noch alles vergessen habt zu erzählen.« Schweigend gingen sie wieder nebeneinander her. Im Licht der tiefstehenden Sonne leuchteten die Felder und Wiesen um sie herum in unnatürlicher Intensität.
»Füchschen, sagt Ihr mir eigentlich die Wahrheit?«
»Warum?«
»Wir sind uns gestern das erste Mal begegnet. Mein Vertrauen in Euch ist groß, aber nicht grenzenlos. Darum noch einmal: Habt Ihr bis jetzt in allem die Wahrheit gesagt?«
»Ja, verdammt!«
»Gut«, nickte Jaspar. »Dann kennen wir jetzt wahrscheinlich einen der Auftraggeber für Gerhards Ermordung.« »Mathias Overstolz?« fragte Jacop entgeistert. »Und nicht nur den«, sagte Jaspar. »Mir wird schlagartig einiges klar!
Ich habe mir nämlich das Hirn zermartert, wie unsere Verabredung mit den Zeugen durchsickern konnte. Ich fürchte, daß ich Bodo gegenüber zu viel verraten habe, und er hatte natürlich nichts besseres zu tun, als es im Schöffenkollegium herumzuerzählen. Aber im Schöffenkollegium –«
» – sitzt Theoderich Overstolz«, ergänzte Jacop.
Das ist ja furchtbar, dachte er. Eine der mächtigsten Kölner Dynastien will meinen Tod?
»Aber was haben die Overstolzen mit alldem zu tun?«
Jaspar zuckte die Achseln. »Wie Ihr schon selber festgestellt habt, ist eine größere Sache im Gange, und Gerhard war ihnen vermutlich zu schlau geworden. Selber machen sie sich die Hände aber nicht schmutzig. Wenngleich Mathias Overstolz zu allem Überfluß einen persönlichen Haß auf Euch entwickelt haben dürfte.«
»Warum denn das?«
»Ist das nicht offensichtlich? Ihr habt ihn genarrt. Wie muß ihm zumute gewesen sein, als ihm klar wurde, daß er ausgerechnet Euch, einem, den er verzweifelt sucht, einen Gulden geschenkt hat. Mathias gilt als kalter Denker, nur der Logik unterworfen. Viele sagen, er ginge lediglich zur Kirche, weil seine Berechnungen die Eventualität zulassen, es könne vielleicht doch einen Gott geben. Er hätte Euch jedes nur erdenklichen Verbrechens bezichtigen können, um seine Knechte – denn das sind sie meines Erachtens, Knechte der Overstolzen – auf die Jagd nach Euch zu schicken. Aber nein, er klagt Euch des lächerlichen Diebstahls eines einzigen Guldens an. Wenn dahinter keine Rachegelüste stecken, weiß ich nicht, wie man Rache buchstabiert.«
Jacop holte tief Luft. »Mit anderen Worten, ich bin tot.«
»Ihr scheint mir recht lebendig«, versetzte Jaspar munter.
»Ja. Noch.«
Jaspar rieb ausgiebig seinen Nasenrücken. »Nehmen wir an, der Hintergrund des Ganzen ist höhere Politik«, sagte er. »Wenn ein Patriziergeschlecht beginnt, Dombaumeister umzubringen und jeden liquidieren läßt, der zufällig Wind davon bekommt, wage ich mir kaum auszumalen, was sie wirklich vorhaben. Wir können stolz sein, Füchschen. Man wird uns vielleicht allen den Hals umdrehen, aber wenigstens können wir uns nicht beklagen, drittklassigen Halunken in die Hände gefallen zu sein. Nur, ohne mich dem Willen des Herrn widersetzen zu wollen, mir gefällt mein Hals, so wie er ist, recht gut, und Eurer auch. Widmen wir uns also der Frage, wie wir sie retten können.«
»Indem wir die Overstolzen unter Druck setzen«, schlug Jacop vor.
»Gute Idee. Spielen wir's mal durch. Ihr habt zwei Namen und einen Verdacht. Schön! Ihr selber seid nun, entschuldigt die harschen Worte, ein abgehalfterter Halunke und Tagedieb, tretet aber, Herz in der Hand, vor das Schöffenkollegium, um zu beweisen, daß die Overstolzen Gerhard Morart vom Gerüst geschmissen haben. Mathias Overstolz ist ein Teufel, sagt Ihr, er hat sich schlimmster Verbrechen schuldig gemacht, von denen er eines allerdings nicht selber begangen hat und die Natur des anderen mir unbekannt ist. Außerdem gibt es da einen Kerl mit langen Haaren, ich weiß zwar nicht, wer's ist, aber summa summarum bitte ich hiermit die hohen Richter, meine persönlichen Bauchschmerzen zum Anlaß zu nehmen, Kölns bedeutendste Kaufmannsfamilie in den Kerker zu werfen.«
»Sitzen da nicht schon ein paar von ihnen?«
»Ja, aber die hat der Erzbischof reingebracht und nicht der Dechant von St.
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