Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
sollten angreifen.«
»Wen? Wie? Richmodis ist –«
Jaspar beugte sich vor. »Richmodis ist verschwunden. Vergossene Milch. Wir tun nichts für sie, indem wir untätig herumsitzen, und für Rolof schon gar nicht. Ich denke im übrigen, daß man ihrem Entführer nicht trauen kann, er wird uns alle töten. Aber wißt Ihr, was ich glaube? Daß wir ihn bereits ein bißchen in die Enge getrieben haben.«
»Womit?« fragte Jacop ungläubig. »Bis jetzt gab es nur auf unserer Seite Opfer.«
»Schon. Aber warum hat er Richmodis nicht einfach umgebracht? In dieser Hinsicht bin ich sicher, daß er die Wahrheit sagt, sie lebt. Ich meine, warum hat er sie überhaupt entführt?«
»Weil es ihm so paßte. Er macht mit uns, was er will.«
»Nein, zum Teufel, weil er nicht anders konnte! Versteht Ihr, seine Bemühungen, die Zeugen des Mords an Gerhard aus dem Weg zu räumen, sind gescheitert. Selbst wenn er Richmodis und uns beide töten würde und Goddert obendrein, wüßte er nicht, wem wir es sonst noch erzählt haben. Bezüglich dessen hat er schon verloren. Die Zahl der möglichen Mitwisser ist unüberschaubar geworden, die bisherigen Morde damit sinnlos. Er kann nicht einfach weitermorden. Also mußte er einen Weg finden, alle gleichzeitig zum Schweigen zu bringen. Er ist einen Schritt zurückgegangen, versteht Ihr, in die Verteidigung. Er hat Fehler gemacht. Und er wird vielleicht einen weiteren Fehler machen, wenn wir ihn dazu bringen.«
»Wir können ihn nicht dazu bringen«, winkte Jacop ab. »Wir kennen weder seinen Namen noch seinen Aufenthaltsort.«
»Wir wissen, daß er ein Kreuzritter war.«
»Abertausende waren das.«
»Ja, schon, aber dieser ist was Besonderes. Wahrscheinlich von Adel, ein ehemaliger Ritter oder Kleriker, denn er kann schreiben, wenngleich er für meinen Geschmack die falsche Tinte benutzt. Hat in Paris studiert.«
»Woher wollt Ihr das nun wieder wissen?« stöhnte Jacop.
Jaspar zog ein Gesicht. »Leider von Rolof. Ich sagte ja, unser Mörder beginnt, Fehler zu machen. Jedes universitäre Zentrum hat mit den Jahren seine eigene Schriftvariante herausgebildet. Da gibt es die bolognesische, die englische und die Pariser Variante, um nur einige zu nennen. Die Buchstaben auf Rolofs Stirn sind reinste Pariser Schule.«
»Wenn schon! Ihr vergeßt die Patrizier. Ganz gleich, was wir sonst noch über ihn in Erfahrung bringen, sie sind es, die gegen uns stehen.«
»Und auch wieder nicht. Wozu heuern sie einen Mörder an, he? Um die Arbeit zu machen, die sie selber weder verrichten können noch wollen. Dazu gehören Mord, Entführung und Folter. Ich kann mir sogar vorstellen, daß sie ihm vieles einfach überlassen haben.«
»Trotzdem«, wandte Jacop ein. »Was bringt es, ihn zu kennen?«
»Kenne deinen Gegner, und du kennst seinen Plan.«
»Wer hat das nun wieder gesagt?«
»Ich. Nein, dieser römische Imperator Gaius Julius Cäsar, aber es hätte von mir sein können. Egal!«
Jacop seufzte. »Das mag ja sein. Aber ich wüßte nun mal keinen Weg, etwas über ihn in Erfahrung zu bringen.«
»Sicher. Darum seid Ihr der Fuchs, wenngleich ein blöder, und ich ein – wie beliebtet Ihr mich zu nennen?«
»Kapaun.«
»Ein Kapaun, jawohl, ein sehr ausgeschlafener Kapaun, der nicht vorhat, sich schlachten zu lassen, sondern diesen Kampf zu gewinnen, und das wird er auch!«
»Ich fürchte, damit hat der Kapaun unrecht«, sagte Jacop.
»Nein, hat er nicht!«
»Sondern?«
»Er hat eine Idee!«
Kuno
Das alte Lagerhaus –
Kuno saß im Speisezimmer seines Hauses und versuchte zu ergründen, von welchem Lager Daniel gesprochen hatte. Der Overstolze mochte sturzbetrunken gewesen sein, aber in diesem Punkt hatte er sich wohl an die Tatsachen gehalten. Eine Frau wurde dort gefangengehalten. Kuno kannte sie nicht. Vieles von dem, was Daniel leichtfertig herausgeplappert hatte, war ihm ein Rätsel. Die Schlußfolgerung verstand er hingegen sehr wohl. Als Resultat des verfluchten Bundes waren wieder Menschen in Bedrängnis, dieser Rothaarige, den sie den Fuchs nannten, eine Frau, vielleicht noch andere.
Die Frau war im alten Lagerhaus. Aber in welchem?
Er lehnte sich zurück und dachte fieberhaft nach.
Verschiedenes wußte er über die Besitzverhältnisse der Overstolzen. Johann und Ida Kone, seine Eltern, hatten regen Kontakt gepflegt mit Johann Overstolz und seiner Mutter Blithildis, der alten Despotin, wie man sie unter der Hand nannte, denn sie beherrschte den Geist der Overstolzen mehr
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