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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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gewohnte Ruhe zurückkehren. Sein großer Vorteil war die Fähigkeit zur Stoik. Weder Johann noch Daniel besaßen den nötigen Pragmatismus, um ihr gemeinsames Vorhaben nüchtern anzugehen. Sie neigten zu Wutausbrüchen, moralischem Katzenjammer und Wankelmut. Im Grunde fühlte sich Mathias allenfalls der alten Frau verbunden. Nicht von Herzen, das überhaupt nicht! – Aber vom Verstand.
    Die Glocke von St. Maria ad Gradus im Osten der Dombaustelle schlug fünf.
    Mathias beschleunigte seinen Schritt und wanderte den neuen Kapellenkranz entlang, vorbei an den Resten der alten Römermauer, bog gegenüber der Pfaffenpforte rechts in die Marzellenstraße ein und folgte ihr, bis nach einigen hundert Metern die Abzweigung zum Ursula Stift kam.
    Hier waren kaum noch Menschen in den Gassen. Die Klosteranlage war von einer rund vier Meter hohen Mauer umgeben und besaß lediglich einen schmalen Durchgang, der gewöhnlich offenstand. Mathias schritt unter dem niedrigen Torbogen hindurch in den langgestreckten Innenhof. Rechts lag die Stiftskirche, ein eher kleines, unscheinbares, aber nichtsdestoweniger schönes Gebäude mit einem einzigen, spitzen Turm und ein paar vorgelagerten Gebäuden. Angesichts der bieder-beschaulichen Atmosphäre holte die Wirklichkeit Mathias' bescheidene Vorstellungen von den Proportionen eines Gotteshauses wieder ein. Er wußte, daß es ihm an der nötigen Phantasie mangelte, sich den neuen Dom in seiner Vollendung vorzustellen. Manchmal bedauerte er die Blindheit der puren Vernunft. Dann wieder schien ihm das titanische Unterfangen ein Sinnbild seiner eigenen Bestrebungen zu sein, jede Mühe wert, und er verfolgte mit glühender Begeisterung, wie Stein auf Stein gesetzt wurde, erschauderte angesichts der Macht von Winkeleisen, Latte, Lot und Schnur, brachte Stunden damit zu, die Zimmerleute, Holzknechte und Steinmetze zu beobachten und den Windenknechten zuzusehen, wie sie kraft ihrer Arme und Beine Tonnen von Drachenfelser Gestein in die Lüfte hievten, wie die Maurer es oben kantengenau aufeinanderschichteten und der Dom in den Himmel wuchs gleich einem lebendigen Wesen. In solchen Momenten fühlte er ein unbeschreiblichen Willen zur Macht, und er schloß die Augen und dachte voller Stolz an die Zukunft.
    Dann dachte er wieder an die alte Frau, und plötzlich überkam ihn die Vision einer gigantischen Ruine.
    Er lehnte sich mit dem Rücken gegen die Mauer, die den Baumgarten der Kirche umgab, und sah hinaus auf den leeren Hof. In Höhe des Kirchturms stand ein Brunnen. Nach einer längeren Zeit kamen zwei ehrwürdige Stiftsdamen aus dem gegenüberliegenden Gebäude, um Wasser zu schöpfen. Sie warfen ihm einen schnellen Blick zu und taten, als interessiere er sie nicht.
    Wenn der Mann, den er hier treffen wollte, nicht bald aufkreuzte, mußte er unverrichteter Dinge wieder gehen.
    Er fluchte leise.
    »Fiat lux«, sagte Urquhart.
    Mathias stieß sich heftig von der Mauer ab und taxierte den Hof nach allen Seiten. Niemand war zu sehen. »Hier oben.« Sein Blick wanderte die Mauer empor. Urquhart saß direkt über ihm auf der Kante und neigte lächelnd den Kopf.
    »Was zum Teufel tut Ihr da?«, fragte Mathias.
    »Ich warte auf Euch«, erwiderte Urquhart in der ihm eigenen Weise, Höflichkeit mit leisem Spott zu würzen.
    »Und ich auf Euch«, erwiderte Mathias scharf. »Hättet Ihr wohl die Güte, herunterzukommen?«
    »Wozu?« Urquhart lachte. »Kommt meinethalben zu mir auf die Mauer.«
    Mathias betrachtete ihn ausdruckslos. »Ihr wißt genau, daß ich das nicht –« Dann stutzte er und sah genauer hin. »Wie habt Ihr überhaupt da rauf gefunden?« fragte er verblüfft.
    »Ich bin gesprungen.«
    Mathias wollte etwas erwidern, aber ihm fiel nichts Gescheites ein. Kein Mensch sprang zwölf Fuß hoch. »Können wir uns unterhalten?« fragte er stattdessen. »Sicher.« Urquhart drehte sich geschmeidig um die eigene Achse und
    landete federnd neben Mathias auf dem Boden. Er hatte die blonden Haare zu einer Art Helm hochgesteckt, der ihn noch größer erscheinen ließ. »Warten wir, bis die Damen gegangen sind«, brummte Mathias. Er war verärgert, weil Urquhart ihn unnötig lange hatte zappeln lassen. Der Hüne setzte eine überraschte Miene auf.
    »Wie kompliziert Ihr denkt! Ist nicht das Offensichtliche den Sehenden das größte Rätsel? Oculi videant, sed ratio caecus est. Würden wir uns wie Diebe geben, ängstlich um uns blicken und die Stimmen senken, wenn jemand daherkommt, verdienten wir den

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