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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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umklammert und schritt weiter rasch aus.
    »Du gehst nirgendwohin. Erstens muß ich dir und Maria eine unglaubliche Geschichte erzählen.«
    »Du und deine Geschichten. Wann wäre je eine davon wahr gewesen?«
    »Zweitens geht es dir nicht gut. Wenn du heute nacht kein trockenes Lager findest, brauchst du bald keine Äpfel mehr.« »Du weißt, daß Maria mich nicht ausstehen kann«, wandte Tilman unglücklich ein, lief aber mit.
    »Ich weiß, daß sie keine Lust mehr hat, jedem armen Hund Unterschlupf zu gewähren. Aber du bist mein Freund, und wer sagt denn, daß ihr Gemüt nicht gerade heute abend dank einer glücklichen Fügung –«
    »Vergiß deine glücklichen Fügungen.«
    »Du kommst mit!«
    »Ist ja gut. Ist ja schon gut.«
    Der Ochsenkarren ratterte seitlich aus der Drusiansgasse und nahm Urquhart die Sicht. Als der Rothaarige und sein Begleiter wieder vor ihm auftauchten, waren sie schon ein ganzes Stück weiter. Ein paar mindere Brüder kehrten offenbar gerade vom Neumarkt zu Sankt Minoriten zurück, dünne Holzleisten auf einem Handkarren hinter sich herziehend. Urquhart wich ihnen aus und holte wieder auf, aber jetzt kamen wieder Leute aus den anliegenden Gassen.
    Er mußte sich gedulden.
    Urquhart überlegte. Das Zusammentreffen mit der Bettlerhorde war zu kurz gewesen, als daß der Rothaarige etwas hätte erzählen können. Bei dem, der mitgekommen war, sah das schon anders aus. Mit jedem Atemzug wuchs das Risiko, daß Gerhard Morarts letzte Botschaft Verbreitung fand.
    Natürlich war es ebensogut möglich, daß der Dombaumeister gar nichts gesagt hatte, einfach nur geröchelt und gestöhnt, um dann zu sterben. Möglich war es.
    Aber Urquhart zog es vor, das Gegenteil zu glauben.
    Nach wenigen Minuten bogen die beiden rechts ab auf den Berlich, eine unfeine, dünn besiedelte Gegend Kölns, die man vor allem wegen der Schweinezüchter kannte. Dementsprechend waren die Gerüche. Aber noch jemand war hier ansässig.
    Wollten sie zu den Dirnen?
    Urquhart huschte lautlos an den dunklen, schäbigen Häuschen entlang. Weiter vorne hörte er, wie jemand leise »Maria!« rief, dann öffnete sich spaltbreit eine Tür. Der Rothaarige und der andere drückten sich nach innen.
    Sie hatten es geschafft, ihm zu entwischen.
    Vorläufig.
    Kurz erwog er die Möglichkeit, hinterherzugehen und alle Probleme in einem Aufwasch zu lösen. Dann entschied er sich dagegen. Er wußte nicht, wieviele Menschen sich in dem Haus aufhielten. Es war ein kleines Haus, offenbar aber ein Bordell, vielleicht von einem Hurenwirt geführt. Jemand kam herausgetorkelt und schlurfte in seine Richtung. Keiner von denen, die er verfolgt hatte. Augenscheinlich ein Kaufmann, teuer gekleidet und zu betrunken, um ihn zu bemerken. Er verschwand vor sich hingrummelnd hinter ein paar Ställen.
    Er sah ihm nach und richtete seinen Blick dann wieder auf das Haus. Im ersten Stock flackerte Licht auf, dann schloß jemand mit einem Knall die Läden.
    Irgendwann mußten sie ja wieder rauskommen.
    Urquhart verschmolz mit der Dunkelheit. Er konnte warten.
    Berlich
    Es war tatsächlich ein Hurenhaus. Der Wirt hieß Clemens Brabanter und war ein vierschrötiger, gutmütiger Bursche. Er pflegte seinen Kunden sozusagen als Entrée vier Pinten Wein zu berechnen, von denen er aber nur drei ausschenkte. Unten brannte ein Torffeuer und verrußte die billige Stube, die das komplette Erdgeschoß einnahm. Clemens selber schlief hinter einem speckigen Vorhang. Über dem Feuer wurde fettes, knorpeliges Fleisch gegrillt, meistens schwarz verbrannt, es sei denn, einer der Gäste brachte etwas Besseres mit. Dann saß Clemens neben dem Feuer und drehte und wendete die Köstlichkeiten aufmerksam, damit es seinem Gast ja schmecke. Die Mädchen bekamen nur etwas ab, sofern der Besucher sie einlud. Weil Clemens aber von Herzen der Moral und der Gerechtigkeit verpflichtet war, nahm er sich von dieser Regel nicht aus und hatte damit den Respekt der Mädchen auf seiner Seite, zumal er davon absah, sie zu schlagen.
    Ähnliches galt für den Wein. Im allgemeinen führte Clemens den »nassen Lodewig«, wie man in Köln das Resultat schlechter Ernten nannte, ein saures Nichts ohne Körper und Abgang, das man kaum schmeckte und dennoch mit erheblichem Sodbrennen bezahlen mußte. Dann wiederum gab es Freier, für die Clemens in seinen Keller stieg und eine ganz andere Qualität zapfte. Im Wissen darum kamen bestimmte Herren aus höheren Kreisen immer wieder, und Clemens' kostbarstes

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