Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Daran ist auch nichts Bedenkliches, an sich –«
    »Aber?«
    Goddert verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Die Bettstatt quietschte unter seinem Gewicht.
    »Naja.«
    Richmodis lächelte und zupfte ihn am Bart. »Vater, weißt du, was ich glaube? Dein gutes Herz sagt, man muß ihm helfen. Aber indem du ihm helfen willst, glaubst du ihm, das heißt, du vertraust ihm. Und es gibt leider keinen Grund, jemandem, dem du vertraust, den Umgang mit deiner Tochter zu verbieten. Nur, die willst du nicht hergeben. Böse Zwickmühle, was?«
    »Bah, Blödsinn«, polterte Goddert, »närrisches Geschwätz! Nimm dich nicht so wichtig, was redest du da, blöde Gans! Als ob das eine Rolle spielte. Dergleichen steht nicht zur Debatte, hab ich nicht gemeint und nicht gesagt. Ein Bettler und Taugenichts, wozu bist du aus gutem Haus, an sowas habe ich im Traum nicht gedacht!«
    »Haha. Du bist nämlich eifersüchtig, wie alle Väter.«
    »Ach, rutsch mir den Buckel runter. Warum schläfst du nicht? Los, geh ins Bett, wird's bald?« »Ich tu sowieso, was ich für richtig halte.« Goddert schob beleidigt die Unterlippe vor, kroch tiefer unter die
    Decke und drehte sich zur Wand. »Eifersüchtig«, grummelte er. »Hat man sowas schon gehört? Kindergewäsch.« Richmodis gab ihm einen Kuß und machte, daß sie wieder ins Warme kam.
    Nach einer Weile rief der Nachtwächter draußen die zehnte Stunde aus. Sie hörte das Klappern der Hufe, als er unter dem Fenster vorbeiritt. Das Geräusch war beruhigend. Sie zog die Knie an und kuschelte sich tiefer in die Decke.
    »Richmodis?«
    Aha.
    »Magst du diesen Burschen?«
    Sie kicherte, drehte Goddert im Geiste eine lange Nase und schlang die Arme um ihren Körper.
    Die zehnte Stunde ging vorbei.
    Johann kniete vor dem kleinen Altar und versuchte zu beten. Er sah zu dem breiten Bett herüber, in dem sonst Hadewig schlief. Jetzt hielt sie Wache bei Gerhard Morart. Seine Frau wußte nichts von dem Bund, keine ihrer Frauen wußte es. Sie hatte keine Ahnung, daß er, in dessen Haus Gerhard verkehrt hatte wie auch in den Häusern der Kones und vieler Patrizierfamilien, den Mord gebilligt hatte. Sie wußte nicht einmal, daß es Mord gewesen war.
    Aber wie lange noch?
    Plötzlich wurde Johann klar, daß sie alle sich im Augenblick, da sie ihre verschworene Allianz besiegelten, unaufhaltsam von ihren Familien entfernt hatten. Sie waren Außenseiter im eigenen Haus geworden. Er wünschte sich, mit Hadewig darüber reden zu können. Er liebte sie, und sie liebte ihn. Und trotzdem war er einsam.
    Er fragte sich, welchen Preis sie würden zahlen müssen. Nicht den Preis der Gerechtigkeit, sie würden ja – wenn alles gutging – nie entdeckt werden, sondern das, was einem die Selbstachtung abverlangt, was zu Lebzeiten stirbt mit jeder Entschuldigung, die man sich durchgehen läßt für die Versündigung am Leben, das Schmiergeld, mit dem man sich besticht und im Erkennen der eigenen Käuflichkeit zugleich erniedrigt. Was würde von ihnen bleiben, wenn alles vorüber war?
    Was blieb von ihm?
    Johann dachte an Urquhart da draußen.
    Er wußte so gut wie nichts von ihm, ebensowenig wie Wilhelm von Jülich, der Urquharts Dienste vermittelt hatte, seine Geschichte kannte. Er erschien als tiefroter Schatten auf dieser goldhintergründigen Zeit, in der alles einander um so näher und vertrauter anmutete, je weiter es auseinanderlag, Tränen der Minne neben Strömen von Blut, höfischer Schöngeist Seite an Seite mit dem derben Bauernleben, aufeinander angewiesen, einander bedingend. Das Schreckliche und das Schöne, die zwei Seiten des salomeischen Spiegels. Und hindurch traten die Menschen von der einen in die andere Welt und waren doch immer in ein und derselben.
    In welcher Welt lebte Urquhart?
    War er die Hölle, oder war die Hölle in ihm? Der Tod war den Menschen vertraut, die Leidenschaft, mit der man Mörder richtete, entsprach der Leidenschaft zum Morden in jeder ihrer Facetten. Aber die Kälte in Urquhart entsetzte und faszinierte Johann, weil er kein Motiv dafür fand, nicht einmal das Blutgeld. Wie viele hatten im Namen des Glaubens gemordet und gemetzelt, aber sie taten es in religiösem Wahn, andere wiederum aus Grausamkeit, die Qual der Opfer brachte ihnen krankhaftes Vergnügen, dann gab es die Räuber, denen an Beute gelegen war, und es gab die, die haßten, und jene, die zu sehr liebten.
    Und es gab die gedungenen Mörder. Stumpf und grausam.
    Aber Urquhart war nicht stumpf und grausam. Aus

Weitere Kostenlose Bücher