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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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könnt ihr das ebenfalls.«
    Er setzte sich, schlug die Arme untereinander und starrte ungerührt vor sich hin.
    Die Unruhe legte sich.
    »Ich will euch nicht unnötig mit Geschichte langweilen«, sagte Fidelma. »Auch nicht mit Argumenten, wer in dem Streit recht hat und wer nicht. Wir alle wissen, daß der Konflikt zwischen |429| den Uí Fidgente und den Eoghanacht über Generationen angedauert hat. Es ist noch gar nicht so lange her, da glaubten beide Stämme, daß es mit den Streitigkeiten ein Ende habe. Ein neuer Herrscher der Uí Fidgente vertrat die Auffassung, daß ein friedliches Miteinander besser wäre als Krieg. Wir alle glaubten, daß wir einen Schritt nach vorn gemacht hätten.
    Leider gab es unter den Uí Fidgente Leute, die sich weigerten, die Herrschaft von Donennach von den Uí Chonaill Gabra anzuerkennen. Sie wollten die Herrschaft der alten Dynastie der Uí Choirpre Áedba wiederhaben. Doch beide Familien führten ihre Herkunft auf Fiachu Fidgennid zurück. Die einen wollten in Frieden, die anderen mit Krieg herrschen. Als Eoganán bei Cnoc Áine fiel, glaubte man, daß mit ihm die Uí Choirpre Áedba ausgestorben seien. Aber Eoganáns Nachkommenschaft lebte weiter, schmiedete Ränke und bereitete sich auf den Tag vor, da man Donennach stürzen würde, da die jungen Männer der Uí Fidgente erneut in den Krieg gegen die Eoghanacht ziehen würden«, und mit Nachdruck betonte sie: »einzig und allein zum Ruhme der Dynastie der Uí Choirpre Áedba.«
    Diesmal herrschte betretenes Schweigen in der Kapelle. Dann meldete sich Abt Erc verdrossen zu Wort. »Du vergißt, daß auch Eoganáns Sohn Torcán niedergemetzelt wurde, Schwester Fidelma.«
    »Das habe ich keineswegs vergessen. Nur hatte Eoganán mehr als nur einen männlichen Nachkommen.«
    »Sie meint Uaman!« rief Schwester Uallann, und ihr Ton verriet Schadenfreude.
    »Als eine
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solltest du wissen, daß Uaman nicht Stammesfürst der Uí Fidgente werden konnte«, mischte sich jetzt Bruder Eolas, der Bibliothekar, ein. »Soviel vom Rechtswesen |430| weiß ich sogar. Es ist allgemein bekannt, daß er ein Aussätziger war, und als solcher durfte er nicht ins Amt gewählt werden. Nie hätte man ihn als legitimen Nachfolger anerkannt, selbst wenn er bei Loch Derg mit tausend Kriegern angetreten wäre, die ihn auf den Thron seiner Vorfahren hätten setzen wollen.«
    Slébéne, der Häuptling der Corco Duibhne, nickte bedächtig.
    »Was aber, wenn Uaman noch lebt?« fragte er und überraschte damit manche der Anwesenden. »Gerüchte dieser Art sind uns mehrfach zu Ohren gekommen.«
    Schwester Uallann atmete tief und für jedermann wahrnehmbar durch.
    »Da ist nichts Wahres dran«, fertigte sie Slébéne ab. »Wir haben doch alle gehört, daß er erst kürzlich vor dem Geburtsfest des Heilands im Treibsand vor seiner eigenen Insel elendiglich zugrundegegangen ist. Mehrere Reisende haben hier im Kloster davon berichtet.«
    Schon fühlte sich Eadulf bemüßigt, etwas zu sagen, bekam aber noch rechtzeitig mit, daß Fidelma für andere unmerklich den Kopf schüttelte. Es war Conrí, der auf den Zwischenruf einging.
    »So hieß es, ja. Es gab auch einen Augenzeugen.« Ein kurzer Blick wanderte zu Eadulf. »Doch in den Tälern des Sliabh Mis sind wir auf niedergebrannte Dörfer gestoßen, auf Mütter, die den Tod ihrer Söhne beweinen, Frauen, die um ihre Männer trauern, Kinder, die um ihre Väter barmen. Wir sind Menschen begegnet, die Uaman gesehen haben wollen, wie er Kriegerbanden über die Gebirgspässe führte. Und eben so eine Räuberbande haben ich und Fürst Tadcán auf der Seanach-Insel gefangengenommen und mit Olcán, ihrem Anführer, hierhergebracht.«
    |431| »Habt ihr auch Uaman mit hergebracht?« rief Bruder Eolas. »Wo ist er denn, der angebliche ›Meister oder Beherrscher der Seelen‹?«
    Jetzt erhob sich Schwester Easdan. »Wir wissen zwar nicht, wer der Mann war, aber Olcán empfing Befehle von einem Menschen, der von Kopf bis Fuß in ein Gewand gehüllt war und den er immer als ›Meister‹ anredete. Esumaro wird das bestätigen. Andere haben von ihm als Uaman dem Aussätzigen gesprochen.«
    Der gallische Seemann nickte zustimmend.
    Ohne aufzustehen, stellte Bruder Cillín seine Frage: »Heißt das, daß der Mann, den ihr hier eingesperrt habt, Olcán, einer von Uamans Leuten war?«
    »Selbst wenn es so wäre« – der Ehrwürdige Mac Faosma verzog skeptisch das Gesicht –, »du hast doch gehört, daß Uaman keine Chance gehabt

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