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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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das Gefühl, er stellte sich absichtlich dumm. »In eurer Kapelle stehen doch sicher kostbare Bildwerke und andere wertvolle Gegenstände, die zu stehlen sich lohnte. Warum sonst hätte dieser mutmaßliche Dieb in die Abtei einbrechen sollen?«
    Einen Moment schwieg ihr Gesprächspartner, dann schüttelte er den Kopf.
    »Verschwunden ist nichts. Man hat alles nach einer Waffe abgesucht, aber auch die wurde nicht gefunden. Der Mörder hat sie ganz offensichtlich mitgenommen.«
    »Soviel also zur Theorie mit dem Dieb«, meinte Fidelma abschließend.
    Ehe Bruder Cú Mara etwas erwidern konnte, erschien Eadulf am Eingang des Kräutergartens und kam triumphierend auf sie zugeeilt. In den Armen hatte er ein Bündel Wäsche.
    »Erfolg!« rief er.
    Er hielt ihnen zwei Kutten hin. Die dunklen Flecken darauf waren eindeutig Blut.

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    |83| KAPITEL 4
    Fidelma erhob sich von der Bank und untersuchte die blutbefleckten Kittel, die Eadulf vorwies.
    »Das ist wirklich getrocknetes Blut und ganz schön viel. Der Träger muß stark geblutet oder dicht bei jemandem gestanden haben, dessen Blut auch seine Kleidung durchtränkt hat. Wie finden wir nun aber heraus, wer die Sachen angehabt hat?«
    Bruder Cú Mara stierte unverwandt auf die Kutten und runzelte verwundert die Stirn. »Schwester Sinnchéne hast du wohl gar nicht gefragt?« wollte er wissen. »Die ist sehr pingelig mit der Wäsche. Derart verdreckte Kittel würde sie nie auf einen Haufen mit anderer Wäsche tun.«
    »Der Fund hat mich so aufgeregt, daß ich ihn dir gleich zeigen wollte, Fidelma«, erklärte Eadulf kleinlaut. »Außerdem war Schwester Sinnchéne nicht im
tech-nigid,
als ich das hier fand. Allerdings lagen sie auf einem gesonderten Stapel«, bestätigte er dem jungen Verwalter.
    Fidelma streckte die Hand aus und strich Eadulf begütigend über den Arm.
    »Am besten, du gehst und erkundigst dich bei ihr. Versuch herauszubekommen, wem die Kleidungsstücke gehören, sprich aber mit niemandem darüber. Warte, bis ich da bin. Ich sehe gerade, Conrí ist zurück, und der Mann neben ihm, das muß der Kaufmann sein. Laß mich erst mit ihm reden. Eins nach dem anderen.«
    Eadulf nickte betreten und ging zum
tech-nigid
zurück. Die Angelegenheit hätte er von vornherein selbst klären können, gestand er sich ein.
    Schwester Fidelmas Interesse galt jetzt Conrí, der mit seinem Begleiter durch den Kräutergarten kam.
    |84| Mugrón sah eher wie ein Seebär als wie ein Kaufmann aus. Er war von kräftiger, untersetzter Statur, hatte die Arme in die Hüften gestemmt und bewegte sich mit dem schaukelnden Gang der Fahrensleute, die mehr gewohnt sind, ein schwankendes Deck als festen Boden unter den Füßen zu haben. Seine Hände waren groß, die Beine stämmig, der Hals gedrungen. Sein rundliches Gesicht war gerötet, und ins dunkle Haar mischten sich Silbersträhnen. Die Augen schimmerten in einem unergründlichen Blau, das fast violett wirkte.
    »Sei gegrüßt, Fidelma von Cashel, wir sind uns früher schon mal begegnet.« Die Stimme klang tief und rauh.
    Fidelma zog die Brauen zusammen, kramte in ihrem Gedächtnis und gab kopfschüttelnd auf.
    »Ich kann mich nicht entsinnen …«, begann sie.
    »Kannst du auch nicht«, unterbrach sie der Fremde. »Du warst ein kleines Mädchen damals und ich ein junger Händler, bin mit meinem Schiff den Suir hinaufgesegelt zur Anlegestelle, von der man Cashel erreicht. König war zu der Zeit Máenach mac Fíngin. Du standest mit deinem Bruder am Hafen, ihr wolltet zusehen, wie unser Boot hereinkommt und anlegt.«
    Nun erinnerte sie sich. Ihr Vater, König Failbe Flann, war gestorben, als sie noch ein Kleinkind war. Vom Nachfolger ihres Vaters, König Cuán, hatte sie kaum eine Vorstellung, der war bald darauf gestorben, als sie vielleicht vier oder fünf Jahre alt war. Máenach aber hatte die Herrschaft fast während ihrer ganzen Kindheit inne, bis man sie nach Tara geschickt hatte, um bei dem großen Brehon Morann zu studieren. Für sie und ihren Bruder Colgú war Máenach so etwas wie ein gütiger Onkel gewesen. Seinem Alter nach hätte er das durchaus gewesen sein können, in Wirklichkeit aber war er ihr leiblicher Vetter, der Sohn Fingíns, des älteren Bruders ihres Vaters Failbe Flann. Mit aller Fürsorge hatte er sich Fidelmas und Colgús angenommen |85| und darauf geachtet, daß sie eine gründliche Ausbildung erhielten. Nach seinem Tod war ein anderer Vetter, Cathal, auf den Thron gekommen. Zwei Jahre danach hatte man sie

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