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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ich anderweitig noch dringende Geschäfte hatte, die sich nicht aufschieben ließen, besorgte ich mir von einem der Händler vor Ort ein kräftiges Pferd. Ich gab meiner Mannschaft den Befehl abzuwarten, bis sich das Wetter besserte, und dann die Rückreise anzutreten.
    Ich habe also die Südwest-Route durch die Berge genommen und wollte bei der Gelegenheit noch Slébéne, dem Stammesfürsten der Corco Duíbhne, meine Aufwartung machen. Seine Burg Daingean liegt gewissermaßen am Wege, und von dort bin ich zum Kloster Colmán weitergeritten, wo ich auch noch Wichtiges zu erledigen hatte. Von da nach Hause zu gelangen ist dann nur noch ein Kinderspiel.«
    |88| »Das ist klar, fahr bitte fort.«
    Mugrón rieb sich kurz die Stirn. »Vielleicht sollte ich noch erwähnen, daß Bruder Maidú, der die Gemeinschaft auf dem Bréanainn leitet, herunter zu mir auf das Schiff kam. Wir hatten einige Fracht für ihn an Bord.«
    »Ja und?«
    »Er bedeutete mir, daß er sich Sorgen machte, weil man längst mit der Ankunft von Äbtissin Faife und ihren Begleiterinnen gerechnet hätte. Zum ersten Mal sei sie nicht an dem Tag eingetroffen, an dem sie wie üblich die Erleuchtung des heiligen Bréanainn feierten.«
    »Das heißt, sie war bereits überfällig?«
    »Ganz richtig.«
    Fidelma wandte sich an den jungen Verwalter. »Wie viele sind es denn, die in der Gemeinschaft unter Bruder Maidú dort leben?«
    »Die Gruppe eine Gemeinschaft zu nennen ist reichlich schmeichelhaft«, gab er amüsiert zurück. »Es sind nicht mehr als drei oder vier Glaubensbrüder, die es das Jahr über auf dem Berg aushalten. Die Umgebung ist kalt und unwirtlich, und man muß schon eine innere Berufung verspüren, dort sein Leben zu verbringen.«
    »Das kann man sich vorstellen.« Sie wandte sich wieder dem Kaufmann zu. »Entschuldige, daß ich dich unterbrochen habe, bitte erzähl weiter.«
    »Da ich mich entschlossen hatte, über Land zu reiten, versprach ich Bruder Maidú, nach der Äbtissin Ausschau zu halten. Ich war sicher, ihr irgendwo unterwegs zu begegnen, dachte, sie wäre in den Schneesturm geraten und dadurch aufgehalten worden.«
    Er machte eine Pause, wie um wieder seine Gedanken zu sammeln.
    |89| »Von der Burg An Daingean bin ich auf der südlichen Küstenstraße nach Osten in Richtung Kloster Colmán geritten. Das ist eine lange, ziemlich gerade Strecke, mit den Bergen auf der einen Seite und der breiten Meeresbucht auf der anderen. An einem schönen, trockenen Tag ist so ein Ritt sehr angenehm. Von Daingean ist das Kloster an die fünfunddreißig Kilometer entfernt, und ich war zuversichtlich, dort noch vor Einbruch der Dunkelheit einzutreffen. Der Wind blies aus Südwest, und ich hatte ihn zum Glück im Rücken, doch es schneite heftig, und Schneewehen türmten sich auf. Als ich an die Stelle kam, die einfach die ›Insel‹ genannt wird, war ich bereits reichlich erschöpft. Bis vor kurzem hatte Uaman, der Beherrscher der Bergpässe, dort seine Festung. Von der sind nur noch geschwärzte Ruinen übrig, nach dem Aufstand gegen ihn …«
    Fidelma nickte rasch. »Die Geschichte kennen wir. Wie ging es mit dir weiter?«
    »Ziemlich in der Nähe steht ein
coirceogach,
eine runde Steinhütte, die nicht mehr bewohnt wird. Ich habe unter ihrem Dach schon öfter Unterschlupf gefunden, und da dachte ich, mich auch diesmal etwas auszuruhen und möglichst meine Sachen zu trocknen. Wollte für eine Weile raus aus dem Schneetreiben und nicht mit aller Gewalt bis zur Abtei preschen. Die Hütte zu finden war trotz des Schneesturms nicht schwierig, denn Uamans Insel behielt ich im Blick und hatte so einen sicheren Anhaltspunkt.«
    »Den
coirceogach
zu finden ist wirklich nicht schwer«, bestätigte Conrí.
    »Und als du dort anlangtest, ist dir irgend etwas aufgefallen? War die Umgebung zertrampelt oder sonst wie verwüstet?« drängte Fidelma.
    Der Handelsmann schüttelte den Kopf.
    |90| »Vergiß nicht, daß es heftig schneite. Ringsum war nichts als eine dicke weiße Schneedecke. Ich zog mein Pferd in den Windschatten einer Baumgruppe und ging auf den Eingang der Steinbehausung zu. Dabei trat ich auf etwas, das mir sonderbar vorkam. Es war nicht hart wie der Boden oder ein Stein. Ich sah genauer hin und gewahrte etwas Dunkles unter dem Schnee. Als ich die Schneeschicht beiseite gekratzt hatte, war die Sache klar – ich hatte eine Leiche vor mir.«
    Er fuhr sich mit Hand über die Stirn, als wollte er sich noch jetzt den Angstschweiß

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