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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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jedermann«, widersprach der Cantor schroff. »Manch einer hört zwar die Töne, hat aber kein Gefühl für die Musik.«
    »Allenthalben rühmt man eure Abtei für ihre Musik.« Eadulf blieb bei dem Thema.
    Sein Gegenüber verzog das Gesicht, als wolle er das Lob nicht gelten lassen.
    »Es gibt viele Klöster, die bessere Musik als wir zu Gehör bringen. Aber es stimmt schon, wir sind im Kommen.«
    »Im Kommen?«
    »Wir treten nächstes Frühjahr bei dem großen Treffen von Aenach Urmhuman auf«, verkündete Bruder Cillín nicht ohne Stolz.
    »Bei dem Treffen von Ost-Muman? Ich habe davon gehört.«
    Bruder Cillín lächelte schwach.
    »Es ist ein Treffen von Ruf. Auf der großen Hochburg der Könige … wollte sagen, der Stammesfürsten der Uí Fidgente am Loch Derg findet jedes Jahr ein Sängerwettstreit statt. Ich hoffe, daß wir diesmal Sieger werden.«
    »Das letzte Stück, das ihr gesungen habt, war vortrefflich«, bekannte Eadulf. »Ich glaube nicht, daß ich es irgendwo schon einmal gehört habe. Es strahlt so viel Kampfeslust aus, daß man es nur schwer mit der Friedfertigkeit unseres Glaubens in Einklang bringen kann.«
    Der Cantor zuckte mit den Schultern.
    »Dabei hat es Colmcille geschrieben, die geheiligte Taube |167| der Kirche.
Altus Prosator
heißt es. Es ist ein gutes Werk, wenn auch kein großes.«
    »Dennoch, friedfertig klingt es nicht«, beharrte Eadulf.
    »Vielleicht sah Colmcille, daß Krieg oft der einzige Weg war, seine Rechte zu behaupten, Bruder Eadulf«, bemerkte Cillín trocken. »Es ist eine Lektion, die sich die Uí Fidgente zu eigen gemacht haben, als sie gegen die Eoghanacht von Cashel zu Felde zogen.«
    »Und eine weitere Lektion lernten, als sie unterlagen«, ergänzte Conrí bissig.
    Bruder Cillín hatte bereits eine Antwort auf der Zunge, kam aber nicht dazu, denn einer der Chorsänger erschien und hüstelte absichtsvoll, um die Aufmerksamkeit des Cantors auf sich zu lenken.
    »Sprich, Bruder«, forderte der ihn auf, verärgert ob der Störung.
    »Ich bitte um Verzeihung, Meister, aber wir müssen mit dir über den Endlosen Kreis reden.«
    Unsicher sah Bruder Cillín seine beiden Zuhörer an. Er murmelte eine Entschuldigung, drehte sich um und stakste davon, gefolgt von einem eingeschüchterten Chorbruder.
    »Ein seltsamer und mürrischer Mensch«, stellte Eadulf fest.
    Conrí grinste. »Bruder Cillín muß man nicht so ernst nehmen. Als Musikerzieher hat er einen guten Ruf, besonders beim
clais-cheól

    »Speziell beim Chorsingen? Schade, daß ich nicht mehr habe hören können. Auch mit diesen Musikbegriffen kenne ich mich nicht aus, der Chorsänger hat vom Endlosen Kreis gesprochen. Was mag das sein?« Eadulf seufzte, mit sich unzufrieden. Nach einer Weile wollte er wissen: »Weshalb sind die Uí Fidgente so schlecht auf die in Cashel herrschenden Eoghanacht zu sprechen?«
    |168| Bedächtig schob Conrí die Unterlippe vor. »Hat Lady Fidelma dir das nie auseinandergesetzt?«
    »Doch, aber von der Sichtweise der Eoghanacht her. Und das ist verständlich.« Er lächelte, Nachsicht heischend. »Ich hätte auch gern den Standpunkt der Uí Fidgente gewußt.«
    Conrí lachte kurz auf. »An dir ist ein Diplomat verlorengegangen, Bruder Eadulf. Nun gut, über Generationen hinweg hieß es bei uns, daß die Eoghanacht die Uí Fidgente nicht zu ihrem Recht haben kommen lassen.«
    »Wie das?«
    »Wie dir sicher nicht neu ist, wird das Wohl und Wehe der Menschen in unserem Land von den Genealogen bestimmt, die Generation für Generation die Stammbäume der Familien aufzeichnen. Unsere Vorfahren sind uns ungemein wichtig. Oft genug herrschen die, die längst gegangen sind, über uns, die wir hier und heute leben.«
    »Das ist nicht selten der natürliche Lauf der Dinge«, bestätigte Eadulf. »Ich selbst hatte in unserem Land die Würde eines
gerefa,
eines Friedensrichters, geerbt. Ich übte das Amt auf Grund meiner Vorfahren aus, nicht weil ich mich darum beworben hatte oder gewählt wurde.«
    »Die Eoghanacht-Dynastien von Muman führen ihren Namen auf Eoghan Mór zurück«, erklärte Conrí. »Eogans Enkel war ein bedeutender König von Cashel. Er hieß Ailill Fland Bec und hatte drei Söhne. Maine Munchaín war der älteste von ihnen, und dessen Sohn hieß Fiachu Fidgennid, von dem wir unseren Namen Uí Fidgente herleiten, der bedeutet Fidgennids Nachkommen.«
    Eadulf krauste die Stirn.
    »Ist das von Belang? Ich lebe hier schon eine Weile und weiß, daß eure Erbfolgegesetze nicht

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