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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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den erstgeborenen männlichen Nachkommen bevorrechten. Vertreter aus mindestens |169| drei Generationen der Sippe müssen sich zusammensetzen und den Mann wählen, der sich am besten für die Aufgaben des Königtums eignet. Das geschieht meist zu Lebzeiten des regierenden Fürsten, und der zu seinem Nachfolger Erwählte ist der
tánaiste
oder Tanist. Sehe ich das richtig?«
    »Du hast unser Verfahren genau verstanden. Aber was ich klarmachen will, ist, daß wir echte Nachkommen von Eoghan sind, nicht mehr und nicht weniger als die Eoghanacht von Cashel, die Eoghanacht von Aíne, die Eoghanacht von Glendamnach und von Chliach und von Raithlind und von Locha Léin. Wir gehören wie all die anderen zur großen Ratsversammlung von Muman. Aber man schließt uns aus. Man will uns weismachen, daß wir keine Eoghanacht sind und daß unsere Genealogen unseren Stammbaum gefälscht haben.«
    »Und du glaubst, daß eure Ahnenforscher zu Recht auf ihrer Beweisführung beharren?«
    Conrí streckte herausfordernd das Kinn vor. »Ich bin ein Uí Fidgente«, sagte er einfach.
    »Aber die Eoghanacht sind der Meinung, eure Genealogen sind auf dem Holzweg.«
    »Genau daher rührt die Zwietracht. Das hat schon zu Ercs Zeiten zu Zwistigkeiten geführt; er war vor fünf Generationen unser Fürst. Und deshalb hat Eoganán, der seinen Ahnenforschern vertraute, unseren Stamm aufgestachelt, gegen die Eoghanacht in die Schlacht zu ziehen. Er hätte das nicht tun sollen. Das hoffnungslose Unterfangen hat unzählige Menschenleben gekostet; die Niederlage, sein eigener Tod bei Cnoc Áine und die daraus erwachsende Schande sind Beweis genug, daß er falsch gehandelt hat.«
    Er schwieg eine Weile, fuhr aber fort, als Eadulf sich nicht dazu äußerte.
    »Jetzt, da Eoganán tot und Donennach unser Fürst ist – |170| viele nennen ihn sogar König –, haben wir die Oberherrschaft von Cashel anerkannt. Daß heißt jedoch nicht, daß wir den Urgrund unsres Grolls für widersinnig halten. Wir glauben immer noch, daß wir die Nachkommen des Eoghan Mór sind, genauso, wie es unsere Genealogen belegen. Donennachs Abstammung von Eoghan Mór geht vierzehn Generationen zurück, ganz egal, was in Cashel behauptet wird. Wir hoffen, eines Tages Cashel dazu bringen zu können – wenn ich ein Wörtchen mitzureden hätte, sollte das mit friedlichen Mitteln geschehen –, uns Sitz und Stimme in der großen Ratsversammlung zuzugestehen.«
    Eadulf war sowohl von der Länge als auch der Eindringlichkeit der Ausführungen beeindruckt, denn der Kriegsherr der Uí Fidgente galt als ein bedächtig sprechender und wortkarger Mann.
    »Ihr könntet euch doch an die Gerichtshöfe der fünf Königreiche wenden und dort eure Klage vorbringen.«
    »Nach unserer Niederlage bei Cnoc Áine«, meinte Conrí mit trauriger Miene, »wollten der Hochkönig und sein Oberrichter uns kein Gehör schenken. Wir mußten Entschädigung und Tribut zahlen. Es wird Jahre dauern, oder es bedarf eines neuen Hochkönigs in Tara, ehe wir mit solch einem Gesuch kommen können. Und deshalb wirst du unter den Uí Fidgente viele finden, die nicht bereit sind, den prekären Frieden, wie er jetzt zwischen uns und Cashel besteht, zu akzeptieren. Die Uí Fidgente werden bei allem, was Cashel tut, argwöhnisch bleiben.«
    »Wieso sind wir dann eigentlich hier? Hier im Gebiet der Uí Fidgente? Wieso hast du Fidelma hergebeten?«
    »Hat sie dir erzählt, warum sie meine Bitte nicht abgeschlagen hat?«
    Zögernd gab Eadulf zu, daß sie das getan hatte. Conrí lächelte wissend.
    |171| »Da hast du den Grund, weshalb ich sie gebeten habe. Wir müssen jede Möglichkeit nutzen, die dazu angetan ist, die Spannungen zwischen uns zu beseitigen.«
    Nachdenklich rieb sich Eadulf das Kinn.
    »Und wenn das Gegenteil passiert?«
    Jetzt war es an Conrí, verdutzt dreinzuschauen.
    »Ich kann dir nicht recht folgen.«
    »Ganz einfach. Was, wenn Fidelma herausfindet, daß interne Feindseligkeiten im Spiel sind?«
    »Kannst du etwas deutlicher werden?«
    »Nimm zum Beispiel den Tod des Ehrwürdigen Cináed. Nach dem, was ich von Fidelma weiß, war Cináed der Auffassung, daß die Uí Fidgente-Genealogie nicht stimmte und daß dein Stamm die Herrschaft von Cashel klaglos hinnehmen sollte. Was, wenn diese seine Meinung seinen Tod bewirkt hat?«
    Conrí schwieg einige Augenblicke und überdachte die Frage.
    »Unser wichtigstes Anliegen bleibt, die Wahrheit ans Licht zu bringen, Bruder Eadulf«, verkündete er schließlich

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