Tod vor der Morgenmesse
Sakralgegenstände, die in Ard Fhearta angefertigt wurden.
Mugrón strahlte übers ganze Gesicht, als er seine Passagiere an Bord empfing.
»Das nenn ich Glück! Bei der Brise heute machen wir gute Fahrt über die Bucht hinüber zur Halbinsel«, erklärte er und wies südwärts auf die Berge, die im Gebiet der Corco Duibhne aufragten. Ihre dunklen Zacken hoben sich scharf gegen den Horizont ab. Eine so gute Sicht hatte man nur bei kalter und klarer Luft, denn bei wärmerem Wetter verschwammen die Umrisse, und oft hing Nebel über den Höhen.
»Sind das die Berge vom Sliabh Mis?« erkundigte sich Eadulf, dem sie aus früherer Erfahrung bekannt vorkamen.
»Ganz recht«, bestätigte ihm Mugrón. »Sobald wir auf See sind, frischt die Brise auf und treibt uns genau nach Westen durch die Machaire-Inseln. Dann steuern wir südwärts in die Bréanainn-Bucht, wo ich meine Fracht anlande, und ihr könnt euch dort Pferde beschaffen für euren Ritt nach An Daingean, dem Hauptsitz der Corco Duibhne.«
Die Mannschaft setzte die Segel so, daß sie voll vor dem Wind liefen, und Mugrón sicherte mit dem Ruder eine stete Vorwärtsfahrt. Sie segelten aus dem geschützten Hafen vorbei an einem Felsen, den der Kapitän als »Insel des schönen Kohls« bezeichnete. Eadulf wunderte sich über die seltsame Namensgebung, doch Fidelma erklärte ihm, daß es sich dabei um eine eßbare Strandpflanze handelte, die in ihrer Sprache
luc na gcarrac
hieß.
|211| »Aha, du meinst Meerfenchel, das Peterskraut.« Eadulf kannte es sehr wohl. Es wuchs auch an den Küsten des Landes des Südvolks und schmeckte besonders gut zu einem fettreichen Fisch wie der Makrele. Geradezu sehnsuchtsvoll blickte er hinüber zu dem kleinen felsigen Eiland. Dort gediehen die fleischigen Pflanzen in Hülle und Fülle, die gefurchte Oberfläche der Blätter schützte sie vor den austrocknenden salzigen Winden, die sie ständig umfächelten. Er suchte nach den blassen, grünlich-gelben Dolden, doch rasch merkte er seinen Irrtum, denn auch diese Pflanzen blühten nur im Sommer.
»Legen die Leute hier tatsächlich an und ernten den Meerfenchel?«
»Ja, man kann eine reiche Ernte dort einheimsen«, bestätigte ihm Mugrón. »Meerfenchel gedeiht auch auf der größeren Insel da hinten, wo unser Heck hinzeigt. Wenn du in den Sommermonaten herkämst, würde sich dir ein anderes Bild bieten, dann zeigen sich die Pflanzen von ihrer besten Seite.«
Sie glitten über die weite Wasserfläche auf eine in der Ferne schon auszumachende flache Landmasse zu. Conrí beschrieb, was sie erwartete. Vor ihnen lag das Machaire-Kap, eine schmale niedrige Landspitze, die genau nach Norden zeigte. An ihrem nördlichen Zipfel befand sich eine Gruppe von Inselchen, durch die sie segeln mußten, um ihr Schiff in die breite, nach dem heiligen Bréanainn benannte Bucht zu steuern.
»Ich habe immer gedacht, mit ›Machaire‹ bezeichnet ihr eine Ebene«, meinte Eadulf, der keine Gelegenheit ausließ, seine Kenntnis des Keltischen zu erweitern.
»Das stimmt schon«, bestätigte Conrí, »aber es bedeutet auch einfach ›tiefliegendes Land‹. Die Inseln da im Norden heißen Machaire-Inseln, weil sie so tief liegen. Es gibt etwa |212| acht davon, eigentlich sind ein paar nichts weiter als Felsen, die aus dem Meer aufragen. Ich bin bisher nur zweimal in dieser Gegend gewesen. Die Gewässer drum herum sollen ziemlich gefährlich sein, habe ich gehört.«
Mugrón lachte. »Keine Angst, Fürst Conrí, ich kenn mich hier wirklich aus«, beruhigte er seine Gäste.
»Sind die Inseln auch bewohnt?« fragte Eadulf und schaute angestrengt in die Richtung der dunklen Flecken.
»Auf der größten, der Seanach-Insel, leben einige fromme Einsiedler. Das ist wahrlich ein merkwürdiges Trüppchen. Ab und an beliefere ich sie mit dem Nötigsten, doch gerne sehen sie einen nicht. Man kann sich nur wundern, warum die sich eine so unwirtliche Stelle ausgesucht haben. Es gibt dort keine natürlichen Quellen, sie müssen mit dem Regenwasser auskommen, und wenn es nicht regnet …« Der Handelsmann zuckte die Achseln.
»Wieso Seanach-Insel?« wollte Eadulf wissen.
»Nach dem Heiligen, der die Gemeinschaft dort vor über hundert Jahren gegründet hat.«
»Ich kenne zwei Seanachs«, warf Fidelma ein. »Der eine war Abt von Ard Macha und der andere Abt vom Kloster Clonard. Beide sind vor fast hundert Jahren gestorben.«
»Ja schon, aber dieser Seanach hier war ein Uí Fidgente«, bemerkte Conrí nicht ganz ohne
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