Todesahnung: Thriller (German Edition)
gesehen, wie es passiert.
Und jetzt kann ich nur hoffen, dass ich nicht zu spät komme.
Das Taxi biegt um eine Ecke. Jetzt stecken wir in der Klemme!
Mist!
Ein Stau! Stillstand wie auf einem Parkplatz.
Mein Taxi bleibt quietschend hinter einem anderen stehen, das von einem schwarzen Rauch ausstoßenden städtischen Bus blockiert wird.
»Hier!« Ich schiebe ein paar Scheine über die Trennscheibe. »Behalten Sie den Rest!«
»Ich hoffe, Sie kommen rechtzeitig zu Ihrem Kurs, Schätzchen.«
Ich steige aus und renne los. Angetrieben von meiner Angst, pocht mein Herz im gleichen Rhythmus, wie sich meine Füße bewegen.
Warum, Michael, warum? Wirf nicht alles fort. Wirf uns nicht fort. Oder die Kinder.
In meinem Kopf sehe ich nur die Bilder vom Hotel, diejenigen aus meinem Traum und diejenigen, die ich aufgenommen habe. Die Abfolge der Rolltragen, die herausgeschoben wurden. Dann fällt mir die andere Gelegenheit ein, bei der ich im Falcon war. Vor drei Jahren mit Matthew aus Boston. Zufall? Das bezweifle ich. Aber darüber will ich im Moment nicht nachdenken. Ich könnte nicht, selbst wenn ich wollte.
Ich muss mich beeilen.
Im Hier und Jetzt bleiben.
Vor mir ertönt eine Sirene, mir bricht das Herz, meine Knie beginnen zu zittern. Beinahe stürze ich.
Ich komme zu spät. Ich habe die Sache verpatzt.
Nein, es ist ein Feuerwehrwagen, der einen Straßenblock entfernt auf der Madison Avenue Richtung Süden fährt. Während die heulende Sirene verklingt, steigt meine Hoffnung wieder. Aber was passiert im Falcon Hotel?
Ich habe es fast erreicht. Das Brennen in meinen Beinen steigt bis zu meinen Lungen hinauf, als hätte jemand einen Eimer heißer Kohlen in mich gekippt. Aber ich wage nicht, stehen zu bleiben. Nichts kann mich aufhalten.
Eine Sache allerdings schafft es.
100
Mein Mobiltelefon klingelt.
Michael! Das muss Michael sein!
Ich schlage einen Bogen nach rechts und bleibe an einer Hauswand stehen. Ich bekomme kaum Luft.
»Hallo?«, keuche ich ins Telefon.
Es ist nicht Michael.
»Spreche ich mit Kristin Burns?« Es ist eine Frauenstimme. Ich erkenne die Stimme nicht, doch sie klingt verärgert. O Mann, jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für weitere Streiche.
»Ja.«
»Hier ist Madeline Sturges von der Preston Academy. Ich habe versucht, sowohl Mr als auch Mrs Turnbull anzurufen, aber vergeblich. Und Sie sind hier als weiterer Kontakt …«
»Was ist los?«, unterbreche ich sie.
Das Schweigen am anderen Ende verrät mir, dass etwas nicht stimmt. »Es geht um Dakota«, erklärt sie. »Sie hat einer Klassenkameradin erzählt, sie müsse jemanden suchen.«
»Was? Das verstehe ich nicht.«
»Sie wird vermisst. Wir haben sie überall gesucht. Dakota ist verschwunden.«
Das Telefon rutscht mir aus der Hand. Noch bevor es auf den Boden fällt, renne ich weiter. Schneller als zuvor.
Vier Leichensäcke.
Bitte, lieber Gott, lass das nicht zu. Nicht auch Dakota. Sie ist erst sieben Jahre alt.
Konnte sie über das Falcon oder darüber Bescheid wissen, dass ihre Mutter vielleicht dort ist? Nein, das scheint vollkommen unmöglich.
Ja, genau wie alles andere auch, was bisher passiert ist.
Doch die erbärmliche Warheit lautet: Im Moment ist alles möglich.
101
Ich bin schon sehr nah. Die Ecke des Falcon ist zehn … fünf … zwei Meter entfernt. Ich kneife die Augen zusammen und renne blind weiter. Ich ertrage den Anblick nicht.
Aber ich muss doch hinschauen, oder? Ich habe das Gefühl, in dieser Sache keinen eigenen Willen zu besitzen.
Als ich um die Ecke biege, wappne ich mich für den schlimmsten Schock meines Lebens - die vier Leichensäcke.
Doch sie sind nicht da, Gott sei Dank. Zumindest noch nicht.
Es gibt keinen Tatort, keine Schaulustigen. Keine Dakota. Nur die leuchtend rote Markise des Falcon, die wie immer einen kräftigen Sog auf mich ausübt.
Sekunden später platze ich durch den Eingang. Hoffentlich sind sie nicht in demselben Zimmer wie vorher! Dort würde Michael als Erstes nachsehen. Er kennt die Zimmernummer. Ich habe sie ihm verraten.
Ich steuere auf die Fahrstühle zu, wo ein halbes Dutzend Gäste wartet. Ohne mein Tempo zu drosseln, biege ich zur Treppe ab, wo ich zwei Stufen auf einmal nehme. Schweißgebadet renne ich am zweiten und dritten Stock vorbei.
Im vierten Stock angekommen, stürme ich den langen Flur hinunter.
Alles ist ruhig.
Viel zu ruhig.
Noch nie hat sich Stille so sehr nach Totenstille angehört, so
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