Todesakt: Thriller (German Edition)
ihn auch ohne Worte.
Es war spät und heiß, und der Sommer kam drei Monate zu früh.
Sie spähte über die Straße. Vaughan trat gerade aus dem Gebäude und steuerte auf die Besucherstellplätze auf dem Chefparkplatz zu. Bei einem offenbar aufgemotzten Ford angekommen, entdeckte er Lena auf dem Gehweg, winkte und wendete den Wagen, um sie abzuholen. Wenige Minuten später fuhren sie auf dem Freeway in Richtung Hollywood Hills. Lena machte es sich auf dem Ledersitz bequem, lauschte dem Surren des Motors und betrachtete Vaughans Profil im gedämpften Schein der Armaturen.
»Wie schlimm war es?«, fragte sie.
»Die Pressekonferenz? Da haben wir größere Probleme, Lena.«
»Ich dachte eher an Higgins. Ich habe ihn in der Rechtsmedizin dabei beobachtet, wie er jemanden am Telefon zur Schnecke gemacht hat, und schon befürchtet, das könnten Sie gewesen sein.«
Vaughan grinste sie müde an.
»Keine Sorge. Ich habe mir meine Standpauke vor einer Viertelstunde persönlich abholen dürfen. Wir haben in seinem Büro ein wenig geplaudert. Nachdem er endlich fertig war, hatte ich gehofft, Sie zu finden.«
»Ich habe Cobb getroffen«, sagte sie.
»Das hat Higgins mir erzählt.«
Inzwischen fuhren sie durch Echo Park. Während Lena den See betrachtete, berichtete sie von ihrem Gespräch mit Cobb im Vernehmungszimmer. Als sie die Ausfahrt Beachwood erreicht hatten und die Gower Street hinauf in die Hügel nahmen, hatte sie Vaughan so gut wie den ganzen Inhalt der Mordakte geschildert. Das Foto von Jacob Gant, das Lena in der Schatulle neben Lily Hights Bett gefunden hatte und das Cobb bei seinen Ermittlungen durch die Lappen gegangen war, schien ihn besonders zu interessieren. Vaughan zog daraus genau dieselben Schlüsse wie sie.
Niemand würde das Foto eines Menschen, von dem er sich belästigt fühlte, neben seinem Bett aufbewahren. Und deshalb ergab Hights Behauptung, Gant habe seiner Tochter nachgestellt, auch keinen Sinn.
Die Straße wurde steiler, je tiefer man in die Hügel kam. Als sie um die letzte Kurve fuhren, wies Lena auf ihre Einfahrt, und Vaughan bog ab. Lena sah den TSX vor ihrer Garage stehen – der graue Metalliclack schimmerte im Licht der Außenbeleuchtung. Beck hatte das Auto wie versprochen geliefert. Obwohl der TSX zwei Jahre alt war, wirkte er, als sei er gerade vom Band gerollt.
Sie wandte sich um, während Vaughan an der Garage vorbeirollte und stehen blieb. Er ließ Motor und Klimaanlage laufen und schien den Anblick des Tals unter ihnen zu genießen. Da die Nacht verhältnismäßig klar war, funkelten die Lichter der Stadt in der Hitze bis hinunter nach Long Beach.
»Möchten Sie reinkommen?«, fragte sie.
Er lockerte seine Krawatte und bewunderte weiter die Stadt am Fuße des Hügels.
»Können wir das vertagen?«, erwiderte er. »Ich habe diese Woche die Kinder und muss nach Hause, damit das Kindermädchen Feierabend machen kann. Vielleicht kann ich ihnen dann noch ein oder zwei Stunden lang beim Schlafen zuschauen.«
»Ich verstehe.«
Vaughan verstummte und schien nicht mehr die Aussicht zu bewundern, sondern über etwas nachzudenken. Nach einigen Minuten drehte er sich zu ihr um.
»Als Higgins mir heute Abend nach der Autopsie die Leviten gelesen hat, hat er mir von Cobbs Anruf bei Bennett erzählt. Ich fand das seltsam. Warum hat Cobb nicht mit seinem Vorgesetzten geredet, wenn er ein Problem damit hatte, die Fallakte weiterzugeben.«
»Das dachte ich auch«, erwiderte Lena.
»Und warum sollte er überhaupt ein Problem haben? Von seiner Warte aus müsste der Fall doch schon längst Schnee von gestern sein.«
Lena nickte.
»Wenn es für ihn mit dem Urteil noch nicht vorbei war, hätte er spätestens letzte Nacht einen Schlussstrich ziehen müssen.«
Vaughan lehnte sich an die Tür und sah Lena an.
»Es gab da einen Fall in New York. Suffolk County, Long Island. Die Umstände waren ziemlich ähnlich, Lena. Einem Siebzehnjährigen wurde vorgeworfen, seine Eltern aus Geldgier umgebracht zu haben. Der Detective war ein alter Kämpe und dafür bekannt, dass er Verdächtige auch mal ein bisschen härter anfasste. Der Oberstaatsanwalt hat ihn unterstützt, genau wie Higgins. Die Anklagevertreter sind dem Beschuldigten an die Gurgel gesprungen wie Bennett und Watson. Leider hatte der Junge das Pech, keinen Verteidiger vom Format eines Buddy Paladino zu haben. Deshalb hat er sein halbes Leben wegen eines Verbrechens, das er nicht begangen hat, im Gefängnis verbracht.«
»Sie
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