Todesangst
einen Augenblick vornüber zusammensacken. Dann richtete sie sich, den nächsten Einsatz erwartend, wieder hoch auf und verlagerte ihr Gewicht von einem ihrer hochhackigen Pumps auf den anderen. Jason Howard fiel ein tätowiertes Herz auf ihrem rechten Oberschenkel auf.
Wuchtige Trommelschläge kündigten die nächste Nummer an, und die Blondine setzte ihre Vorführung fort. Dabei entledigte sie sich des knappen Kleidungsstücks, das bisher noch ihren Oberkörper verhüllt hatte. Nun trug sie außer ihren Schuhen nur noch einen winzigen Slip. Die Männer an der Bar wirkten weiterhin, als seien sie aus Holz. Die einzigen Bewegungen, die man an ihnen wahrnehmen konnte, bestanden darin, daß sie ihre Gläser oder Zigaretten an die Lippen führten. Das änderte sich erst, als die Tänzerin auf dem Laufsteg unmittelbar vor ihnen ankam - dann zogen manche Männer Dollarnoten heraus.
Dr. Howard betrachtete sich das Schauspiel ein Weilchen und überflog dann wieder den Raum insgesamt. Ein paar Schritte entfernt fiel ihm eine Nische auf, in der ein Mann in einem dunklen Anzug mit einer Zigarre saß und durch eine dunkle Brille irgendwas in einem Ordner studierte. Der Arzt konnte sich nicht vorstellen, wie man dort überhaupt etwas lesen konnte, kam aber zu dem Schluß, daß der Mann wohl so eine Art Geschäftsführer sein müsse. Ein paar stiernackige Schlägertypen mit mächtigen Muskelpaketen standen, gekleidet in weiße T-Shirts, zu beiden Seiten dieser Nische und beobachteten, die bloßen Arme vor der breiten Brust verschränkt, alles, was vorging; ihre regelmäßigen Kopfbewegungen verrieten, daß ihre Blicke dabei ganz systematisch Streifen für Streifen des Raumes abtasteten.
Als die Musik endete, raffte die Tänzerin ihr Zeug zusammen und verschwand über die Treppe nach oben. Dünner Beifall begleitete sie dabei. Kurz darauf setzte die Musik erneut ein, und eine andere Tänzerin kam die Treppe herunter und wirbelte über den Laufsteg. Sie trug ein weit ausschwingendes, dramatisches Zigeunerinnenkostüm und hätte eine Schwester der vorigen Tänzerin sein können - eine ältere Schwester wohlgemerkt.
Schon nach kurzer Zeit fand Dr. Howard das Programm höchst langweilig. Der Ablauf war bei jedem Auftritt gleich: Ein Mädchen kam in irgendeinem wilden Kostüm auf den Laufsteg und zog sich während ihrer Nummer Stück für Stück aus. Nach einer Dreiviertelstunde fragte Howard sich, ob Carol Donners Auftritt überhaupt an diesem Abend auf dem Programm stand. Daher wandte er sich an eine der Bedienungen, und diese antwortete ihm: »Sie ist als nächste dran. Darf ich Ihnen noch was bringen?«
Der Arzt schüttelte den Kopf. Er wollte sich mit dem einen Bier begnügen. Während er sich umsah, bemerkte er, daß sich einige der Stripperinnen im Raum verteilt hatten. Sie wechselten gewöhnlich ein paar Worte mit dem Geschäftsführer - wofür Howard den Mann mit der dunklen Brille hielt - und schlenderten dann herum, um die Gäste anzusprechen. Jason Howard versuchte sich Dr. Alvin Hayes, den weltberühmten Forscher, als ständigen Gast dieses Etablissements vorzustellen. Doch sosehr er sich auch bemühte - es wollte ihm nicht gelingen.
Die Musik wurde für eine kleine Weile unterbrochen, und die auf den Laufsteg gerichteten Strahler erloschen. Zum erstenmal war das Knacken und Knistern einer Lautsprecheranlage zu vernehmen, über welche der nächste Auftritt angekündigt wurde: »Unsere berühmte Carol Donner!« Die an der Bar aufgereihten gelangweilten Typen schienen plötzlich aufzuwachen, einige anerkennende und ermunternde Pfiffe ertönten.
Die Musik wechselte auf einen sanfteren Rockrhythmus über, und eine Gestalt betrat den Laufsteg. Als die Strahler wieder eingeschaltet wurden, war Howard echt erstaunt. Zu seiner angenehmen Überraschung entpuppte sich Carol Donner als schöne junge Frau. Ihre glatte, schimmernde Haut strahlte Frische und Gesundheit aus, und ihre Augen glänzten. Sie trug einen Bodysuit, Legwarmers und ein Stirnband, als ob sie zu einer Aerobic-Vorführung gekommen sei; sie war barfüßig. Schwerelos und graziös lief sie den Laufsteg entlang, und Howard fiel auf, daß ihr Lächeln ungekünstelt und natürlich war.
Während ihrer Vorführung legte sie zunächst die Legwarmers ab, dann eine Seidenschärpe um die Taille und schließlich den Bodysuit. Als sie an der Treppe nochmals ihren niedlichen Körper den Blicken darbot, ertönten aus dem bisher so gelangweilt wirkenden Publikum sogar
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