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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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hemmungslos mit Leon flirtete. Weil es ihr Spaß machte. Weil sie jede einzelne Sekunde genoss. Weil es
ihr
wahrscheinlich einen Kick gab, wenn Alex so eifersüchtig wurde. Na gut. So war sie eben. Aberbitte ohne mich. Ich wollte damit nichts zu tun haben. Ich griff mir ein Bier und setzte mich auf den Holzboden des Stegs. David setzte sich ein Stück von mir entfernt hin und ließ die Beine ins Wasser hängen. Nach letzter Nacht hatte ich fast ein bisschen Angst vor ihm. Trotzdem holte ich den blauen Stein aus meiner Tasche und platzierte ihn demonstrativ zwischen uns. »Lag im Gebüsch dahinten«, sagte ich.
    David reagierte nicht, er sah mich nicht mal an. Doch plötzlich fegte er den blauen Stein mit der Hand in den See hinein. Er hüpfte noch einmal hoch, wie bei diesen Steinschmeiß-Spielchen, und ging dann unter.
    Ich konnte nicht glauben, was da gerade passiert war, und spürte den Zorn in mir hochkriechen.
    Alex rumorte im Haus herum, es knallte und krachte. Er kochte genauso vor Wut wie ich, allerdings aus anderen Gründen. Dann kam er wieder heraus, ein Bier in der Hand. Er setzte sich an die äußerste Ecke des Stegs, wo er den besten Blick auf Leons Hausboot hatte.
    »Was macht die da?«, fragte er.
    Ich antwortete nicht. Ich hatte Mühe, nicht zu explodieren.
    »Geh doch rüber«, antwortete David. »Dann weißt du's.«
    Alex trank gurgelnd einen Schluck und schlug voller Wut nach einer Mücke, die sich auf seinem Arm niedergelassen hatte. »Einen Scheiß werd ich.«
    Eine Weile lang saßen wir da wie die drei Affen, die nichts hörten, nichts sahen und nichts sagten. Außer dem Gesumme der Mücken und dem Wasserplätschern war es still, abgesehen von Melanies künstlichem Lachen, das gelegentlich von Leons Boot herüberwehte und bei dem Alex jedes Mal zusammenzuckte. Dann klirrte auf einmal eine Flasche und rollte über den Steg. Alex stand auf.
    »Ich geh jetzt rüber und hol die«, sagte er.
    Ich fand nicht, dass das eine gute Idee war, er hatte schon eine ziemlich schwere Zunge und würde sich total zum Deppen machen, aber ich sagte nichts. Was ging es mich an, wobei er sich blamierte. Außerdem war ich sauer auf Leon. Nein   – enttäuscht von ihm. So weit her konnte es mit der Liebe zu seiner Frau ja nicht sein, wenn er sich den ganzen Nachmittag lang mit Melanie amüsierte. Und warum dann nicht mit mir? Wir sahen Alex nach, als er zu Leons Boot ging, sichtlich bemüht, nicht zu stolpern.
    »Wie lange wollt ihr eigentlich noch bleiben?«, fragte ich David.
    Zu meiner Verblüffung wirkte er fast beleidigt. »Wieso?«, fragte er.
    Wieso? War das nicht eindeutig? »Ich meine ja nur«, sagte ich. »Zeit zu gehen. Sieht außerdem so aus, als ob sich das glückliche Paar bald trennen wird, meinst du nicht?«
    In diesem Moment kam Alex wieder aus Leons Hausboot. Mit Melanie im Schlepptau. Er zog sieregelrecht hinter sich her. Ich konnte es nicht glauben, dass sie überhaupt mitgekommen war. Und noch überraschter war ich, als ich in ihren Augen Tränen entdeckte, sobald sie nahe genug heran war. Sie versuchte, sich von Alex' Hand loszureißen, aber er hielt sie stur fest. Bei uns angekommen, ignorierte er uns total, trat die Tür zum Hausboot auf und schob Melanie hinein. »Und tschüss«, sagte er zu mir, als ich hinterherwollte. Empört drehte ich mich zu David um.
    »Lass die sich erst mal fetzen.«
    Er hatte recht. Aus unserem Boot drangen nicht gerade freundliche Töne.
    ». . . kann machen, was ich will«, giftete Melanie gerade. »Ich bin nicht dein Eigentum. Und wenn du nicht mit mir redest, dann macht es halt ein anderer!«
    »Reden!« Alex lachte höhnisch. »Am liebsten hättest du dich doch bei dem Typen auf den Schoß gesetzt, gib's doch zu!«
    »Du spinnst.«
    »Du benimmst dich wie die letzte Schlampe. Ich hab ja wohl Augen im Kopf!«
    Er sprach mit schwerer Zunge, aber die Wut war trotzdem rauszuhören. Etwas rumste gegen die Tür.
    »Hast du sie noch alle?« Das war Melanie. Sie klang erschrocken.
    »Komm, wir gehen rein«, sagte ich zu David. Der stand da wie ein Zinnsoldat, als ob ihn das alles nichts anging. Er zuckte mit den Schultern. »Sielegt's aber auch drauf an«, sagte er nur. Drinnen krachte es wieder.
    »Hältst du mich für blöd? Du hast mich total lächerlich vor dem Typen gemacht!«
    »Du hast dich selbst lächerlich gemacht.«
    »Du hältst mich wirklich für blöd, was?«
    Jemand fummelte von innen an der Tür herum.
    »Mellie?«, rief ich.
    »Ja«, schrie sie

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