Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
Vom Netzwerk:
um nach Luft zu schnappen. Dann drehte sie sich auf den Rücken. Ihre Brüste ragten wie zwei neongrüne Inseln aus dem Wasser heraus. Sie »übte« Rückenschwimmen. Es war so lächerlich. Und so erfolgreich. Denn bereits nach wenigen Sekunden schwamm sie dorthin, wo Leon saß, und ließ sich von ihm aus dem Wasser ziehen. Er hatte angebissen. Und während ich noch wütend in ihre Richtung sah, fiel mir plötzlich etwas auf. Zuerst nahm ich an, dasses ein Schatten war, der unter Wasser eine tiefe Stelle anzeigte. An manchen Stellen war der Grund schlammiger als an anderen. Doch dann begriff ich, dass dort der Taucher lauerte. Ein Stück Kopf schob sich langsam an die Oberfläche und verharrte dort. Regungslos. Er beobachtete Melanie und Leon. War er die ganze Zeit schon dort gewesen? Hatte er uns die ganze Zeit schon aus seinem Wasserversteck heraus beobachtet?

17.
    »Melanie, hinter dir«, rief ich. Natürlich reagierte sie nicht. Dafür verschwand der Kopf sofort wieder unter Wasser. Was spielte der Typ hier für ein Spiel? Bekam er irgendwie einen Kick, wenn er sich still und heimlich an irgendwelche Mädchen heranschlich? Und wie konnte er so blöd sein, noch mal in Leons Nähe aufzutauchen, nach allem, was gestern gewesen war? Bei Leon drüben klirrte jetzt ein Glas. Melanie lachte viel zu laut. Sollte ich zu ihnen gehen und von dem Typen erzählen? Aber der war ja gar nicht mehr zu sehen. Wahrscheinlich würde Melanie glauben, dass ich ihr Techtelmechtel stören wollte. Verdammt, und eigentlich hatte ich doch mein Handy aufladen wollen. Aber auf gar keinen Fall ging ich jetzt da rüber. Wobei ich mich fragte, was sie überhaupt vorhatte   – Alex konnte immerhin jeden Moment zurückkommen. Und was wollte sie machen, wenn Leons Frau in ein paar Tagen eintraf? Immer noch im Bikini um sein Hausboot herumschwimmen wie eine liebeskranke Nymphe?
    Ich beschloss, ins Innere des Hausbootes zu gehen, auch wenn es da so muffig roch. Dann musste ich wenigstens nicht live verfolgen, was Melanie daabzog. Schon halb im Gehen, hielt ich inne. Aus den Augenwinkeln hatte ich etwas wahrgenommen. Mitten auf dem See, ungefähr dort, wo der Mann vom Wasserbus erfolglos seinen halben Tag abgesessen hatte, war der Kopf wieder erschienen. Der Taucher sah jetzt direkt zu mir herüber. Er hob die Hand zum Gruß. Es war nicht zu fassen.
    »Hau ab!«, schrie ich voller Wut. Und dann, obwohl es lächerlich war, rief ich in das leere Hausboot hinein: »Ja, ich komme gleich, nun wartet doch mal!«, um den Anschein zu erwecken, dass ich nicht alleine hier war. Dann schämte ich für über meine eigene Feigheit, wandte mich ruckartig ab und ging rein. Im Hausboot warf ich mich auf mein Bett, und obwohl ich mich total anstrengte, konnte ich doch nicht verhindern, dass mir die Tränen über das Gesicht liefen. Was für ein verpfuschter Urlaub.
     
    Ich weiß nicht, wie lange ich da lag. Es wurde langsam dunkel draußen. Gelegentlich klirrte etwas, ein Vogel rief, Wasser platschte gegen die Außenwand. Ich musste eingeschlafen sein, denn plötzlich wachte ich mit einem Ruck auf. Draußen konnte ich deutlich ein lautes Lachen hören. Das war nicht Melanie.
    »Geil, 'ne Ratte«, rief jemand.
    »Nee, das ist ein Biber, glaube ich.«
    Alex und David.
    »Fiesta!«, rief Alex. »Mellie, wo bist du? Hab dir was mitgebracht.«
    Oh Gott. Er klang nicht gerade nüchtern und Melanie hockte drüben bei Leon. Alleine. Im Bikini.
    »Hallo«, rief ich schnell und humpelte ihnen entgegen. Sie banden das Boot an unserem Steg fest und hievten ein paar Plastiktüten heraus. Sie hatten tatsächlich eingekauft, auch wenn der Hauptteil aus Flaschen zu bestehen schien.
    »Baby«, rief Alex. »Komm her!«
    »Melanie holt gerade was«, sagte ich.
    Alex sah mich an. Eine tiefe Furche erschien auf seiner Stirn.
    »Von Leon«, fügte ich rasch hinzu. »Ein . . . Pflaster für mich.« Wieso log ich auch noch für Melanie? Sie hatte sich weder für den Stein noch für die Tasche interessiert, nur dafür, wie sie sich am besten zur Schau stellen konnte. Aber ich konnte einfach nicht anders.
    Alex starrte rüber zu Leons Hausboot, wo Melanie jetzt leichtfüßig auf den Steg hopste. »Ich komm später«, rief sie nur.
    Alex sagte nichts, während Melanie ihn mit einem kleinen Glitzern in den Augen ansah. Und plötzlich wusste ich, warum sie das machte. Warum sie Alex nicht einfach sagte, dass es aus war, warum sie diese sinnlose Beziehung nicht beendete und warum sie so

Weitere Kostenlose Bücher