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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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viel war klar. »Und einen Arzt«, fügte ich rasch hinzu. »Für David. Da vorn im Gras.«
    Leon stellte das Glas weg und hob beschwichtigend die Hände hoch. »Immer mit der Ruhe, was sagst du da? Der alte Typ hat dein Handy geklaut?« Leon gab ein seltsames Geräusch von sich. Es klang fast wie ein Glucksen. »Sorry«, sagte er dann. »Aber das ist ja nicht zu glauben. Der muss ja ganz schönen Schiss haben.«
    »Was?«, fragte ich verständnislos.
    »Nichts. Sorry.« Leon rieb sich mit dem Geschirrtuch über die Stirn und schlenkerte dabei die Sonnenbrille herunter. Er fing sie auf. »Okay«, sagte er. »Dein Handy holen wir später, mach dir keine Sorgen. Ich kümmere mich jetzt um David. Du bleibst am besten hier, denn hier vermutet dich keiner. Guck aus dem Fenster, dann sieht du, wenn Alex oder jemand anders sich dem Boot nähert.«
    »Und was mach ich dann?« Ich wollte nicht, dass Leon mich allein ließ.
    »Dann schiebst du den Riegel hier vor und verhältst dich ganz still. Hier kann keiner rein.«
    »Rufst du die Polizei an?«
    Er nickte. »Mach ich. Und ich guck dabei gleich mal, ob ich Alex finde.« Er biss sich nachdenklich auf die Lippe. Bleib du nur schön hier drin, verstanden?«
    Ich nickte.
    »Und setz dich. Dein Fußverband geht schon wieder ab.«
    Ich sah nach unten. Tatsächlich. Das hatte ich gar nicht gemerkt. Es tat auch nicht weh, ich war viel zu aufgeregt, um daran zu denken. Mein ganzer Körper stand unter Strom. Ich war so froh, dass Leon hier war und mir half. Nicht auszudenken, wenn ich ganz alleine hier gewesen wäre. Ich holte tief Luft. »Okay«, sagte ich und versuchte ein Lächeln.
    Er zwinkerte mir zu, klopfte mir kurz auf die Schulter, schnappte sein Handy und ging hinaus. Ich sahihm nach, wie er durch das Gras ging. Er sprach jetzt in sein Handy. Erleichtert schloss ich die Augen. Mein Hals brannte und ich merkte erst jetzt, wie durstig ich war. Ich ging in Leons Küchenbereich und suchte ein Glas. Im Küchenschrank fand ich nur altmodische Kaffeetassen mit Blümchenmuster. Passte gar nicht zu Leon, wahrscheinlich waren das Erbstücke. Daneben lagen zusammengeknüllt und reingestopft lauter Spitzendeckchen und Tischdecken. Wahrscheinlich hatte Leons Frau so einen miesen Geschmack und er räumte alles weg, wenn er allein hier war. Mein Vater schob auch immer entnervt alle Blumenvasen zur Seite, die meine Mutter aufstellte. Ich griff tiefer in den Schrank, denn hinten konnte ich zwei Gläser stehen sehen. Etwas flutschte an meiner Hand vorbei und fiel heraus. Eine Glückwunschkarte an eine gewisse Erika, mit besten Grüßen zum 58.   Geburtstag. Leons Mutter? Ich schob die Karte wieder in den Schrank und füllte das Glas mit Wasser. Ich kippte es in einem Zug hinunter und lauschte. Von irgendwoher kam ein lautes Kratzen. Meine Fingerspitzen wurden ganz kalt. War da jemand? Ich sah aus dem Fenster, konnte Leon aber nirgends sehen. Was machte der so lange? Sollte ich doch lieber mit rausgehen und bei David bleiben? Oder sollte ich den Riegel vorschieben? Es kratzte wieder. Das kam von draußen, von der Seite des Sees. Wahrscheinlich nur ein Stock, der im Wasser trieb und gegen das Boot schlug. Es war stickighier drin, aber ich traute mich nicht, das Fenster zu öffnen. Sollte ich den Ventilator anmachen? Oder würde das Geräusch verraten, dass ich hier drin war? Mein Blick fiel auf den Blätterstapel mit Leons Roman. So ein Mist, dass er keinen Computer mit Internet hatte. Ich lauschte wieder. Das Kratzen hatte aufgehört, aber von Leon war auch nichts zu hören. Ich setzte mich in den kleinen Sessel neben Leons Zettelkram. Ein Blatt hing heraus und ich schob es wieder in den Stapel. Dabei blieb mein Blick an einem Absatz hängen:
     
    Jetzt kann es losgehen. Ihre Augen sind so weit aufgerissen, dass sie fast das Gesicht sprengen. Ich lächele sie an. Wir haben Zeit. Leider kann sie nicht zurücklächeln, denn ich habe ihr vorhin den Mund zukleben müssen. Dem ungezogenen Mädchen. Warum hat sie auch so geschrien? Dabei war das noch gar nichts. Ich habe ihr nur alle meine Schätze gezeigt, mit denen wir so viel Spaß haben werden. Das Skalpell stammt noch von meinem Großvater, eine Antiquität. Aber das dumme Gör wusste das gar nicht zu schätzen. Hat gequiekt wie ein kleines Schwein. Ich nehme . . .
     
    Entsetzt fuhr ich zurück.
Das
war Leons Krimi?
    Ich wünschte augenblicklich, ich hätte das nicht gelesen. Wie konnte jemand so was schreiben? Mir war zwar klar, dass die

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