Todesbraeute
hieß. Mit einem freundlichen Lächeln blickte die Frau von ihrem Computer auf. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich möchte zu Agent Daniel Vartanian.« Alex hob das Kinn.
Das Lächeln der Blonden verblasste. »Haben Sie einen Termin?«
»Nein. Aber es ist wichtig. Es geht um einen Zeitungsartikel.« Sie zog die Dutton Review aus ihrer Umhängetasche, und die Augen der Frau schienen vor Wut zu funkeln. »Agent Vartanian hat dazu nichts zu sagen. Wenn Sie von der Presse sind ...«
»Ich bin keine Reporterin, und ich will auch nichts über Agent Vartanian wissen«, unterbrach Alex sie. »Es geht um die Ermittlung.« Sie schluckte, entsetzt, dass ihre Stimme brach. »Ich glaube, dass das Opfer meine Stiefschwester ist.«
Die Miene der Frau veränderte sich augenblicklich, und sie sprang von ihrem Stuhl auf. »Es tut mir so leid. Ich hatte angenommen, dass Sie ... Wie heißen Sie, Ma'am?« »Alex Fallon. Meine Stiefschwester heißt Bailey Crighton. Sie ist vor zwei Tagen verschwunden.« »Ich sage Agent Vartanian sofort Bescheid, Miss Fallon. Bitte setzen Sie sich.« Sie deutete auf eine Reihe Plastikstühle und griff nach dem Telefon. »Er wird gleich bei Ihnen sein.«
Alex war zu nervös, um sich zu setzen. Unruhig ging sie auf und ab und betrachtete die Kinderzeichnungen von Polizisten, Dieben und Gefängniszellen, die an der Wand hingen. Wieder musste Alex an Hope und den roten Stift denken. Was mochte die Kleine gesehen haben? Und kannst du damit umgehen, wenn du es weißt? Sie blieb wie angewurzelt stehen. Der Gedanke traf sie völlig unvorbereitet. Konnte sie damit umgehen? Konnte sie die Wahrheit ertragen? Um Hopes willen musste sie es. Das Kind hatte niemanden mehr. Also musst du diesmal damit fertig werden, Alex. Und bisher hatte sie es wohl noch nicht allzu gut gemacht.
In der vergangenen Nacht hatte sie wieder den Traum gehabt, war schweißgebadet und laut schreiend aufgeschreckt. Zum Glück war Hope davon nicht aufgewacht. Ob die Kleine auch träumte? Und was mochte sie in ihren Träumen heimsuchen?
»Miss Fallon? Ich bin Special Agent Daniel Vartanian.« Die Stimme klang tief, ruhig und voll. Jetzt ist es so weit. Er sagt dir, dass es Bailey ist. Kannst du damit umgehen? Sie wandte sich langsam um und hatte für einen Sekundenbruchteil Zeit, in sein kantiges, attraktives Gesicht mit der breiten Stirn, dem ernsten Mund und den unfassbar blauen Augen zu blicken. Dann, plötzlich, weiteten sich diese Augen, und Alex sah, wie sein Blick flackerte, während gleichzeitig alle Farbe aus seinem Gesicht wich. Also war es Bailey. Alex presste die Lippen aufeinander und kämpfte gegen das Bedürfnis an, sich auf einen Stuhl sinken zu lassen. Sie hatte schließlich gewusst, dass es so kommen konnte. Dennoch. Sie hatte so sehr gehofft ... »Agent Vartanian«, sagte sie tonlos. »Ist diese Frau meine Stiefschwester?«
Er starrte sie an, während das Blut langsam in sein Gesicht zurückkehrte. »Bitte«, sagte er und klang nun gepresst. Er streckte den Arm aus, um ihr zu bedeuten, voranzugehen. Alex hatte Mühe, sich in Bewegung zu setzen. »Mein Büro ist dort. Durch die Tür und dann links.« Der Raum war karg eingerichtet. Die üblichen nichtssagenden Möbel. Karten an der Wand, ein paar Gedenktafeln. Keine Bilder. Sie ließ sich auf dem Stuhl nieder, den er ihr anbot, während er sich hinter seinen Tisch setzte. »Ich muss mich entschuldigen, Miss Fallon. Sie sehen jemandem sehr ähnlich, und ich war ... einen Moment aus der Bahn geworfen. Bitte erzählen Sie mir etwas über Ihre Stiefschwester. Miss Smithson sagte, ihr Name sei Bailey Crighton, und sie würde seit zwei Tagen vermisst.« Er blickte sie so eindringlich an, dass sie nicht wusste, was sie tun sollte. Also erwiderte sie einfach seinen Blick und stellte fest, dass es ihr half, sich zu konzentrieren. »Am Freitagmorgen habe ich einen Anruf vom Sozialamt bekommen. Bailey ist nicht zur Arbeit gekommen, und eine Kollegin fand ihre kleine Tochter allein zu Hause.« »Sie sind also hergekommen, um sich der Tochter anzunehmen?«
Alex nickte. »Ja. Ihr Name ist Hope. Sie ist vier. Ich habe versucht, mit dem Sheriff in Dutton zu reden, aber er meinte, Bailey sei wahrscheinlich nur untergetaucht.« Sein Kiefer verspannte sich so leicht, dass es ihr entgangen wäre, hätte sie ihn nicht unentwegt angesehen. »Sie hat also in Dutton gewohnt?« »Ja. Ihr ganzes Leben schon.« »Aha. Können Sie sie beschreiben, Miss Fallon?« Alex verschränkte die Hände in
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