Todesbraeute
Ihre unlackierten Nägel hatten tiefe Kerben in der Handfläche hinterlassen. Sanft strich er mit seinem Daumen darüber. »Und wenn Bailey nie wieder auftaucht?«, murmelte er. Sie blickte auf ihre Hand, die in seiner lag, dann sah sie wieder in seine Augen, und ihr Blick löste eine Kettenreaktion in seinem Inneren aus. Plötzlich hatte er das Gefühl, dass es eine Verbindung zwischen ihnen gab, ein Band, eine Anziehungskraft, die er in dieser Form nie zuvor erlebt hatte. »Dann wird Hope mein Kind werden und muss nie wieder Angst haben oder allein sein«, antwortete sie ruhig, aber bestimmt, und er hatte keinerlei Zweifel, dass sie ihr Wort halten würde.
Er wusste selbst nicht, wieso, aber er musste schlucken.
»Ich hoffe, Sie finden einen Abschluss, Miss Fallon.«
Die harte Linie um ihren Mund ließ etwas nach, aber sie lächelte noch immer nicht. »Danke.«
Er hielt ihre Hand noch ein paar Sekunden fest, dann ließ er sie los, als Felicity zurückkehrte.
Die Medizinerin sah von Daniel zu Alex, und ihre Augen verengten sich leicht. »Wir sind so weit, Miss Fallon. Aber wir werden Ihnen ihr Gesicht nicht zeigen, einverstanden?«
Alex Fallon nickte. »Ich verstehe.«
Felicity zog den Vorhang zu zwei Dritteln auf. Dahinter erschien der Raum, in dem sich das Opfer und Malcolm Zuckerman befanden. Felicity beugte sich über das Mikrofon. »Fangen wir an.«
Malcolm schlug das Tuch auf, so dass man die rechte Seite der Leiche sehen konnte.
»Agent Vartanian meinte, Ihre Stiefschwester habe eine Tätowierung gehabt«, sagte Felicity. »Aber es gibt keine Anzeichen, dass jemals eine da gewesen ist.« Alex nickte wieder. »Danke. Kann ich die Innenseiten ihrer Arme sehen?«
»Wir haben auch keine vernarbten oder frischen Einstichwunden entdeckt«, fuhr Felicity fort, als Malcolm den Arm zu ihr gedreht hatte.
Endlich entspannten sich Alex' Schultern ein wenig, und sie begann sichtlich zu zittern. »Das ist nicht Bailey.« Sie begegnete Daniels Blick und sah eine Mischung aus Mitgefühl, Erleichterung und Bedauern in seinen Augen. »Und Sie haben immer noch ein nicht identifiziertes Opfer. Das tut mir leid.«
Er lächelte traurig. »Aber ich bin froh, dass es nicht Ihre Stiefschwester ist.«
Felicity zog den Vorhang wieder vor. »Ich fange gleich mit der Autopsie an. Soll ich auf Sie warten, Daniel?« »Wenn es keine Umstände macht, ja. Danke, Doc.« Als Felicity fort war, stand er auf und schob die Hände in die Taschen.
Alex Fallon zitterte immer noch, und er war versucht, sie in die Arme zu ziehen und festzuhalten, bis sie sich wieder beruhigt hatte. »Geht es Ihnen gut, Miss Fallon?« Sie deutete ein Nicken an. »Aber ich mache mir immer noch Sorgen um Bailey.«
Er wusste, was sie damit sagen wollte. »Ich kann Ihnen bei Ihrer Suche nach ihr nicht helfen.« Ihr Kopf fuhr hoch. »Warum nicht?« »Weil das GBI Fälle nur auf Anfrage übernimmt. Wir können uns nicht eigenmächtig in die Arbeit der lokalen Behörden einmischen.«
Ihr Blick wurde kalt. »Ich verstehe. Nun, können Sie mir dann vielleicht sagen, wie ich nach Peachtree und Pine komme?«
Daniel blinzelte überrascht. »Wie bitte?«
»Peachtree und Pine«, wiederholte sie betont. »Sheriff Loomis aus Dutton meinte, ich solle mich dort nach Bailey umsehen.«
Verdammt noch mal, Frank, dachte Daniel. Das war unsensibel und unverantwortlich. »Ich sage es Ihnen gerne, aber Sie hätten mehr Glück nach Einbruch der Dunkelheit, und das würde ich Ihnen nicht empfehlen. Sie sind nicht aus der Gegend und haben keine Ahnung, welche Gassen man besser meidet.«
Sie hob das Kinn. »Ich habe keine große Wahl. Sheriff Loomis will mir nicht helfen, und Sie dürfen nicht.« Er blickte auf seine Schuhe herab, dann wieder auf. »Wenn Sie bis sieben Uhr warten können, fahre ich Sie.« Ihre Augen verengten sich. »Warum?« »Weil ich um sechs Uhr ein Meeting habe, das erst gegen sieben zu Ende sein wird.«
Sie schüttelte den Kopf. »Sie missverstehen mich absichtlich, Agent Vartanian. Warum?«
Er beschloss, ihr ein kleines Stück der Wahrheit zu sagen. »Weil das Opfer so gefunden wurde wie Ihre Schwester damals und weil man die Frau am gleichen Tag getötet hat, an dem auch Ihre Stiefschwester verschwunden ist. Ob wir es hier mit einem Nachahmungstäter zu tun haben oder nicht - ich kann diese Übereinstimmungen nicht einfach ignorieren. Außerdem, Miss Fallon, sind Sie hier in der Gegend. Ist Ihnen noch nicht in den Sinn gekommen, dass auch Sie
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