Todesbraeute
bei Fun-N-Sun«, sagte er. Der Vergnügungspark gab jedem einen Stempel auf die Hand, der gehen und am gleichen Tag noch einmal wiederkommen wollte. »Zwar dürften dort täglich Tausende von Besuchern ein und aus gehen, aber vielleicht haben wir ja Glück.« Felicity legte den Arm der Frau behutsam an ihren Körper. »Oder jemand wird sie letztendlich vermissen«, sagte sie ruhig.
»Dr. Berg?« Eine ihrer Assistentinnen trat mit einem Blatt Papier in der Hand ein. »Die toxikologische Untersuchung des Urins des Opfers hat einhundert Mikrogramm Flunitrazepam ergeben.«
Daniel sah sie stirnrunzelnd an. »Rohypnol? Eine Date-Rape-Droge? Aber das ist doch keine tödliche Dosis, oder?«
»Das reicht noch nicht einmal, um sie umzuhauen. Kaum genug, um ein Testergebnis zu zeigen. Jackie, können Sie den Test wiederholen? Wenn ich vor Gericht aussagen muss, brauche ich eine Bestätigung der Ergebnisse. Ich stelle Ihre Kompetenz nicht in Frage.« Jackie nickte unbekümmert. »Habe ich auch so nicht gesehen. Ich mach's sofort.«
»Er wollte, dass wir die Droge finden, aber nicht, dass die Frau das Bewusstsein verlor«, überlegte Daniel. »Sie sollte wach sein.«
»Und er kennt sich offenbar mit Medikamenten aus. Es ist nicht einfach, so eine niedrige Dosis Flunitrazepam zu erreichen. Auch hier muss er sich einige Mühe gegeben haben.«
»Also ist das Vorhandensein von Rohypnol eine weitere Sache, nach der ich in der Akte von Alicia Tremaine suchen muss. Verdammt, ich brauche diesen Polizeibericht.« Bisher hatte er noch keinen Rückruf von Sheriff Loomis aus Dutton erhalten. So viel zum Thema Kooperation unter Kollegen. Daniel würde nach Dutton fahren und sich den Bericht persönlich abholen müssen. »Danke, Felicity. Hat wie immer Spaß gemacht.«
»Daniel.« Felicity trat vom Tisch zurück und zog nun die Maske ab. »Ich wollte Ihnen noch sagen, dass es mir leidtut mit Ihren Eltern.« Daniel zog die Luft ein. »Danke.«
»Ich wollte zur Beerdigung kommen, aber ...« Ein reuiges Lächeln erschien auf ihren Lippen. »Ich war vor der Kirche, aber ich bin nicht reingegangen. Beerdigungen machen mich depressiv. Ob Sie's mir glauben oder nicht.« Er lächelte. »Ich glaub's Ihnen. Und danke für den Versuch.«
Sie nickte knapp. »Ich habe Malcolm gebeten, den Autopsiebericht von Alicia Tremaine anzufordern, als Miss Fallon weg war. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn wir ihn haben.«
»Und noch mal danke.« Er ging und spürte ihren Blick im Rücken.
Atlanta, Montag, 29. Januar, 13.15 Uhr
Als Daniel sein Büro betrat, saß Luke auf seinem Stuhl. Er hatte einen Laptop auf dem Schoß, und seine Füße lagen auf dem Tisch.
Er blickte auf, sah Daniels Miene und zuckte die Achseln. »Du machst es mir verdammt schwer, Mama anzulügen, Daniel. Ich kann ihr ja sagen, dass mit dir alles in Ordnung ist, aber die Ringe unter deinen Augen erzählen etwas anderes.«
Daniel hängte seine Jacke hinter die Tür. »Hast du keinen Job?«
»Hey, ich arbeite doch.« Luke hielt den Laptop hoch. »Ich überprüfe gerade die Kiste vom Chef. Sie läuft >verwanzt<.« Er zeichnete Gänsefüßchen in die Luft und grinste, aber Daniel hörte die Anspannung in seiner Stimme. Er setzte sich an den Tisch und betrachtete seinen Freund genauer. Luke hatte keine dunklen Ringe unter den Augen, aber in ihnen lag eine erschreckende Trostlosigkeit, die er meistens überspielen konnte. Heute nicht. »Schlechten Tag gehabt?«
Lukes Lächeln verschwand, er schloss die Augen und schluckte hörbar. »Ja.« Luke arbeitete in der Abteilung Internetverbrechen, und seit einem Jahr lag sein Schwerpunkt auf Kinderpornographie. Daniel wusste, dass ihm jede grausige Autopsie lieber war als ein Blick auf die Bilder, mit denen sich Luke beinahe jeden Tag auseinandersetzen musste. Luke atmete tief durch, schlug die Augen auf und hatte sich wieder im Griff, auch wenn von Gelassenheit keine Rede sein konnte.
Aber gab es überhaupt einen Cop, der Verbrechen gelassen gegenüberstand?
»Ich brauchte einfach eine Pause«, sagte Luke, und Daniel nickte.
»Ich bin eben im Leichenschauhaus gewesen. Meine Jane Doe war am Donnerstag bei Fun-N-Sun und spielt Geige.« »Na ja, die Geige könnte die Suche etwas eingrenzen. Ich habe dir etwas mitgebracht.« Er zog einen dicken Packen Papier aus seiner Laptop-Tasche. »Ich habe noch einmal nach Alicia Tremaine geforscht und all diese Artikel hier gefunden. Sie hat eine Zwillingsschwester.« »Ich weiß«, sagte Daniel
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