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Todesbraeute

Todesbraeute

Titel: Todesbraeute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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fehlten nur noch der Poncho und die richtige Musik. Als er letzte Woche hier gewesen war, hatte er sich beim Bestatter, auf dem Friedhof und im Haus seiner Eltern aufgehalten. Mit Ausnahme der Beerdigung hatte er sich nicht in der Öffentlichkeit gezeigt.
    Ganz im Gegenteil zu jetzt. Er hielt den Kopf erhoben und begegnete jedem Blick. Die meisten Menschen, die ihn anstarrten, kannte er. Alle waren sichtlich gealtert, aber es war lange her, dass er sie zum letzten Mal gesehen hatte. Vor elf Jahren hatte er sich mit seinem Vater wegen der Fotos überworfen und Dutton ein für alle Mal verlassen, aber im Grunde genommen hatte er sich schon sieben Jahre zuvor verabschiedet, um aufs College zu gehen. Und in all den Jahren war er ein anderer Mensch geworden. Duttons Hauptstraße war allerdings dieselbe geblieben. Bäckerei, Blumenladen, Herrenfriseur, vor dem drei alte Männer auf einer Bank saßen. Seit sich Daniel erinnern konnte, hatten immer drei alte Männer auf der Bank vor dem Friseur gesessen. Wenn einer in die ewigen Jagdgründe einging, übernahm ein anderer seinen Platz. Daniel hatte sich schon oft gefragt, ob es eine Art Warteliste für diese Bank gab. Gewundert hätte es ihn nicht. Aber dass einer der alten Männer nun aufstand, erstaunte ihn sehr. Er konnte sich nicht erinnern, das je zuvor erlebt zu haben. Der Mann stützte sich auf seinen Stock und sah Daniel an. »Daniel Vartanian.«
    Daniel erkannte die Stimme augenblicklich und hätte am liebsten über sich gelacht, als er unwillkürlich die Schultern straffte und Haltung annahm. Interessant, was sein alter Englischlehrer noch heute für eine Wirkung auf ihn hatte. »Mr. Grant.«
    Der buschige Schnurrbart des Alten hob sich an einer Seite. »Du erinnerst dich also noch.«
    Daniel sah ihm in die Augen. »>Tod, sei nicht stolz, hast keinen Grund dazu, bist gar nicht mächtig stark, wie mancher spricht.<« Seltsam, dass ihm ausgerechnet dieses Zitat seiner Schulzeit als Erstes in den Sinn kam. Doch dann fiel ihm wieder die Frau im Graben ein, die noch immer nicht identifiziert worden war. Wohl doch nicht so seltsam. Nun hob sich auch die andere Schnurrbartseite, und Grant neigte anerkennend den Kopf. »John Donne. Damals einer deiner Lieblingsdichter, wenn ich mich richtig erinnere.« »Heute allerdings weniger. Vielleicht habe ich zu viel vom Tod gesehen.«
    »Davon kann man wohl ausgehen, Daniel. Wir alle bedauern den Tod deiner Eltern sehr.« »Danke. Es war für uns alle eine schwierige Zeit.« »Ich bin bei der Beerdigung gewesen. Susannah sah sehr blass aus.«
    Daniel musste schlucken. Das war eine glatte Untertreibung. Aber sie hatte gute Gründe dafür gehabt. »Sie schafft das schon.«
    »Natürlich. Deine Eltern haben anständige und gute Kinder großgezogen.« Grant zog ein Gesicht, als ihm bewusst wurde, was er gesagt hatte. »Verflucht. Du weißt, was ich meine.«
    Zu seiner eigenen Überraschung musste Daniel lächeln. »Ja, Sir, das weiß ich.«
    »Dieser Simon war immer eine seltsame Brut.« Grant beugte sich vor und senkte die Stimme, obwohl Daniel wusste, dass die halbe Stadt sie beobachtete. »Ich habe in der Zeitung gelesen, was du getan hast, Daniel. Das war mutig. Und, mein Sohn, ich bin stolz auf dich.« Daniels Lächeln verblasste, und er musste wieder schlucken. Seine Augen brannten. »Danke.« Er räusperte sich. »Wie ich sehe, haben Sie einen Platz auf der Bank ergattert.«
    Grant nickte. »Musste nur darauf warten, dass der alte Jeff Orwell den Löffel abgibt.« Er verzog das Gesicht. »Der Bursche hat sich zwei Jahre lang ans Leben geklammert, nur weil er wusste, dass ich warte.«
    Daniel schüttelte den Kopf. »Unglaublich, was sich manche Leute rausnehmen.«
    Grant lächelte. »Jedenfalls ist es schön, dich wiederzusehen, Daniel. Du warst einer meiner besten Schüler.« »Und Sie einer meiner Lieblingslehrer. Sie und Miss Agreen.« Er zog die Brauen hoch. »Sind Sie beide noch immer verbandelt?«
    Grant hustete, bis Daniel befürchtete, einen Notarzt rufen zu müssen. »Das wusstest du?«
    »Jeder wusste das, Mr. Grant. Und ich habe geglaubt, das wäre Ihnen klar, würde Sie aber nicht kümmern.« Grant senkte den Kopf. »Und da denken die Leute immer, ihre Geheimnisse wären sicher«, murmelte er so leise, dass Daniel ihn beinahe nicht verstanden hätte. »Narren, allesamt.« Dann flüsterte er an Daniel gewandt: »Mach nichts Dummes, Junge.« Er hob den Kopf, und das Lächeln war zurück. Lauter fuhr er fort: »Wie

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