Todesbraeute
Dank für alles«, rief sie, als sie die Treppe hinauf zur Straße lief und den Parkwächter suchte.
Atlanta, Dienstag, 30. Januar, 13.00 Uhr
»Ein einzelnes Haar, lang und braun.« Felicity Berg hielt eine kleine Plastiktüte hoch, in der das Haar aufgerollt wie ein dünnes Lasso zu sehen war. »Er wollte garantiert, dass wir es finden.«
Daniel ging in die Hocke, um sich den Zeh des Opfers anzusehen. »Er hat also erst das Haar um den Zeh gewickelt, dann den Schlüssel darüber festgebunden.« Er stand auf und schloss kurz die Augen. Die Kopfschmerzen wurden immer stärker. »Also muss es wichtig sein. Männlich oder weiblich?«
»Eher weiblich. Und er war so ausgesprochen freundlich, uns ein Haar mitsamt Follikel zu überlassen, so dass wir mit der DNS-Bestimmung auch wirklich keine Probleme haben werden.«
»Kann ich es mal sehen?« Er hielt die Tüte gegen das Licht. »Schwierig, bei nur einem Haar die Farbe festzulegen.«
»Ed kann Ihnen ein Muster der entsprechenden Farbe geben.«
»Was können Sie mir sonst noch über die Frau sagen?« »Anfang zwanzig. Recht frische Maniküre. Baumwollfasern an den Innenseiten der Wangen und Spuren von sexueller Nötigung. Wir testen ihr Blut auf Rohypnol. Ich hab's dringend gemacht. Kommen Sie, schauen Sie sich das einmal an.« Sie drehte die Lampe so, dass das Licht die Kehle der Frau beleuchtete. »Sehen Sie die runden Male am Hals? Sie sind schwach, aber erkennbar.« Er nahm die Lupe, die sie ihm reichte. »Perlen?« »Große. Erwürgt hat er sie nicht damit, dann wären die Male deutlicher gewesen. Ich denke, er hat daran gezogen, um ihr Angst zu machen. Und sehen Sie das? Die kleine Kerbe?«
»Er hat ihr ein Messer an den Hals gehalten.« Felicity nickte. »Und noch etwas. Sie hatte For evermore aufgelegt. Ein Parfüm«, fügte sie hinzu, als Daniel fragend die Brauen zusammenzog. »Höllisch teuer.« Daniel riss die Augen auf. »Und woher wissen Sie das?« »Ich kenne den Duft, weil meine Mutter ihn trägt. Und ich kenne den Preis, weil ich mich vor ihrem letzten Geburtstag danach erkundigt habe.« »Haben Sie es Ihrer Mutter geschenkt?« »Nein. Das lag außerhalb meines Budgets.« Kleine Fältelten erschienen um ihre Augen, und Daniel wusste, dass sie unter der Maske lächelte. »Stattdessen hat sie ein Waffeleisen bekommen.«
Jetzt lächelte auch Daniel. »Das ist doch auch viel nützlicher.« Er gab ihr die Lupe zurück und richtete sich auf. »Perlen und Parfum. Entweder ist diese Frau wohlhabend, oder sie bekommt Geschenke von jemandem, der es ist.«
Sein Handy summte, und ein Blick auf das Display jagte seinen Puls in die Höhe.
Alex reichte dem Parkwächter ihre Karte, als es an ihrem Ohr klingelte. Die Wahlwiederholung hatte Daniel erreicht. »Vartanian.« »Daniel, ich bin's, Alex.«
»Entschuldigen Sie«, hörte sie ihn sagen. »Ich muss es annehmen.« Ein paar Sekunden später war er wieder dran. Und wütend. »Wo bist du gewesen?«, fauchte er. »Ich habe dreimal angerufen.«
»Viermal sogar«, sagte Alex. »Ich war bei dem Besitzer des Friseursalons, in dem Bailey arbeitet. Im Underground. Sie haben Flyer mit Baileys Bild verteilt und bieten eine Belohnung an.«
»Wow. Das nennt man Eigeninitiative«, sagte er, etwas besänftigt. »Tut mir leid. Ich habe mir Sorgen gemacht.« »Warum? Ist etwas passiert?«
»Eigentlich nicht.« Er senkte die Stimme. »Nur dass wir ... beobachtet worden sind. Gestern Nacht.« »Was?« Alex verließ den Gehweg. »Das ist ja -« Weiter kam sie nicht. Sie hörte das Quietschen von Reifen und einen lauten Ruf. Dann Schreie und ihr eigenes Grunzen, als jemand sie von hinten rammte und auf den Bürgersteig stieß. Sie schlug auf dem Beton auf und schrammte auf Händen und Knien über den Boden. Die Zeit schien stehengeblieben, als sie, noch immer auf Händen und Knien, den Kopf hob. Gedämpfte Geräusche, Stimmen und das Gesicht eines Fremden in ihrem Blickfeld. Seine Lippen bewegten sich, und sie blinzelte, während sie versuchte, ihn zu verstehen. Leute packten ihre Arme und halfen ihr auf. Jemand reichte ihr ihre Umhängetasche.
Betäubt blickte sich Alex um und sah, wie der Parkwächter mit leichenblassem Gesicht aus ihrem Mietwagen sprang. »Was ist passiert?«, fragte Alex, und ihre Stimme klang schrill. Dann gaben ihre Knie nach. »Ich muss mich setzen.«
Die Hände, die sie stützten, führten sie zu einem großen Blumentopf aus Zement, und sie ließ sich behutsam auf der Kante nieder. Ein
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