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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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jetzt ganz andere Probleme, und vermutlich versuchte ihr Verstand, die wahren Schwierigkeiten zu ignorieren, in denen sie steckte. Denn die Leute, die es auf Obsidian abgesehen hatten, waren nach wie vor da draußen. Falls sie zuvor in Gefahr gewesen war, dann war sie es höchstwahrscheinlich immer noch. Aber da sie keine Ahnung hatte, was sie dagegen tun sollte, machte sie sich Gedanken über Dinge, die weit weniger wichtig waren.
    Das Taxi hielt auf der Lexington Street vor einem schmalen, von Bäumen beschatteten Haus, in dem sie eine Souterrainwohnung hatte. Sie fühlte sich wohl auf der Lexington, die nur vier Blocks lang und kaum befahren war. Als Fußgänger war man eher durch die Tretroller und Fahrräder der zahlreichen Kinder, die hier lebten, gefährdet als durch Autos oder Lastwagen.
    Sie bezahlte den Fahrer und stieg aus. Sie war höchstens vierundzwanzig Stunden weg gewesen, und trotzdem kam ihr die tröstliche, vertraute Umgebung völlig unwirklich vor.
    Sie trat auf den Plattenweg Richtung Haustür. Ein Mann rief vom Bürgersteig aus. »Entschuldigen Sie, Miss?«
    Sie wandte sich um, überrascht, weil sie niemanden bemerkt hatte, als sie aus dem Taxi gestiegen war. Die Überraschung verwandelte sich in Beunruhigung. Was, wenn die rausgefunden hatten, wo sie wohnte? Ben hatte gesagt, das sei ein Kinderspiel. Vielleicht hatten sie ihr hier aufgelauert.
    Doch der Mann, ein schlanker Asiate mit Sonnenbrille und einem grünen Fleecepullover, blieb auf höflicher Distanz. Er sagte: »Ich möchte nach San Jose, nehme ich da besser die I-101 oder die I-280?«
    Reflexartig fing ihr Verstand an, über das Problem nachzudenken, das Für und Wider beider Strecken abzuwägen. »Na ja«, sagte sie, »kommt drauf an, wohin Sie in San Jose wollen.«
    Irgendetwas kam ihr plötzlich falsch vor. Wieso sollte ihr ein Fußgänger so eine Frage stellen?
    Weil du dich gedanklich damit befassen sollst. Weil es dich ablenken soll von –
    Sie spürte einen Stich hinten am Hals. Sie schlug mit einer Hand auf die Stelle und schrie auf. Irgendetwas steckte in ihrem Hals. Sie wollte sich umdrehen, doch starke Hände packten sie an den Schultern. Sie wehrte sich, und die Welt geriet irgendwie ins Taumeln. Von irgendwo hörte sie eine Tür – ein Van? – aufgleiten, und das Letzte, was sie sah, ehe alles grau wurde, war, dass der Mann mit der Sonnenbrille und dem Fleecepullover rasch und zielstrebig auf sie zuschritt.

30 Schon immer
    Alex lag zu Hause im Bett, hatte aber die Augen weit geöffnet. Normalerweise schlief er tagsüber nie, aber er war im Hotel die ganze Nacht über auf gewesen und musste dringend ein paar Stunden Schlaf nachholen.
    Er hatte rings um das Haus nach Spuren der Geschehnisse in der Nacht zuvor gesucht. Und er war fündig geworden, im Garten: Der Holzstapel war umgekippt, und nicht weit davon entfernt war das Gras niedergetrampelt und rutschig von irgendwas Dunklem und Klebrigem, das er auf Anhieb als Blut erkannte. Eine Spur flachgedrücktes Gras führte zum Zaun, und er stellte sich vor, wie Ben eine Leiche dorthin geschleift hatte. Es war wirklich passiert. Ben hatte wirklich jemanden in ihrem Garten getötet. Die Gewalttat war vorbei, dennoch jagten ihre sichtbaren Spuren ihm Panik ein. Er hatte das Holz wieder gestapelt und das blutige Gras mit dem Gartenschlauch abgespritzt und sich dabei vorgestellt, wie er die Sache Gamez erklären würde, wenn dieser ihn in dem fensterlosen Raum auf dem Präsidium erneut verhörte. »Blut? Ich hab kein Blut gesehen. Der Rasen brauchte bloß Wasser. Klar hab ich einen Sprenger, aber manchmal mach ich das gern selbst mit dem Schlauch …«
    Schließlich fielen ihm vor Müdigkeit die Augen zu, und seine Gedanken wurden von Bildern verdrängt. Er war wieder im Garten, doch er war jetzt ein Kind und sah seinem Vater beim Rasensprengen zu. Katie warf eine Frisbeescheibe in Richtung des Hundes. Irgendwo klingelte ein Telefon …
    Er fuhr hoch. Das Telefon. Es war kein Traum. Mist, er hätte das verdammte Ding ausstöpseln sollen. Er griff nach dem Mobilteil. »Hallo?«
    »Alex, ich bin’s.«
    Ben.
Ein unangenehmer Adrenalinstoß durchfuhr ihn. Er zögerte, sagte dann: »Lass mich in Ruhe.«
    »Alex –«
    Er legte das Telefon zurück auf die Station und schloss wieder die Augen. Eine Sekunde später klingelte das Telefon erneut. Er ignorierte es. Es klingelte noch dreimal, dann hörte es auf.
    Der Trick, sagte er sich, war der, so zu tun, als sei Ben tot. Ihn nicht zu

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