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Todescode

Todescode

Titel: Todescode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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seines Kalibers investiert, und wozu hatte man einen Kampfhund, wenn man ihn nicht ab und an von der Leine ließ?
    »Ich glaube, er war vom FSB «, sagte Ben. Der FSB ,
Federalnaja Sluschba Besopasnosti
, war der russische Nachfolger des sowjetischen KGB .
    »Ich hoffe nicht«, sagte Hort. »Die Typen sind wie die Mafia. Ach was, die
sind
die Mafia, bei den ganzen ehemaligen KGB -Silowiki, die noch im Amt sind.«
    »Was haben Sie vor?«
    »Ich seh mal zu, was ich rausfinden kann. Aber keine Sorge, selbst wenn er vom FSB war, ist damit nicht unbedingt klar, wer hinter der Operation steckt. Die anderen beiden hatten jede Menge Feinde.«
    Die Feinde, die Hort meinte, waren die Israelis. Während Ben in Istanbul war, hatte er sogar Essen zu sich genommen, das direkt aus Israel kam. Falls die Operation schiefgegangen und er getötet worden wäre oder falls er gefangen genommen worden wäre und er die Cyanidpille geschluckt hätte, die er immer dabei hatte, wäre er obduziert und sein Mageninhalt analysiert worden. Das Ergebnis hätte dann auf Israel hingedeutet. Das JSOC hatte außerdem noch ein paar andere falsche Fährten gelegt, nichts allzu Auffälliges. Nicht gerade nett, einem Freund so mitzuspielen, aber die Israelis waren Realisten und hätten Verständnis dafür. Überhaupt, was könnte Russland Israel großartig antun, was es ihm nicht bereits antat? Waffen an Damaskus verkaufen? Kernbrennstoff an Teheran liefern? Und was konnte der Iran Israel antun? Die Hisbollah unterstützen? Noch eine argentinische Synagoge in die Luft jagen? Ja, einen Vorteil hatten die Israelis immerhin: Klarheit. Ihre Feinde konnten sie nicht noch mehr hassen, als sie es bereits taten. Ben wünschte, die USA wären gleichermaßen klarsichtig. Was hatte Caligula noch mal gesagt?
Oderint dum metuant.
Mögen sie hassen, wenn sie nur fürchten.
    Er kehrte zurück auf sein Zimmer, um wieder einmal zu warten. Er ging nicht viel nach draußen. Es gab Phasen in seinem Leben, wo er tagelang mit keiner Menschenseele sprach, wo die ganze Welt auf die Dimensionen der Wände um ihn herum zusammenschrumpfte. Manchmal zog er sich so radikal in sich zurück, dass nur das Summen seines Pagers ihn aus dem Zustand rausreißen konnte.
    Er dachte über Hass nach. Amerika wurde im Ausland gehasst, zugegeben, aber es wurde auch ganz gut verstanden. Ja, dachte er, Ausländer verstanden Amerikaner sogar besser als Amerikaner sich selbst. Amerikaner hielten sich für gutmütige friedliebende Menschen. Aber gutmütige friedliebende Menschen überquerten keine Ozeane, um zu neuen Kontinenten zu gelangen, löschten nicht die einheimische Bevölkerung aus, vertrieben nicht andere ausländische Mächte, eroberten nicht souveränes Hoheitsgebiet, gewannen keine Weltkriege und breiteten sich nicht kaum zwei Jahrhunderte nach ihrer Geburt über den ganzen Planeten aus. Und all das war den gutmütigen friedliebenden Menschen einfach so passiert.
    Diese Kombination aus freundlichem Selbstbild und brutaler Wahrheit machte Amerikaner so gefährlich. Wenn du dich nämlich mit so einem Volk anlegtest, das sich nur als harmlos sehen konnte, als Verkörperung all dessen, was gut auf der Welt war, reagierte es nicht nur mit Verärgerung, sondern mit alttestamentarischem moralischen Zorn. Wer so verdorben war, solche Engel anzugreifen, verwirkte Ansprüche auf Völkerrecht, Verhältnismäßigkeit, selbst elementare Gnade.
    Ja, Ausländer hassten die amerikanische Heuchelei. Das war in Ordnung, solange sie sie auch fürchteten.
Oderint dum metuant.
    Zugegeben, die Furcht hatte auch Nachteile. Nachdem die USA Saddam Hussein unschädlich gemacht hatten, war jedem zweitklassigen Amerikafeind da draußen klargeworden, dass er eine Versicherungspolice brauchte. Wenn nämlich Saddam ein paar Atomwaffen gehabt und den Irrsinn oder auch nur die minimale Bereitschaft bewiesen hätte, sie im Falle eines Angriffs auch einzusetzen – und wer würde gegen einen Typen wetten, der gegen sein eigenes Volk Giftgas eingesetzt hatte? –, dann hätten die USA sich mit Sicherheit zurückgehalten. Die Iraner verstanden das. Das war mit ein Grund, warum sie selbst unbedingt eigene Atomwaffen bauen wollten.
    Er grinste. Tja, einen kleinen Rückschlag hatten sie eben erst einstecken müssen, nicht wahr?
    Doch mit dem Ausschalten der Wissenschaftler ließ sich nur etwas Zeit gewinnen. Amerika war die weltweit reichste, am stärksten vernetzte, technologisch fortschrittlichste Nation, die über eine

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