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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sichtlich zu genießen, und sie behauptete, selbst Kleinigkeiten wie ein tropfender Wasserhahn oder eine Laufmasche seien für sie >traumatisch<. Für Val war eine Erkältung oder ein abgebrochener Fingernagel ein Drama, ja eine Tragödie, aber dafür bereiteten ihr die kleinen Schicksalsschläge, die diese Reaktion in ihr auslösten, nie wirklichen Ärger oder Depressio nen; sie genoß es einfah, die Heldin ihrer eigenen Seifenoper zu sein, ihr Leben zu dramatisieren und es damit für sich selbst farbenfroher zu machen. Wenn sie hier und da kein Trauma hatte, das ihren Tag erhellte, dann begnügte sie sich auch mit den Problemen ihrer Freunde und nahm sie auf sich, als wäre sie eine Kombination von Dear Abby und Atlas mit der Welt auf ihren Schultern. Aber sie meinte es gut und verstand Spaß, war ehrlich und arbeitete hart. Jetzt war Val, zu Christines Überraschung, empfindsam genug, um nicht näher auf die verrückte Frau und die Bedrohung von Joeys Le ben einzugehen; sie hielt den Mund, obwohl es ohne Zweifel tausend nagende Fragen gab, die an ihr zehrten.
    Um fünf Uhr erschien Charlie Harrison mit Joey und zwei Männern, die so aussahen, als wären sie auf dem Weg in ein Filmstudio, um sich dort um eine Rolle im nächsten Herkules-Film zu bewerben. Das waren die Leibwächter, die so lange Dienst tun sollten, bis das nächste Team sie um Mitternacht ablöste.
    Der erste war Pete Lockburn, einen Meter achtundachtzig groß, mit lockigem blondem Haar, einem ernsten Gesicht und wachsamen Augen. Die Schultern seines Jacketts sahen aus, als wären sie mit zwei Eisenbahnschwellen ausgepolstert, aber in Wirklichkeit steckten nur Bizepse darunter. Der andere war Frank Reuther, ein Schwarzer, ebenso gefährlich aussehend wie Lockburn und Besitzer der größten Hände, die Christine je gesehen hatte. Lockburn und Reuther trugen beide Anzug und Krawatte und wirkten eher ruhig und höflich, und trotzdem würde man sie nie für Baptistenprediger oder Pazifisten oder Mitarbeiter einer Werbeagentur halten. Sie sahen so aus, als würden sie sich auf Ringkämpfe mit Gris lybären einlassen und ausgewachsene Eichen in Stücke bre chen, nur um in Form zu bleiben.
    Val starrte sie erstaunt an, und ein besorgter Blick zog über ihr Gesicht, als sie sich Christine zuwandte. »Oh, Chris, Baby, hör zu, ich glaube, ich hab' das alles gar nicht so richtig kapiert, bis deine Armee hier aufgetaucht ist. Ich meine, das ist wirklich ernst, wie?«
    »Wirklich ernst«, pflichtete Christine ihr bei.
    Die beiden Männer, die Grace für den Einsatz auswählte, waren Pat O'Hara und Kevin Baumberg. O'Hara war Ire, vierundzwanzig Jahre alt, massiv gebaut, etwas übergewichtig und vom katholischen Glauben konvertiert. Baumberg war ein kleiner, stämmiger Mann mit einem dichten schwarzen Bart. Er hatte sein Leben als Jude aufgegeben, dazu eine Familie und ein prosperierendes Juweliergeschäft, und alles das, um Mutter Grace dabei zu helfen, die Welt auf das Zwielicht vorzubereiten, das Erscheinen des Antichrist. Sie hatte sie für das Attentat ausgewählt, weil sie zwei wichtige Dinge symbolisierten: die universale Bedeutung ihrer Botschaft und die Brüderschaft aller guten Menschen als die einzige Macht, die die Chance hatte, das Ende der Welt hinauszuzögern oder gar zu verhindern.
    Ein paar Minuten nach fünf trugen O'Hara und Baumberg ein paar Wäschesäcke aus dem Keller der Kirche in Anaheim. Sie gingen die Betontreppe zum Parkplatz hinauf.
    Die frühe Winternacht, die wie eine riesige schwarze Armada über den Himmel zog, hatte bereits das meiste Licht zum westlichen Horizont vertrieben. Ein paar drohende Wolken waren vom Meer hereingezogen, und die Luft war feucht und kühl.
    O'Hara und Baumberg legten die Wäschesäcke in den Kofferraum einer weißen Chrysler-Limousine, die der Kirche gehörte. Die Säcke enthielten zwei Schrotflinten, zwei Revolver und Munition, die Mutter Grace gesegnet hatte.
    Angespannt, von Angst erfüllt und mit Gedanken befaßt, die die Sterblichkeit zum Inhalt hatten, war keinem der beiden Männer nach Reden zumute. Schweigend fuhren sie aus dem Parkplatz auf die Straße, wo ein neuerwachter Wind plötzlich die Bäume am Randstein zerzauste und trokkene Blätter über den Rinnstein fegte.

16
    Während Tammy mit den letzten Kunden des Tages beschäftigt war, sagte Charlie zu Christine: »Irgendwelche Probleme? Hat jemand Schwierigkeiten gemacht?«
    »Nein. Alles ganz friedlich.«
     
    Henry Rankin fragte: »Was

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