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Todesdämmerung

Todesdämmerung

Titel: Todesdämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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die wäre?«
    »Töte sie«, sagte Boo, ohne zu lächeln.
    »Eines muß man dir lassen: Du bist keiner von diesen weichherzigen Psychiatern, die Massenmördern immer eine zweite Chance geben wollen. Wo hast du dein Examen gemacht - auf Attilas Schule für Gehirnklempner?«
    Es war ihm geradezu ein Bedürfnis, Boo zum Lachen zu bringen. Die düstere Reaktion des Psychiaters auf seine Darstellung des Zusammentreffens mit Grace heute morgen paßte so ganz und gar nicht zu seinem Freund, und Charlie beunruhigte das. Er brauchte etwas, das ihn aufmunterte, jemanden, der ihm sagte, daß es irgendwo eine Chance gab. Boos graugesichtiger Ernst war fast noch beängstigender als Grace Spiveys Toben.
    Aber Boo sagte: »Charlie, du kennst mich. Du weißt, daß ich bei allem Humor haben kann. In gewissen Situationen kann ich sogar über Dementia praecox lachen. Mich amüsieren bestimmte Aspekte des Todes, die Steuerbehörde, Le pra, die amerikanische Politik und der Krebs. Es wird sogar behauptet, daß ich manchmal bei Wiederholungen von Laverne & Shirley gelächelt habe, als meine Enkel darauf bestanden, daß ich sie mir mit ihnen gemeinsam ansehe. Aber an dieser Geschichte finde ich nichts Lächerliches. Du bist ein lieber Freund, Charlie. Ich habe Angst um dich.«
    »Es ist doch nicht wirklich dein Ernst, daß ich sie töten soll.«
    »Ich weiß, daß du nicht zu einem kaltblütigen Mord imstande wärst«, sagte Boothe. »Aber ich fürchte, Grace' Tod ist das einzige, was die Aufmerksamkeit dieses Kults von deinen Klienten ablenken könnte.«
    »Also wäre es hilfreich, wenn ich zum kaltblütigen Mord fähig wäre.«
    »Ja.«
    »Hilfreich, wenn ich wenigstens einen kleinen Killer in mir hätte.«
    »Ja.«
    »Jesus.«
    »Eine schwierige Situation«, pflichtete Boo ihm bei.

35
    Das Haus besaß keine Garage, nur einen gedeckten Abstellplatz, und das bedeutete, daß man sie sehen würde, während sie in den grünen Chevy stiegen. Sandy gefiel das nicht, aber es gab keine andere Wahl, außer so lange im Haus zu bleiben, bis Verstärkung kam, und sein Instinkt sagte ihm, daß das ein Fehler sein würde.
    Er verließ das Haus als erster durch die Seitentür und trat direkt in den offenen Abstellplatz. Das Dach schützte ihn vor dem Regen, der von oben herunterkam, und ein mit Geißblatt bewachsenes Spalier verhinderte, daß es von der Längsseite schräg hereinregnete, aber der eisige Wind trieb den Regen durch das offene Ende des Baues und fegte ihn ihm ins Gesicht.
    Ehe er Christine und Joey ein Zeichen gab, daß sie herauskommen durften, trat er in die Einfahrt, weil er sich vergewissern wollte, daß niemand vor dem Haus lauerte. Er trug einen Mantel, hatte aber keinen Regenschirm bei sich, um die Hände freizuhalten, und der Regen prasselte auf seinen unbedeckten Kopf, peitschte ihm ins Gesicht und rann unter seinen Kragen. Niemand war an der Ein gangstür oder am Weg oder kauerte an einem der Büsche, also rief er der Frau zu, sie solle mit dem Jungen in den Wagen steigen.
    Er ging ein paar Schritte weiter auf der Zufahrt, um die Straße hinauf- und hinunterzublicken, und sah den blauen Dodge. Er parkte eineinhalb Straßen entfernt hügelaufwärts auf der anderen Straßenseite, die Vorderseite nach unten auf das Haus zu gerichtet. In dem Augenblick, in dem er ihn entdeckte, löste sich der Lieferwagen vom Randstein und kam auf ihn zu.
    Sandy sah sich um und stellte fest, daß Christine, die zwei Koffer schleppte und von dem Hund begleitet wurde, gera de den Wagen erreicht hatte, wo der Junge die hintere Tür für sie geöffnet hatte. »Warten Sie!« rief er ihnen zu.
    Er sah wieder auf die Straße. Der Lieferwagen näherte sich jetzt schnell. Verdammt schnell sogar.
    »Ins Haus!« schrie Sandy.
    Die Frau mußte auf einen Zwischenfall vorbereitet gewesen sein, denn sie zögerte keine Sekunden, fragte nicht, was los wäre, sondern ließ einfach die Koffer fallen, packte ihren Sohn und rannte denselben Weg zurück, den sie gekommen war, auf die offene Tür zu, wo jetzt Max stand.
    Der Rest lief in wenigen Sekunden ab, aber der Schrecken verzerrte Sandy Breckensteins Zeitgefühl, so daß ihm die Sekunden wie Minuten vorkamen, die in unerträglich in die Länge gezogener Panik dahinstrichen.
    Zuerst überraschte ihn der Lieferwagen damit, daß er schräg über die Straße schoß und in die Einfahrt des übernächsten, hügelaufwärts gelegenen Hauses bog. Aber er hielt dort nicht an, sondern preschte fast im gleichen Augenblick, in

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