Todesdämmerung
noch leicht, und die feuchte Luft war bedrückend, aber es sah we nigstens nicht mehr so aus, als müßten sie anfangen, eine Arche zu bauen. Der Hund roch die Hamburger, ahnte, daß sie für ihn bestimmt waren, und bestand darauf, gefüttert zu werden, ehe sie zur Garage zurückkehrten. Er würgte die zwei Sandwiches vor dem Restaurant hinunter, und Christine sagte: »Weißt du, er hat sogar dieselben Manieren wie Brandy.«
»Du hast doch immer gesagt, daß Brandy keine Manieren hatte«, erinnerte sich Joey.
»Das meine ich ja.«
Jetzt, wo der Sturm nachzulassen schien, füllten sich die Bürgersteige am Westwood Boulevard mit Studenten der Universität, die zum Abendessen oder ins Kino unterwegs waren, Leuten, die sich zu einem Schaufensterbummel aufgemacht hatten, oder Theaterbesuchern, die noch etwas Zeit totschlugen, ehe sie das Playhouse aufsuchten. Kalifornier sind dem Regen gegenüber sehr intolerant und platzen nach einem solchen Sturm immer gleich wieder ins Freie, was in ihnen eine schier festliche Stimmung erzeugt. Charlie tat es leid, daß sie weitermußten; Westwood Village schien ihm wie eine Oase der Vernunft in einer gestörten Welt.
Das Parkhaus war fast voll gewesen, als sie am Nachmittag angekommen waren, und sie hatten ihren Wagen in der untersten Etage abstellen müssen. Als sie jetzt mit dem Lift hinunterfuhren, waren sie alle besser gestimmt, als sie das noch vor ein paar Stunden für möglich gehalten hätten.
Nichts konnte einen besser davon überzeugen, daß es noch einen Gott im Himmel gab und daß auf der Welt noch alles in Ordnung war, als gutes Essen, ein paar Drinks und ein paar Stunden Herumspazieren auf öffentlichen Straßen, ohne daß jemand auf einen schoß.
Aber es war ein kurzlebiges Gefühl. Es hörte auf, als die Lifttüren sich öffneten.
Von den Lampen unmittelbar vor den Lifttüren brannte keine. In einiger Entfernung zur Linken und zur Rechten leuchteten einige Lampen und ließen Reihen von Fahrzeugen, düstere Betonwände und massive Stützpfeiler erkennen, aber unmittelbar vor dem Lift herrschte Dunkelheit. Wie wahrscheinlich war es, daß gleichzeitig drei oder vier Glühbirnen ausgebrannt waren?
Diese beunruhigende Frage schoß Charlie in dem Augenblick durch den Kopf, als die Türen sich öffneten, und noch ehe er reagieren konnte, begann Chewbacca die Schatten vor den Türen anzubellen. Der Hund war beunruhigend wild, als wäre er von plötzlicher blinder Wut besessen, und doch rannte er nicht aus der Liftkabine, um den Gegenstand seines Zornes zu verfolgen; das war ein sicheres Zeichen dafür, daß dort draußen etwas sehr Schlimmes auf sie wartete.
Charlies Hand tastete nach dem Kontrollknopf des Lifts. Etwas pfiff in die Kabine und schmetterte fünf Zentimeter von Christines Kopf entfernt in die hintere Wand. Eine Ku gel. Sie fetzte ein Loch durch die Metallverkleidung. Das Peitschen des Schusses war beinahe wie ein nachträglicher Einfall.
»Runter!« schrie Charlie und schlug auf den TÜRESCHLIESSEN-Knopf, und ein weiterer Schuß krachte in die Türen, als die sich zuschoben. Er drückte den Knopf für das oberste Stockwerk. Chewbacca bellte immer noch, und Christine schrie, und dann waren die Türen ganz geschlossen, und die Kabine setzte sich wieder nach oben in Bewegung. Charlie glaubte einen letzten vergeblichen Schuß zu hören, als sie aus den Betontiefen nach oben stiegen.
Die Killer hatten nicht damit gerechnet, daß der Hund so schnell und lautstark reagieren würde. Sie hatten erwartet, daß Christine und Joey aus dem Lift kamen, und waren nicht darauf vorbereitet gewesen, ihr Opfer im Inneren der Liftkabine selbst unter Feuer zu nehmen. Sonst wären die Schüsse besser gezielt gewesen, und Joey oder seine Mutter oder beide wären bereits tot.
Wenn sie Glück hatten, waren die Revolvermänner in der untersten Etage der Garage die einzigen hier. Aber wenn sie mit dieser Eventualität gerechnet hatten, mit der Möglichkeit, daß ihr Opfer gewarnt und den Lift nicht verlassen würde, dann konnte es sein, daß sie in den oberen Stockwerken auch welche postiert hatten. Die Kabine konnte in jeder Etage anhalten; dann würden sich die Türen öffnen, und dann wartete vielleicht ein weiteres Killerkomando auf sie.
Aber wie haben sie uns gefunden? fragte Charlie sich verzweifelt, während Christine sich aufrappelte. In Christi Na men, wie?
Er trug immer noch seine Waffe bei sich, die er heute morgen in die Kirche des Zwielichts mitgenommen
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