Todesdrang: Thriller (German Edition)
um Kevin gehabt haben, dachte Dirk. Deswegen war sie in Panik geraten, deswegen hatte sie ihn abgeholt. Dieser miese Psychopath musste ihr damit gedroht haben, Kevin etwas anzutun. Das war die einzig mögliche Schlussfolgerung. Er hatte seinen Sohn in den Tod getrieben und seine Frau womöglich zum Krüppel gemacht. Und somit hatte er Dirk alles genommen, hatte damit sein Leben zerstört.
Seine Trauer wich einem abgrundtiefen Hass, der alles Menschliche in ihm verdrängte. Plötzlich war er nur noch beseelt von dem Drang nach Vergeltung. Hätte sein Kontrahent in diesem Moment vor ihm gestanden, er hätte ihn ohne zu zögern getötet.
Seine Finger zerknüllten den Zettel und formten sich so fest zu einer Faust, dass sich die Nägel schmerzhaft in seine Handballen gruben. Schweiß trat ihm aus sämtlichen Poren. Wieder und wieder schlug er mit der Faust gegen die Wand, bis seine Knöchel blutig waren.
Es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte. Dann durchsuchte er die Fächer seiner Geldbörse, bis er die Karte seines Telefonanbieters fand. Aufgeregt wählte er die darauf angegebene Servicenummer. Es meldete sich eine freundliche Frauenstimme, die sich als Daniela Berg vorstellte. Dirk nannte seinen Namen und die Kundennummer und erklärte ihr, dass er aufgrund von Drohanrufen einen Antrag auf Rufnummernverfolgung gestellt habe und nun eine Auskunft über einen Anruf vom gestrigen Vormittag brauche. Nachdem er ihr die genaue Uhrzeit durchgegeben hatte, hörte er das Klackern einer Tatstatur. Kurz darauf meldete Frau Berg sich wieder.
»Ihre Angaben sind korrekt«, sagte sie. »Wir werden Ihnen die gewünschte Auskunft mit der nächsten Rechnung zusenden.«
»Ich brauche diese Auskunft sofort.«
»Tut mir leid, Herr Bukowski. Wir dürfen Ihnen diese Daten nicht telefonisch übermitteln. So sind die Bestimmungen.«
Dirk atmete tief durch. »Dann schicken Sie mir meinetwegen eine E-Mail.«
»Auch dazu sind wir nicht berechtigt. Elektronische Daten können abgefangen werden.«
Was du nicht sagst , dachte Dirk. »Ich benötige diese Auskunft wirklich sehr dringend. Es handelt sich um einen Notfall. Da können Sie doch mal einen Ausnahme machen.«
»Tut mir wirklich leid, aber ich kann Ihnen da nicht weiterhelfen.«
Dirk ballte die Faust und spürte die Schmerzen in seinen Fingerknöcheln. Seine Stimme wurde lauter. »Das kann doch nicht wahr sein! Ich habe mich bis jetzt an alle gesetzlichen Vorgaben gehalten. Seit Tagen werde ich von jemandem bedroht, und nun wollen Sie mir weismachen, dass ich auf Ihre beschissene Rechnung warten muss, bis ich erfahre, wer meinen Sohn auf dem Gewissen hat? In was für einer Art von Rechtsstaat leben wir hier eigentlich?« Dirk spürte die Wut, die auf seiner Stirn pulsierte. »Hallo, sind Sie noch dran?«
Die Leitung war tot.
Am liebsten hätte er den Hörer gegen die Wand geworfen. Dirk ließ sich erschöpft auf den Sessel sinken. Eine letzte Möglichkeit blieb ihm noch, obwohl er sich kaum etwas davon versprach. Er wechselte in das Menü für entgegengenommene Anrufe und ließ sich die letzte Nummer anzeigen. Er rechnete fest damit, Unbekannt angezeigt zu bekommen, doch zu seiner Verblüffung erschien eine Handynummer auf dem Display. Wie elektrisiert starrte er auf die Zahlenreihe. Und als sein Gedächtnis eine Übereinstimmung fand, stockte ihm der Atem.
Dirk nahm zwei Stufen auf einmal, als er die Treppe zum Obergeschoss hinaufrannte. Er lief den Flur entlang und stürzte in sein Arbeitszimmer, auf dessen Schreibtisch er nach dem Mäppchen mit den Visitenkarten griff. Hektisch blätterte er es durch, bis er auf die Karte von Peter Brunner stieß. Er verglich dessen Nummer mit den Zahlen auf dem Display. Kein Zweifel. Der Anruf, den Anke notiert hatte, war von Brunners Handy ausgegangen.
Doch das ergab keinen Sinn. Wieso sollte Brunner so etwas tun? Er war nur eine Stammtischbekanntschaft, die er seit Wochen nicht mehr gesehen hatte. Er war nicht einmal Kunde der Bank. Aus welchem Grund also sollte Brunner Dirk schaden wollen? Oder steckte er mit Kuhn unter einer Decke? Machte er die Drecksarbeit für ihn?
Er betätigte die Wahlwiederholung, doch Brunners Handy war nach wie vor ausgeschaltet. Auf dem Festnetz versuchte er es erst gar nicht. Stattdessen verband er den Computer und den WLAN -Router wieder mit dem Stromnetz. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das Betriebssystem geladen war und der Router eine bestehende DSL -Verbindung anzeigte. Sofort
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