Todesdrang: Thriller (German Edition)
rechte Hand und führte sie zitternd an Kuhns Mund. Als er nach zwei vergeblichen Versuchen den Anhänger zu greifen bekam, zog sich seine Hand reflexartig zurück. Dabei streifte das, was in der Mundhöhle verborgen lag, an Kuhns Zähnen entlang und erzeugte ein metallisches Klirren.
Keuchend trat Dirk ein paar Schritte zurück, bis sein Rücken wieder gegen den Kühlschrank stieß. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn, und sein Herzschlag glich dem eines Sprinters nach einem 100-Meter-Lauf.
Wovor fürchtest du dich eigentlich? , fragte er sich. Er wird dir aus Rache wohl kaum die Hand abbeißen.
Er atmete ein paarmal tief durch, bevor er den Gegenstand betrachtete, der auf dem Tuch in seiner Hand lag.
Ein Schlüssel.
Er wischte rasch mit dem Tuch darüber, bevor er ihn genauer in Augenschein nahm. Der Kunststoffanhänger war mit einem Fenster versehen, unter das ein Stück Papier geschoben war. Darauf stand in gedruckten Buchstaben eine Adresse:
Westerwaldstraße 38.
Brunners Anschrift!
Ich warte eine Stunde auf Dich , rief Dirk sich den letzten Chat-Eintrag ins Gedächtnis.
Dies war seine Einladung.
Wie viel Zeit hatte er noch? Dirk wollte sofort los, hielt dann jedoch inne. Was würde ihn dort erwarten? Ein weiteres Massaker? Was es auch war, es würde sicher nicht zur Klärung dieses perversen Schauspiels beitragen. Vermutlich war es eine Falle, die Dirk nur noch weiter in Verruf bringen sollte. Doch was sollte er sonst tun? Er konnte sich an niemanden wenden, steckte schon zu tief drin in dieser Sache. Der Streit mit Kuhn war nicht das Einzige, was ihn belasten konnte. All die Bilder auf seinem Rechner, die Chats, die von seiner Mailadresse aus gesendeten Links – das alles würde sich datentechnisch zurückverfolgen lassen. Und wer konnte ahnen, was im Netz noch alles über ihn verbreitet worden war, ganz zu schweigen von diesem Snuff-Film, in dem seine Kettensäge die Hauptrolle spielte?
Dirk zögerte. War es überhaupt seine Säge gewesen, mit der Kuhn getötet worden war? Vielleicht war er ja beobachtet worden, als er Niklas im Garten geholfen hatte, und der Mörder hatte sich dasselbe Modell zugelegt. So einen Schutzengel-Aufkleber bekam man schließlich in vielen Geschenkeläden.
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Er verstaute den Schlüssel in der Hosentasche und warf das Küchentuch auf die Arbeitsplatte. Dann eilte er zum Schlüsselkasten neben der Haustür und wühlte darin herum, bis er fand, wonach er gesucht hatte. Als er anschließend die Tür öffnete und nach draußen stürmte, wäre er beinahe mit den beiden Männern zusammengestoßen, die dort auf dem Treppenabsatz standen.
»Herr Bukowski?« Einer der Männer hielt Dirk einen Ausweis entgegen.
»Ja.«
»Sven Becker, Kripo Koblenz. Das ist mein Kollege Klaus König.« Er deutete auf den jüngeren Mann neben ihm, während er den Ausweis wieder in seine Jackentasche steckte.
»Was kann ich für Sie tun?«, fragte Dirk, und sein Blick schwenkte unsicher zwischen den Kriminalbeamten hin und her.
»Es tut uns wirklich sehr leid, dass wir Sie in Ihrer jetzigen Situation aufsuchen müssen«, sagte Kommissar Becker, »und natürlich sprechen wir Ihnen unser tiefstes Mitgefühl für Ihren Verlust aus.«
»Danke«, erwiderte Dirk mit brüchiger Stimme. Er versuchte, sich die Anspannung nicht anmerken zu lassen.
»Dennoch hätten wir ein paar dringende Fragen an Sie, bezüglich des Unfalls Ihrer Frau. Im Krankenhaus sagte man uns, Sie wären nach Hause gefahren.« Becker betrachtete den Schlüsselbund in Dirks Hand. »Ich hoffe, wir kommen nicht ungelegen.«
Ungelegener geht es gar nicht, ging es Dirk durch den Kopf, als er daran dachte, was in seiner Küche stand. »Ich habe mich hier nur ein wenig frisch gemacht und wollte gerade wieder zurück zu meiner Frau ins Krankenhaus.« Es überraschte ihn selbst, wie leicht ihm die Lüge über die Lippen kam.
Die beiden Polizeibeamten tauschten kurze Blicke aus.
»Ist das in diesem Aufzug nicht ein bisschen kalt hier draußen?«, fragte König.
»Mein Mantel liegt noch im Wagen«, sagte Dirk ein wenig zu hastig. »Ich bin im Moment ein bisschen durch den Wind, wenn Sie verstehen.«
»Natürlich«, sagte Becker. »Und es tut uns schrecklich leid, Sie aufhalten zu müssen, aber es ist wirklich sehr wichtig.«
»Kann das nicht noch warten? Im Moment habe ich, ehrlich gesagt, andere Dinge im Kopf.«
»Wir versichern Ihnen, es wird nicht lange dauern.«
Dirk rieb sich
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