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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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angesprochen. Meine Warnungen scheinen ihn jedoch nicht sehr beeindruckt zu haben. Von vorgestern Mittag bis gestern Mittag hat das Schiff 464 Seemeilen zurückgelegt. Das ist geringfügig weniger als die Olympic bei ihrem Tagesrekord geschafft hat. Er wird den Rückstand einholen wollen. Das Schiff hat jeden Tag weiter beschleunigt. Die Zeichen stehen weiterhin auf Geschwindigkeitsrekord.«
    »Es wird schon alles gut gehen«, sagte Gladys. »Nur um ein paar Stunden früher in New York anzukommen, wird der Kapitän kein unnötiges Risiko eingehen.«
    »Es gibt nur alles oder nichts«, sagte Roger. »Es nützt der Gesellschaft wenig, ein paar Stunden früher und damit in der Nacht in New York einzutreffen. Die Titanic muss Dienstagnachmittag in den Hafen einlaufen.«
    »Dann hätten wir ja eine Nacht weniger auf dem Schiff. Oh nein, das gefällt mir überhaupt nicht. Wenn der Kapitän so viel Wert auf die Ansicht der Erste-Klasse-Passagiere legt, muss er sich auch meine Meinung anhören. Ich treffe ihn heute Abend auf dem Empfang der Wideners.«
    Roger versuchte nicht, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.
    »Versuch dein Glück! Wenn er schon den Argumenten der Versicherung nicht zugänglich ist, dann vielleicht denen einer schönen Frau.«
    Nachdenklich sah er zum Kajütenfenster, und auch Gladys warf einen Blick auf die dahinter liegende See.
    »Das Meer ist so ruhig, so glatt und friedlich«, sagte sie.
    Roger war eine Weile still, bevor er erwiderte:
    »Das macht es gerade so gefährlich. Wären die Umstände widriger, würden die Menschen sich vorsichtiger verhalten.«
    »Ist die hohe Geschwindigkeit der Titanic der Grund dafür, weshalb du so viel auf dem Schiff unterwegs bist?«, fragte sie.
    Roger zögerte, und sein Blick kehrte zu ihr zurück. Sie sah in seine Augen.
    »Ich mache mir Sorgen und habe ein Gefühl, als müsste ich mich um das Schiff kümmern«, sagte er dann. »Das Schiff macht mir ein ungutes Gefühl. Irgendetwas stimmt nicht mit der Titanic. Ich habe den Verdacht, dass sie eine verborgene Beschädigung haben könnte.«
    »Und du suchst nach dieser Beschädigung?«
    »Ja, aber vor allem spreche ich mit Leuten von der Besatzung. Das ist nicht einfach. Gerade die Heizer sind sehr verschwiegen. Trotzdem bin ich bereits auf einige Merkwürdigkeiten gestoßen.«
    »Sind es Dinge, die die Passagiere beunruhigen müssen?«
    »Ich bin sehr beunruhigt.«
    »Was ist geschehen? Was ist mit dem Schiff?«
    »Das erste äußerst beunruhigende Ereignis, über das ich stolperte, war ein Feuer, das vor der Abfahrt des Schiffes im Kohlebunker wütete«, erwiderte Roger und beugte sich etwas vor. »Wie ich von einem Heizer vertraulich erfuhr, wurde das Feuer schon nach der Probefahrt der Titanic in Belfast entdeckt. Das Feuer war auf der Steuerbordseite von Bunker zehn, am hinteren Ende des sechsten und vordersten Kesselraums und am vorderen Ende des wasserdichten Schotts Nummer fünf. Dem Inspektor des Handelsministerium, der das Schiff am Morgen des Abfahrtstages über mehrere Stunden inspiziert hat und der erst kurz vor der Abfahrt von Bord gegangen ist, hat man dieses Feuer verheimlicht. Dabei hätte das Feuer vor der Abfahrt durch den Einsatz der Feuerwehr von Southampton gelöscht werden können. Aber man hat die Feuerwehr nicht gerufen, sondern ist mit dem Feuer an Bord in See gestochen.«
    »Ist so ein Feuer im Kohlenraum gefährlich?«
    »Ein Feuer an Bord ist immer gefährlich. Solange man ein Feuer unter Kontrolle hat, droht den Passagieren zwar keine unmittelbare Gefahr, aber wenn Unvorhergesehenes hinzukommt, kann alles Mögliche geschehen. Wenn der Kapitän eines Schiffes mit einem Feuer an Bord in See sticht, obwohl die Möglichkeit besteht, es vorher zu löschen, ist seiner Person gegenüber Misstrauen angebracht.«
    »Hat der Kapitän denn von dem Feuer gewusst?«
    »Selbstverständlich.«
    »Aber warum hat er es verheimlicht, anstatt es schon im Hafen löschen zu lassen?«
    »Ich denke, der Kapitän könnte aufgrund früherer Ereignisse um seinen guten Ruf gebangt haben und ging das Risiko einfach ein, indem er sich sagte, man würde das Feuer schon unter Kontrolle halten.«
    »Und ich dachte, Kapitän Smith sei ein Ehrenmann.«
    »Wenn der Brand ungefährlich war, hätte es nicht geschadet, ihn zu melden, und wenn er gefährlich war, wäre es seine Pflicht gewesen, ihn zu melden. Leider ist das Feuer im Kohlenkeller nicht die einzige Merkwürdigkeit an Bord.«
    »Was ist noch?«
    »Es ist

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