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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernward Schneider
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ruhen. Sie öffnete noch einmal die Augen und sah Barrett, der dabei war, sich eine Schwimmweste über den Kopf und dann über seinen Mantel zu ziehen. Schade nur, dass er das Letzte war, das sie von dieser Welt sah. Wenn sie schon sterben musste, wäre sie viel lieber in den Armen ihres Geliebten gestorben, aber wahrscheinlich war es gut so, dass Roger ohne sie weiterlebte und ein neues Glück für sich fand. Vielleicht waren ihr Geliebter und sie doch noch nicht reif füreinander.
    Als Barrett die Schwimmweste vollständig angelegt hatte, trat er für einen kurzen Moment zur Seite, und als er gleich darauf wieder vor ihr stand, hatte er einen Strick in der Hand, den er zu einer Schlinge knüpfte.
    »Ich kann nicht ganz ausschließen, dass die Titanic über Wasser bleibt«, sagte er und lächelte sie grausam an. »Es ist nicht wahrscheinlich, aber nicht völlig unmöglich. Deshalb werde ich dich erdrosseln. Dann mache ich dich los und entferne die Stricke. Sollte man dich finden, wird jeder denken, dass du ertrunken oder sonst wie durch das Unglück ums Leben gekommen bist.« Er ging um sie herum, und das Letzte, was Gladys sah, war die Schlinge, die über ihren Kopf glitt, und dann spürte sie den Strick, der sich um ihren Hals legte und ihn eng umspannte. Gladys schloss die Augen.
     
    *
     
    Als Raubold einen Blick hinüber zu dem untergetauchten Vorderschiff warf, sah er, dass das Wasser langsam die Nottreppe zum Deck heraufkroch und dabei ein paar Lampen verschluckte, die noch eine Weile grünlich weiterleuchteten. Etliche Lichter über dem Wasser begannen matter zu werden und zu flackern.
    Raubold und Carran betraten das Treppenhaus, von wo aus sie sich weiter zu den Kabinen wandten. Mehr als der entgegenkommende Strom der Passagiere behinderte das Labyrinth der verschachtelten Gänge und Korridore ihr Fortkommen. Es war nicht einfach, sich in einer Nacht wie dieser im komplizierten, sich über mehrere Etagen erstreckenden System der in Schieflage geratenen Treppen, Korridore, Sackgassen und Schleichwege zurechtzufinden, und bisweilen liefen sie bereits durch Wasser, das in die Nischen der Böden zu fließen begann.
    »Hier ist es!«, sagte Raubold leise, als sie endlich die richtige Tür gefunden hatten.
    Carran zog seine Pistole.
    »Es muss beim ersten Mal klappen!«, flüsterte er. »Gemeinsam können wir es schaffen!»
    »Und wenn sie gar nicht drin ist?«
    »Dann ist es auch egal! Aber sie ist da drin! Ich bin mir sicher! Wo sonst sollte sie sein?«
    Sie brachten sich in Position und nahmen zusammen Anlauf, und es war ihre verzweifelte Entschlossenheit, die ihrer gebündelten Kraft bereits beim ersten Versuch durchschlagende Wirkung verlieh.
    Im selben Moment, da sie ihre Körper gegen das Holz warfen, ertönte ein ohrenbetäubender Krach, und die Tür splitterte auf.
    Raubold war als Erster durch das Holz, und hinter ihm sprang Carran mit der Waffe in der vorgestreckten Hand in den Raum.
    Der Anblick, der sich ihnen bot, ließ sie erbleichen, verwirrte sie aber nur für einen Moment. Gladys, die an ihren gestreckten Armen an der Decke hing, kämpfte um ihr Leben. Ihr Mörder, der sie fast umklammert hielt, zog an den Enden des Stricks, den er um den Hals von Gladys geschlungen hatte, doch im selben Moment, als die beiden Männer in die Kabine sprangen, ließ Barrett notgedrungen von seinem Opfer ab, und der Strick lockerte sich.
    Barrett fuhr zurück und indem er sich fortdrehte, entglitt der Strick seinen Händen. Seine rechte Hand fuhr in die Tasche seines Mantels, und Carran wusste sofort, dass sein Gegner nach einer Waffe griff.
    Die Tatsache, dass Barrett sich gegen seine Pistole, sondern für einen Strick entschieden hatte, um Gladys zu töten, rächte sich jetzt und brachte ihn gegenüber den anderen Männern in Nachteil. Er musste die Waffe nicht nur ziehen, sondern auch entsichern, und das konnte ihm so schnell nicht gelingen.
    Auf der anderen Seite brachte der Anblick der gefesselten und gequälten Gladys ihren Geliebten zu der Erkenntnis, dass es keinen Grund zur Rücksichtnahme auf ihren Peiniger gab.
    »Schießen Sie!«, schrie Raubold seinem Partner zu, »sonst tut er es!«
    Zum Glück für sie hatte sich Barrett, um dem Angriff der eingedrungenen Männer zu entgehen, einen Schritt zur Seite gewandt und damit Gladys aus dem Schussfeld der Pistole ihres Geliebten gebracht, bevor er selbst seine Waffe aus dem Mantel hervorholen konnte.
    Barrett kam nicht mehr zum Schuss. Carran feuerte eine

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