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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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hinter einem Stützpfeiler verborgen, auf den am Boden liegenden Mann eintreten, während Passanten hastig das Weite suchten oder, halb die Treppe herunter, wieder nach oben gingen. Schließlich trat ein bulliger Mann in Lederkleidung hinzu, öffnete seine Jacke ein Stück – und im nächsten Moment rannten die drei Jugendlichen davon, so schnell sie konnten.
    »Was genau haben Sie da gemacht?«, wollte Ingo wissen. »Diese Bewegung, als Sie Ihre Lederjacke öffnen?«
    »Ich hab den Typen gezeigt, dass ich ’ne Knarre habe. Und ich hab ihnen gesagt, sie sollen den Mann in Ruhe lassen und machen, dass sie Leine ziehen.«
    »Sie haben also nicht wortwörtlich gedroht, sonst auf sie zu schießen?«
    »War unnötig. Haben Sie ja gesehen.«
    Ingo wandte sich der Kamera zu. »Der Mann, der niedergeschlagen wurde, ist neununddreißig Jahre alt und Straßenbahnkontrolleur von Beruf. Ob die Attacke damit zusammenhing, ist bis heute nicht geklärt. Die Polizei hat anhand der Videobilder zwei der Jugendlichen identifizieren und festnehmen können; die beiden behaupten jedoch, nicht zu wissen, wer der dritte war. Angeblich eine Zufallsbegegnung. Und natürlich war es angeblich dieser unbekannte Dritte, der die meisten, ach was, praktisch alle Schläge und Tritte ausgeführt hat. Sagen die beiden zumindest. Der Fall liegt ein halbes Jahr zurück, bis jetzt steht noch nicht einmal ein Gerichtstermin fest. Offiziell ermittelt die Polizei noch.« Er wandte sich an seinen Gast. »Sie dagegen sind wegen Ihres Eingreifens schon vor Gericht gewesen.«
    »Ja. Wegen illegalem Waffenbesitz. Aber weil ich dem Mann eben vermutlich das Leben gerettet habe, hat man von einer Strafe abgesehen.«
    »Gelten Sie dann jetzt als vorbestraft oder nicht?«
    Der Rocker hob amüsiert die Brauen. »Fragen Sie mich was Leichteres.«
    »Ihre Waffe mussten Sie aber abgeben?«
    »Logisch.«
    »Und wenn Sie heute auf dem Heimweg jemand angreifen würde?«
    Er richtete sich in seinem Sitz auf, spreizte die Schultern. »Sagen wir mal so – ich würd’s keinem raten.«
    Die Analyse des Notebook-Computers, den die Kollegen bei dem Journalisten sichergestellt hatten, übernahmen der externe IT-Spezialist und der für Computer zuständige Kriminaltechniker gemeinsam. Enno Kader gesellte sich zu ihnen, bemüht, so zu tun und zu wirken, als verstünde er alles, was sie trieben. Ambick, Ortheil und der Revisor standen dabei und hörten zu, wie die drei Informatik-Kauderwelsch sprachen, von Routing, Ping-Delay, Spoofing, Proxy und Ähnlichem faselten. Draußen war es längst dunkel. Ein feiner Regen nieselte gegen die Fenster, die Scheinwerferlichter vorüberfahrender Autos zerstoben in Wolken aus Reflexen.
    »Wollten Sie nicht heute Abend in die Oper?«, hörte Ambick den Revisor zu Ortheil sagen. Die beiden schienen sich besser zu kennen, als er zuerst geglaubt hatte.
    Ortheil knurrte nur unwillig. »Glauben Sie, ich hätte die Nerven, mir jetzt das Geknödel von irgendwelchen Bajazzos anzuhören?«
    »Ich meine ja nur.« Der Revisor sah auf die Uhr. »Weil wahrscheinlich gerade der Prolog anfängt.«
    »Das kann er auch ohne mich.«
    Der Revisor kratzte sich die Nase. »Und Ihre Frau? Was sagt die dazu?«
    »Meine Frau«, erwiderte der Staatsanwalt spitzlippig, »ist sich dessen bewusst, dass ich einen anspruchsvollen Beruf ausübe. Sie weiß sich zu beschäftigen.«
    »So«, sagte der Revisor, und damit schien das Thema erledigt.
    Doch Ambick konnte nicht anders, als diesem »So« nachzulauschen. Es lag etwas darin, das nach mehr klang als nur nach dem Schlusswort eines unergiebigen Gesprächs. Als wolle der Revisor etwas andeuten, ohne es tatsächlich anzudeuten.
    Aber wahrscheinlich, dachte Ambick, sah er da Gespenster.
    Außerdem ging ihn das überhaupt nichts an.
    Sein Handy klingelte im selben Moment, in dem Enno die Hände in die Höhe warf und »Nee, oder?« rief. Auch die IT-Leute schauten ausgesprochen griesgrämig drein.
    »Was ist?«, verlangte Ortheil zu wissen.
    Ambick zog das Telefon aus der Tasche, sah auf die Anzeige. Eine interne Nummer, umgeleitet von seinem Dienstanschluss. Er drückte den Anruf weg, hörte zu, was der Kriminaltechniker zu erzählen hatte.
    »Also, dass der Journalist das Video per Mail bekommen hat, stimmt«, sagte er. »Aber wenn man dessen Route zurückverfolgt, landet man bei IP-Adressen, die so nicht stimmen können.«
    »Außerdem befinden die sich alle in Russland«, ergänzte der IT-Spezialist. »Ich schätze, wir

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