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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Laborräume der Kriminaltechnik untergebracht waren.
    Niemand lachte. Ambick nicht, weil er diese Bezeichnung wenig originell fand, die anderen vielleicht, weil sie sie gewöhnt waren: Soweit er mitbekommen hatte, verwendeten viele Kriminaltechniker diese Vokabel selber.
    Kahle Betonstufen, die Wände mit grauer Ölfarbe gestrichen, als befürchte man jeden Tag eine Überschwemmung oder als wolle man verhindern, dass bei denen, die hier arbeiteten, Lebensfreude aufkam. Amtsarchitektur eben.
    Kerner schien das nicht zu kümmern. Er walzte ihnen voran, aufgeregt und stoßweise redend. »Ich würde ja gern sagen können, dass ich allein draufgekommen bin, aber das ist nicht so … Frau Professor Doktor Woll vom Anwenderzentrum Materialforschung … unglaublich, wie viel Zeit die sich genommen hat für mich … sollte man irgendwann angemessen würdigen, finde ich … verpflichtet wäre sie ja nicht dazu gewesen … hochinteressante Strukturen, wirklich absolut faszinierend … Nanotechnologie, meint Bea– … ähm, meint Frau Professor Woll …«
    Sie hatten das Ende des Flurs erreicht, die allerletzte Tür, die in ein Labor führte, in dem sie nicht alle Platz hatten. Enno Kader blieb freiwillig zurück, der IT-Experte auf einen verweisenden Blick des Revisors hin ebenfalls.
    »Hier«, sagte der dicke Kriminaltechniker und wies auf einen Versuchsaufbau, den er auf einem Seitentisch errichtet hatte: eine kompliziert aussehende Klemmvorrichtung aus Plexiglaselementen, an deren Spitze etwas befestigt war, das aussah wie eine kurze schwarze Borste. »Ein Haar, das am Tatort Stuttgarter Platz sichergestellt worden ist. Ich hab es erst für Kunsthaar gehalten, aus einer Perücke, aber das war es nicht.«
    »Sondern?«, wollte Ortheil schlecht gelaunt wissen. Vermutlich bereute er es längst, den Abend geopfert zu haben.
    »Tja, wenn man das wüsste«, sagte Kerner, zog zwei schwarze Kabel hervor und verband sie mit der Klemmvorrichtung, die das Haar hielt. »Das mit der Elektrizität war übrigens eine Eingebung von mir, in aller Bescheidenheit. Wenn bitte jetzt jemand mal das Licht ausmachen könnte?«
    Ambick sah sich um, aber der Lichtschalter war nicht auf seiner Seite. Der Revisor betätigte ihn, der Raum versank in Schwärze.
    »Also, wenn ich jetzt eine simple Spannung anlege, so um zwölf Volt herum, dann passiert Folgendes …«, hörte er den Kriminaltechniker sagen, der mit irgendetwas hantierte, das kratzende Geräusche von sich gab.
    Im nächsten Moment sahen sie, wie das Haar länger wurde … und aufleuchtete !

20
Der Kriminaltechniker führte ihnen das Experiment noch einmal im Hellen vor, was weniger beeindruckend aussah, aber jeden Zweifel an dem, was hier vor sich ging, ausräumte: Unter elektrischer Spannung verlängerte sich das schwarze Haar und begann von innen heraus zu leuchten.
    »Doch«, sagte Ambick. »Es ist doch ein Haar aus einer Perücke. Enno, hast du dein Tablet mit dem Video dabei?«
    »Nee, liegt oben im Büro.«
    »Eine neuartige Perücke«, fuhr Ambick fort. »Das heißt, wir besitzen ein Bild des Racheengels.«
    Staatsanwalt Ortheil sah Ambick befremdet an. »Was meinen Sie damit? Ich habe noch nie von so einem Material gehört.«
    »Neuartig eben. Sagte ich doch.« Ambick deutete zur Tür. Man bekam ohnehin kaum noch Luft. »Lassen Sie uns das Video vom U-Bahnhof Dominikstraße noch einmal anschauen.«
    Zehn Minuten später wusste Ambick, dass sie zwar Bilder des mutmaßlichen Racheengels besaßen, aber keine guten. Der Mann im schwarzen Mantel blickte auf dem Weg durch die Unterführung ständig zu Boden, sein Gesicht war zu keinem Zeitpunkt zu erkennen.
    »Okay. Wir müssen davon ausgehen, dass es ein neuartiges Material gibt, das imstande ist, seine Farbe und Länge auf ein elektrisches Signal hin zu ändern«, fasste Ambick das Offensichtliche zusammen, sicherheitshalber. »Das ändert die gesamte Beweislage.« Er berichtete von dem Experiment, das Enno und er im U-Bahnhof angestellt hatten. »Wenn er nur einen Schalter umzulegen brauchte, um plötzlich lange, leuchtende Haare zu haben und einen weiß strahlenden Mantel statt eines schwarzen, dann passt alles. Dann hatte er gerade genug Zeit, die Treppe hinabzugehen, die beiden Jugendlichen zu erschießen, wieder hochzusteigen und zu verschwinden.«
    Ortheil sah ihn an wie einen Wahnsinnigen. »Wer macht denn so etwas? Wie sollte jemand so ein Timing hinbekommen …?«
    »Vielleicht war es Glück. Zufall. Er war unterwegs, hat

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