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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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den Lärm von unten gehört, verstanden, was da los war, ging runter und machte kurzen Prozess.«
    »Und ist einfach wieder gegangen? So, als hätte er nur mal eben eine leere Coladose in den Mülleimer geworfen?«
    »Vielleicht hatte er es eilig? Musste aufs Klo? Wollte weg sein, wenn der nächste Zug einlief?« Ambick hob die Hände. »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass damit auf einmal alles passt.«
    Der Staatsanwalt verschränkte die Arme, furchte die Stirn und erklärte in äußerst staatstragendem Ton: »Gut, gehen wir einstweilen davon aus. Da stellt sich doch die Frage, um was für ein Material es sich da eigentlich handelt.«
    Der Techniker zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Und, ähm, Frau Woll meint, sie weiß es auch nicht. Muss eine ganz neue Erfindung sein.«
    »Das heißt, es wäre aufschlussreich, den Erfinder zu ermitteln«, erklärte Ambick. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand heutzutage so etwas erfindet und es dann nicht zum Patent anmeldet. Stellen Sie sich nur vor, was so eine Faser an Möglichkeiten für die Mode eröffnet. Kleidungsstücke, die auf Knopfdruck ihre Farben und Längen ändern. T-Shirts, auf denen bewegte Bilder ablaufen. Mäntel, die nachts leuchten. Perücken mit eingebauten Farbspielen. Ein Milliardenmarkt. Es muss eine Patentschrift geben.«
    »Die Datenbanken der Patentämter«, meinte Kerner aufgeregt. »Ich könnte recherchieren.«
    Ambick nickte. »Wann können Sie anfangen?«
    Nach der Sendung wieder Autogramme, ohne Ende. Von allen Seiten kamen sie auf Ingo zu, streckten ihm Notizbücher, die Rückseiten der Eintrittskarten, irgendwelche Fresszettel hin, und er schrieb, bedankte sich, lächelte, antwortete auf Fragen, belangloses Zeug, vergaß Frage wie Antwort sofort wieder, egal, ein Bad in der Menge, ein Dahintreiben in Richtung der Garderoben, er genoss es. Oh ja. Regelrecht high machte es ihn, er spürte es.
    Hinterher die Verabschiedung der Gäste. Der Richter war leicht angesäuert, meinte, er hätte gern etwas mehr über sein Buch gesprochen. Ja, er auch, nur zu gern, sagte Ingo, noch ganz im Überschwang der Zustimmung, besoffen fast, aber leider, er wisse ja, die Zeit sei einfach immer knapp. Der Rocker dagegen war gut drauf, fand alles prima, meinte nur, als Ingo ihm zum Abschied die Hand schüttelte: »Ach, übrigens …«, und öffnete verschwörerisch seine Lederjacke.
    Im Gürtel steckte eine Pistole.
    »Hab mir natürlich gleich eine neue besorgt«, raunte der massige Mann, der sich Stockes nannte, und zog den Reißverschluss wieder zu.
    Ingo wollte etwas sagen, aber sein Hirn lieferte nichts, fühlte sich an wie abgeschaltet. Eine Pistole. Wow. Da redete er von Selbstverteidigung und bekam gleich darauf zum ersten Mal in seinem Leben eine echte Pistole zu Gesicht.
    Es ließ ihn erschlagen zurück, auch nachdem die beiden Gäste gegangen waren, auch in der Maske, auch in der Nachbesprechung. Als er das Gebäude verließ, stand noch ein gutes Dutzend Leute da, die Autogramme wollten. Sie drängelten sich unter dem Vordach, weil es angefangen hatte zu regnen. Ob sie ihn nach Hause fahren dürfe, bot ihm eine Frau an, die bis zuletzt gewartet hatte, eine junge Frau mit einem hübschen Gesicht und leuchtenden Augen, die ihn an ein Rehkitz denken ließ und regelrecht beglückt schien, als er sagte, oh ja, gern.
    Glückliche Fügung, dachte er, während er wartete, dass sie mit dem Auto kam. Er starrte in den silbern fallenden Regen hinaus, fröstelte. Nach einer solchen Sendung mit der U-Bahn heimzufahren, nein, das hätte er nicht gebracht. Glückliche Fügung.
    Daniela heiße sie, sagte sie, als sie mit einem überraschend großen, teuren, fast gepanzert wirkenden Wagen vorgefahren und Ingo eingestiegen war. Ingo, sagte er, obwohl sie das ja wusste, aber es schien ihm angebracht. Dann kam er nicht mehr zu Wort; sie plapperte die ganze Fahrt über. Wie toll sie es fand, dass er diese Sendung mache und jemand endlich mal all das sage. Und wie man sich als Frau fühle, wenn man allein in der Stadt unterwegs sei, nicht nur nachts. »Das müssten Sie auch mal thematisieren!«, verlangte sie.
    Ingo hatte sich verwaschenen Tagträumen überlassen, in denen er sie auf einen Kaffee zu sich einlud und es dabei nicht blieb – sie hatte schöne, schmale Hände und keinen Ring daran; wie sie wohl dazu kam, so ein Auto zu fahren? Aber als sie die Dominikstraße erreichten, bat er sie nur, ihn an der Ecke herauszulassen, und bedankte sich. Der Kiosk

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