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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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immer viel zu leicht verloren«, murmelte Ambick, zog die Notiz ab und ließ sie unter einem Papierstapel verschwinden. »Geradezu tragisch.« Dann verließ er das unverändert dunkle Büro wieder, um die Arbeit dort fortzusetzen, wo er sie gestern unterbrochen hatte.
    Die Kinder, die in den Fall Holi verwickelt gewesen waren, hatten alle in derselben Gegend gelebt. So kam es, dass er wieder am Haus von Victoria Thimm vorbeifuhr. Er merkte, wie er dabei unwillkürlich den Kiefer anspannte. Es war nicht richtig, dass diese Frau eingesperrt lebte. Einfach nicht richtig.
    Die Straßen in ihrer Nachbarschaft hatte jemand mit einem Faible für kleine Waldtiere benannt: Dachs, Wiesel, Fuchs und Iltis hatten genauso Pate gestanden wie Eichhörnchen, Marder und Hase. Die Eltern von Alexander Wenger wohnten in der Siebenschläferstraße, die am oberen Ende der Igelstraße begann.
    Ambick hatte damit gerechnet, um diese Tageszeit nur die Mutter anzutreffen, aber als er klingelte, öffnete ihm ein breitschultriger, leicht gebeugt gehender Mann Ende fünfzig. »Ach, das«, meinte er nur, nachdem Ambick ihm seinen Ausweis präsentiert und sein Sprüchlein aufgesagt hatte. »Ja. Kommen Sie rein. Monika«, rief er nach hinten, »mach doch mal einen Kaffee. Ein Herr von der Polizei ist da.«
    Die Angesprochene tauchte im Flur auf, grauhaarig, erschrocken. »Was ist denn passiert?«
    »Nichts, nichts. Er will nur ein paar Fragen stellen wegen der Sache damals.« Wenger öffnete die Tür noch ein Stück weiter. »Kommen Sie, kommen Sie.«
    Die Wohnung roch nach Reinigungsmitteln und sah aus, als hätten Staubflusen hier wenig Überlebenschancen. Kein Möbelstück, das Ambick sah, wirkte, als sei es in diesem Jahrhundert gekauft worden. Überall standen vergilbte Ansichtskarten gegen Vasen, Ziertassen oder Regalrückwände gelehnt. Im Wohnzimmer thronte eine Stereoanlage, die vor dreißig Jahren viel Geld gekostet haben musste, über einer beeindruckenden Sammlung von Elvis-Presley-Langspielplatten.
    »Frührente«, erklärte Herr Wenger auf Ambicks behutsame Frage hin. »Parkinson. Wenn ich die Medikamente nehme, geht es einigermaßen, aber arbeiten konnte ich irgendwann nicht mehr.«
    In der Küche begann eine Kaffeemaschine zu röcheln.
    »Was waren Sie denn von Beruf, wenn ich fragen darf?«
    »Ich bin Beamter. War Abteilungsleiter im Landesversorgungsamt.« Er bot Ambick einen Stuhl am Esstisch an, setzte sich schwerfällig. »Erst hatte ich den Bereich Opferentschädigung. Den musste ich abgeben, nachdem das damals passiert ist, weil ich sonst über Ansprüche meines eigenen Sohnes hätte entscheiden müssen. Geht ja nicht. Hab stattdessen den Bereich Schwerbehinderte bekommen. Und nun bin ich selber behindert. So kann’s gehen.«
    »Er hat das alles in sich reingefressen«, meinte Frau Wenger und fing an, Tassen zu verteilen. »Die ganzen Opferfälle, die wegen irgendwelchem Kleinkram abgelehnt werden. Jeder zweite.«
    »Monika, der Herr Kommissar ist nicht hier, um mich nach meiner Arbeit zu fragen.«
    »Ich mein ja nur«, sagte sie und ging den Kaffee holen.
    Wenger beugte sich vor, flüsterte fast bittend: »Sie hat sich das alles sehr zu Herzen genommen. Wäre gut, wenn Sie nichts hätten, was sie aufregt.«
    »Hab ich nicht, denke ich.«
    »Gut.«
    Ambick räusperte sich, als Monika Wenger mit der Kanne zurückkam. »Ich bin hier, weil ich einem Hinweis nachgehe, wonach es Verbindungen zwischen dem Fall Florian Holi und einem aktuellen Fall geben soll. Ich hätte dazu eigentlich gerne mit Ihrem Sohn Alexander gesprochen. Stimmt es, dass der in den USA lebt?«
    Monika Wenger sah ihren Mann an. »Was ich dir gesagt habe, Klaus. Da hat ein Mann gestern angerufen und nach Alexander gefragt. Ein Herr Kater.«
    »Das war mein Kollege«, sagte Ambick. »Der Name war Kader. Mit d.«
    »Ja, also, das stimmt. Alexander, der lebt in Amerika«, erklärte Wenger. »Hat dort studiert. Chemie. Und dann eine Firma gegründet.«
    Seine Frau sah bekümmert auf ihren Kaffee hinab. »Wir haben schon lange nichts mehr von ihm gehört. Der hat immer so viel zu tun.«
    »Die ersten Jahre sind die schwersten, wenn man eine Firma gründet«, belehrte Wenger Ambick. »Da arbeitet man rund um die Uhr, um einen Fuß auf den Boden zu kriegen. Wir kennen das aus dem Bekanntenkreis. Es ist auch nicht gesagt, dass sich das auszahlt. Die einen schaffen es, die anderen krebsen ewig rum.«
    »Darf ich fragen, was das für eine Firma ist?«
    »O je.« Monika

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