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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Ingo um Kevin geschlungen hatte, der andere nahm ihm den Jungen weg.
    Haltestelle Niendorfer Platz. Der Bahnsteig voller Leute. Leute, die ihn komisch anstarrten. Schweigend. Befremdet. Wie man einen Freak anschaute.
    Wahrscheinlich war er einer. Wahrscheinlich war es gar nicht die Umgebung, die schwankte, sondern er selber. Wahrscheinlich.
    Ah … sie gingen ihm aus dem Weg. Gut. Konnte er gerade brauchen.
    Wo war eigentlich die Rolltreppe? Jeder Tiefbahnsteig hatte doch … Ah, da. Genau.
    Tat gut, sich fahren zu lassen. Aufwärts. Sich abstützen zu können auf dem schwarzen Handlauf, der ein bisschen langsamer war als die Treppe selber. Seltsam, warum eigentlich? Darüber hatte er noch nie nachgedacht. Aber jetzt fiel es ihm auf.
    Das obere Ende. Aufpassen. Nicht fallen. Das war wichtig. Wenn er stürzte und hinfiel, würde er in tausend Scherben zerspringen. Eine Mordssauerei würde das geben.
    Geschafft. Klar doch. Kein Problem.
    Und jetzt? Eine Unterführung. Sie hatten das alles umgebaut, seit er … seit … Ach ja. Lange her. War wohl nötig gewesen. Außerdem waren da ja Schilder. Sankt-Jakob-Kirche nach links.
    Ein Mann kreuzte seinen Weg, ein Penner mit verfilzten Haaren, der nach Schweiß und Bier stank. Er sah an ihm herab und sagte: »Ich glaube, du blutest.« Es klang wie: Isch glaab du bluudest .
    Aber wo er recht hatte, hatte er recht. Da tropfte es rot aus seinem Ärmel. Dicke, dunkelrote Tropfen gab das auf den Bodenfliesen.
    »Ja, Mann. Du blutest wie ein Schwein.« Jamann. Du bluudes wien Schwain. Alex starrte den Mann verwundert an. Das schien den zu beunruhigen.
    »Schon okay«, sagte Alex. »Halb so wild. Gibt Schlimmeres. Viel Schlimmeres. Danke. Machen Sie sich keine Sorgen.«
    Der Mann glaubte ihm nicht, das sah er, aber darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Er musste weiter. Höchste Zeit. Lass es tropfen. Das waren Keramikfliesen, da ließ sich Blut ganz einfach wieder abwaschen. Die paar Tropfen.
    Es war weit. Eine riesige Unterführung. Wurde zusehends düster, das reinste Labyrinth. Etwas knirschte unter seinen Schuhen, und als er nachsah, war es eine Injektionsnadel.
    Üble Sache. Verdammte Stadt.
    Warum war er bloß zurückgekommen?
    Höhere Macht. Geleitet. Seine Mission. Und dann schoss er auf die Falschen. So eine Kacke!
    Na endlich. Der Aufgang. Rolltreppe außer Betrieb. Darauf kam es jetzt auch nicht mehr an. Obwohl es anstrengend war, die ganzen Stufen. Echt. Er war außer Puste, als er oben ankam, auf dem Platz vor der Kirche.
    Erst mal verschnaufen. Umschauen. Alles beim Alten. Keine Verfolger. Da drüben die Bushaltestelle. Dort war er das letzte Mal angekommen. Letzte Woche. Kam ihm vor wie Jahre.
    Am linken Arm tropfte es immer noch. Sein Hemd fühlte sich nass und klebrig an.
    Besser, er ging weiter. Nur noch ein paar Schritte bis zur Kirche. Fünfzig Meter oder so. Freier Platz. Mittwochs war hier früher Markt gewesen. Ob das wohl noch so war? Den Bratwurststand gab es nicht mehr. Der Typ, der ihn betrieben hatte, war vielleicht längst in Rente.
    Was sah ihn der Hund da so komisch an? Jetzt schon die Hunde. »Schsch!« Das schien er zu kapieren. Trollte sich.
    Tropf, tropf, tropf. Mann, er zog eine richtige Spur hinter sich her. Leicht zu verfolgen. Leichter als die Brotspur bei Hänsel und Gretel.
    Nicht lachen. Lachen tat weh.
    Da, die Kirchentür. Unverschlossen, schwergängig, massives Eichenholz, Jahrhunderte alt. Und ganz schön laut, wenn sie hinter einem zufiel.
    Na so ein Zufall. Da standen sie alle, sahen ihm erstaunt entgegen. Peter, Victoria, Ulrich.
    Wieso staunten sie so? Alles war eins. Was geschehen muss, geschieht.
    Der Kreis hatte sich geschlossen.
    Er ging auf sie zu, Schritt um Schritt, doch irgendwann auf dem Weg holte ihn die Dunkelheit ein.
    Sie standen wie erstarrt, während Alex sich ihnen näherte, langsam, schwerfällig, laut atmend, am Ende seiner Kräfte. Victoria kam es einen Moment lang so vor, als fürchteten sie alle drei, er würde plötzlich schießen, wenn sie sich bewegten.
    Doch das tat er nicht. Stattdessen brach er auf halbem Weg zusammen.
    Ulrich rannte als Erster los, handelte rasch und effizient, beinahe emotionslos. »Ruf den Notarzt«, befahl er im Laufen. »Schnell.«
    »Okay«, erwiderte Peter, sah sich fahrig um, als sei ihm entfallen, wohin es zum nächsten Telefon ging.
    Ulrich kniete neben Alex nieder, untersuchte ihn mit Handgriffen, die verrieten, dass er wusste, was in so einem Fall zu tun war. »Gibt’s

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