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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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und du erfüllst deine Bestimmung.
    So einfach ist das.
    Es überrascht mich kein bisschen, als ich plötzlich Furcht höre, Panik schmecke, Schmerz rieche, auch nicht, dass sich daraufhin die Richtung meiner Schritte ändert. Es überrascht mich nicht, weil ich ohne Erwartungen bin, ohne Plan, ohne Absichten.
    Ich erlebe, wie geschieht, was unweigerlich geschehen muss.
    Da ist ein großer, dunkler Parkplatz, auf dem nur ein einziges Auto steht.
    Ein Auto, dessen Tür aufgestoßen wird, als ich eben den Rand des Parkplatzes erreiche.
    Eine Tür, aus der sich ein Mädchen ins Freie wälzt, stolpert, sich fängt und davonrennt, als ich den Fuß auf den Asphalt des Parkplatzes setze.
    Die andere Tür springt auf, ein Mann stürzt heraus, setzt dem Mädchen nach, packt sie grob, als ich auf etwa zehn Schritte heran bin und in Erscheinung trete.
    Er sieht mich. Schreit auf. Lässt das Mädchen los.
    Bekreuzigt sich.
    Flieht.
    Gut.
    Schon den Samstag über war die Arbeit immer zäher vorangegangen. Am Sonntag schließlich saß Victoria nur noch vor dem leeren Bildschirm, starrte stundenlang den blinkenden Cursor an und musste sich irgendwann eingestehen, dass es nicht funktionierte, die Sache zu ignorieren.
    Sie stand auf, mit dem Gefühl, eine Tonne zu wiegen. Sie ging zum Telefon, nahm den Hörer ab und wählte eine Nummer, die sie auswendig wusste, obwohl sie sie in all den Jahren noch nie benutzt hatte.
    »Priesterseminar Mariengnad«, meldete sich die Stimme eines Mannes, der so sanft sprach, dass man schon fast eine Gänsehaut bekam.
    »Thimm, guten Tag«, sagte Victoria hastig. »Entschuldigen Sie die Störung, aber könnte ich wohl mit Herrn Donsbach sprechen? Peter Donsbach. Es ist sehr wichtig.«
    Eine Pause trat ein, in der sie nichts hörte und sich fragte, ob ihr Gesprächspartner womöglich einfach eingehängt hatte. Doch dann meldete er sich wieder. »Tut mir leid. Herr Donsbach ist nicht mehr bei uns. Er hat die Priesterweihe abgelegt und seinen Dienst angetreten. Schon vor einem halben Jahr.«
    Victoria musste die Augen schließen. Ein Schmerz durchfuhr sie bei diesen Worten, auch wenn er nicht so stark war, wie sie es immer befürchtet hatte. Trotzdem fühlte es sich an, als sei ihr gerade ein Stück Haut abgerissen worden.
    »Können Sie mir denn sagen, wie ich ihn erreichen kann?«, bat sie mit, wie sie hoffte, fester Stimme.
    »Tut mir leid. Wir haben die strikte Regel, solche Informationen nicht herauszugeben.«
    »Es ist sehr wichtig. Es geht um Leben und Tod«, sagte Victoria angstvoll.
    »Um Leben und Tod geht es immer«, erwiderte die furchtbar sanfte Männerstimme.
    »Und wenn Sie umgekehrt eine Nachricht und meine Nummer an Herrn Donsbach weitergeben?«, versuchte es Victoria und spürte, wie sie innerlich zu zittern begann. »Das könnten Sie doch tun, oder? Dann kann er mich zurückrufen, wenn er will.«
    Der furchtbar sanften Stimme war Abneigung gegen diesen Vorschlag anzumerken. »Das wäre machbar. Ja. Also gut.«
    Victoria diktierte ihm hastig ihren Namen und ihre Telefonnummer, kam jedoch ins Stocken, als es darum ging, welche Nachricht sie Peter zukommen lassen wollte. »Er soll mich einfach anrufen«, sagte sie schließlich. »Er weiß bestimmt, worum es geht.« Hoffe ich , dachte sie.
    Nach dem Telefonat fühlte sie sich erschöpft, aber nicht ruhiger. Im Gegenteil. Jetzt begann das Warten. Und so lange, wie sie schon gewartet hatte, wusste sie, dass das schlimm werden würde.
    Ingo verbrachte den Sonntag damit, sich auf die Sendung vorzubereiten. Er sichtete alles Material, das er über die Jahre gesammelt hatte, bekritzelte Karteikarten mit Fragen, legte sich die Einstiegssätze zurecht und übte sie ein und dergleichen mehr. Das hielt ihn beschäftigt und davon ab, sich Sorgen zu machen.
    Bis es Abend wurde.
    Schon? Er hatte doch erst höchstens zehn Prozent seiner Dokumente gelesen! Er hatte nur eine Handvoll Karten, die Fragen, die er sich überlegt hatte, waren so dumme Fragen, und sein Einstieg klang einfach lächerlich …
    Das Ganze war sowieso Wahnsinn. War von Anfang an Wahnsinn gewesen. Wieso hatte er nicht gleich abgelehnt, klipp und klar? Sich von Rados erstem Wort an kategorisch geweigert? Er war doch kein Show-Man ! Er würde sich unsterblich blamieren, sich und den Sender mit dazu.
    Er musste absagen.
    Andererseits konnte er nicht mehr absagen, nicht so spät!
    Es war zum Verrücktwerden.
    Je dunkler es draußen wurde, desto mehr wuchs Ingos Panik. Er tigerte durch

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