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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Ganze hat sich abgespielt beim –« Er hielt inne, kratzte sich am Kinn. »Die Frau vom Sender hat gemeint, ich soll keine Firmennamen erwähnen. Okay. Sie kennen vielleicht den Olten-Platz? Da stehen jede Menge Kaufhäuser und so. Eins davon hat ein Parkhaus, und dort, neben dem Zugang, ist es passiert. Da sind unten die Automaten, an denen man seine Parktickets zahlt, es geht ein paar Stufen hoch, und dort sind dann Schaufenster und so.«
    Ingo hatte das Gefühl, die Sache ein bisschen beschleunigen zu müssen. »Vor einem dieser Schaufenster standen in dem Moment gerade zwei Frauen.«
    »Ja, genau. Wobei ich da nicht drauf geachtet habe, ehrlich gesagt. Ich wollte einfach nur mein Ticket zahlen und nach Hause fahren. Ich war mit ein paar Kumpels im Kino gewesen, da park ich gern in dem Parkhaus da, die haben den günstigsten Abendtarif weit und breit. Wir hätten auch noch auf ’nen Absacker in die Kneipe können, ohne dass es mehr gekostet hätte, und normalerweise machen wir das auch, aber an dem Abend hatte der eine keine Lust und der andere musste früh raus, also haben wir’s gelassen –«
    »Sie wollten gerade Ihren Parkschein in den Automaten schieben, als was passiert ist?«
    »Ja, genau. Ich hör jemanden rumschreien, schau hoch, und da ist dieser Typ, der die beiden Frauen anpöbelt. Ziemlich betrunken, das hab ich gleich gesehen. Hatte seine Bierflasche auch noch in der Hand. Aber die Frauen haben ihn gar nicht beachtet, und ich dachte, okay, die haben das schon unter Kontrolle.«
    »Und dann?«
    »Tja.« Der Mann verschränkte seine schaufelgroßen Hände. »Ich will, wie gesagt, gerade mein Ticket in den Schlitz schieben, da seh ich aus den Augenwinkeln, wie der Kerl den Arm hebt und einer der Frauen seine Bierflasche mit voller Wucht gegen den Kopf schlägt, dass sie umfällt.«
    Ingo nickte nur, sagte nichts. Sein Gegenüber war jetzt gedanklich wieder bei dem Vorfall, das war zu spüren.
    »Ich denk noch, also so geht das ja nicht, nehm mein Ticket wieder und steig die Stufen hoch zu den Schaufenstern. Hey, sag ich, was soll das, aber der Kerl lässt mich links liegen. Die eine Frau liegt am Boden und blutet wie nur was und hält sich die Hände über’n Kopf, die andere steht geschockt daneben, und der Arsch schreit die immer noch an. Ich dazwischen, pack ihn an der Schulter, zieh ihn weg und sag der Frau, sie soll die Polizei anrufen und gleich sagen, dass der Notarzt kommen muss. Die war so geschockt, dass sie von selber gar nicht auf die Idee gekommen ist, glaub ich. Ja, und wie sie das Telefon rausholt, merk ich, dass der Typ sich verkrümeln will, so klammheimlich. Nix da, Freundchen, sag ich und halt ihn fest, du bleibst schön hier, bis die Polizei kommt. Ich will ihm die Bierflasche wegnehmen, da fängt der an zu randalieren, haut mich vor die Brust, will mit der Flasche nach mir schlagen – also geb ich ihm einen Stoß, nicht, dass der mich auch noch erwischt. Der Kerl taumelt rückwärts, besoffen wie er ist, fällt die drei Stufen runter und bricht sich die Hand dabei. Das hab ich in dem Moment natürlich nicht gewusst, ich hab nur gesehen, er liegt am Boden und ist erst mal außer Gefecht –«
    »An dieser Stelle muss ich Sie kurz unterbrechen«, hakte Ingo ein. »Wir haben nämlich Überraschungsgäste für Sie eingeladen.« Ans Publikum gewandt fuhr er fort: »Ich bitte um Applaus für Gisela Schmitt und Irmgard Fuhrsang!«
    »Nee, is’ nich’ wahr!«, rief Walter Uhl aus, während die Zuschauer klatschten. »Sie haben die beiden –?«
    Da kamen sie schon: Zwei rundliche Frauen mit dunklen Locken, neunundvierzig die eine, einundsechzig die andere, beide geschmackvoll gekleidet. Der Möbelpacker freute sich sichtlich, sie zu sehen, schüttelte ihnen erst die Hand, umarmte sie dann aber, von den eigenen Gefühlen überwältigt, und setzte sich auf den Sessel ganz nach außen, damit die beiden neben Ingo Platz bekamen.
    »Toll«, meinte er mit rauer Stimme. »Echt toll. Echt ’ne Überraschung.«
    Die Vorstellung war rasch erledigt. Die beiden waren Kolleginnen, Sekretärinnen in einer nahe gelegenen Fremdsprachenschule, die viele Abendkurse anbot. Da sie beide draußen in Altsitten lebten, gingen sie nach dem Ende der Kurse meist gemeinsam zur S-Bahn. Je nachdem, wie viel Zeit war, blieben sie unterwegs auch mal an dem einen oder anderen Schaufenster stehen.
    Es sei ein Schock gewesen, so aus heiterem Himmel angepöbelt und niedergeschlagen zu werden, räumte Irmgard

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