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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Bereitschaft, diese Summe zahlen zu wollen.
    »Danach sieht es nun wahrlich nicht aus«, beruhigte er, und er schilderte, welche Schriftstücke Marie im Briefkasten gefunden hatte und die sich daraus ergebende Schlussfolgerung, dass der Bruder jedenfalls bis vor wenigen Wochen den Postkasten noch geleert zu haben schien. Pakulla gab sich daraufhin beruhigt und bemerkte lapidar, dass Knobel einfach seine Arbeit fortsetzen solle.
    Doch nach dem Ende des Telefonats schien Knobel, dass Pakullas Bereitschaft, ohne Nachfrage den horrenden Honorarvorschuss leisten zu wollen, nur vor dem Hintergrund Sinn machte, dass Gregor Pakulla bereits von einer langen Suche nach Sebastian ausging. Hierzu passte, dass sein Mandant sich nach den bislang gewonnenen Ergebnissen der Suche nach seinem Bruder nicht erkundigte und auch jetzt, als Knobel ihm die spärlichen Resultate der bisherigen Recherche mitteilte, keine Fragen stellte, die doch angesichts des von ihm erteilten Mandats nur natürlich und naheliegend gewesen wären. Knobel hatte auch bei diesem Telefonat nicht die Adresse Sebastians genannt. Und Gregor Pakulla hatte auch dieses Mal nicht nach der Adresse gefragt. Sich all dieser Nachfragen zu enthalten, konnte mehreres bedeuten:
    Erstens: Pakulla interessierten diese Details nicht. Für diese Hypothese sprach wenig, denn Pakullas dringender Wunsch, wegen der Vermögensauseinandersetzung den Bruder zu finden, musste ihn schon wegen der im Raume stehenden erheblichen Erbschaft für alle Details interessieren, die mit dem Verbleib des Bruders zusammenhingen, selbst wenn er persönlich nichts für ihn empfand. Zweitens: Es konnte sein, dass Pakulla bereits viel mehr über den Verbleib seines Bruders wusste, als er zugab. Hierfür sprach angesichts seines Verhaltens einiges. Unerklärlich aber blieb, warum er dann überhaupt Knobel mit der Suche nach seinem Bruder beauftragte und schließlich, warum Pakulla sich in den Gesprächen mit Knobel so plump verhielt und gegenüber allen Details, die mosaiksteinartig zur Lösung seines Falles zusammengetragen wurden, sich so auffallend desinteressiert zeigte.
    Pakullas Frage Was tun Sie, wenn Sie meinen Bruder nicht finden? gewann mehr und mehr an Bedeutung und schien letztlich weniger eine wirkliche Frage zu sein.

10
    Als Pakullas versprochener Honorarvorschuss von weiteren 20.000 Euro wenige Tage später dem Kanzleikonto gutgeschrieben war und ein jeder der Sozien, insbesondere aber Dr. Hübenthal mit lobenden Worten und Löffke mit ignorantem Schweigen, den Geldeingang zur Kenntnis genommen hatte, war es für Knobel ein Leichtes, mit dem geheimnisvollen Hinweis auf notwendige umfangreiche Recherchearbeiten für einen Tag der Kanzlei fernzubleiben. Löffkes zischendes Viel Spaß mit Ihrer Studentin entbehrte der zu erwartenden Bissigkeit, weil die gebuchte Summe ihm im Rivalitätskampf mit Knobel einen Schlag versetzt hatte, der seiner Boshaftigkeit fürs Erste die Spitze genommen hatte.
    Bevor sich Knobel an jenem Montagabend in der Kanzlei mit den Worten verabschiedete, dass er den morgigen Tag gänzlich mit Detektivarbeit in der Sache Sebastian Pakulla verbringen werde, bat er seine Sekretärin noch, in allen Akten, in denen seit mehr als einem Monat eine Reaktion des Gegners oder gerichtliche Verfügungen ausblieben, schriftlich nach dem Sachstand zu fragen. Frau Klabunde schnaufte angesichts des zeitfüllenden Auftrags, und ihr Blick verriet eine Mischung aus Missmut und ängstlicher Ahnung, bei Knobel in Ungnade gefallen zu sein. Aber Stephan Knobel zerstreute ihre Befürchtungen, zückte einen 50-Euro-Schein aus seiner Brieftasche und steckte ihn ihr verstohlen zu, obwohl niemand die beiden beobachtete.
    »Aber Herr Knobel!«, begann Frau Klabunde überrascht und enthielt sich der weiteren Worte, die jetzt zu erwarten waren, ersetzte sie stattdessen durch einen weichen Blick über ihre Lesebrille, mit der sie verwundert in Knobels lächelndes Gesicht sah. Worte, die sagen sollten: Sachstandsanfragen gehören ohnehin zu meinen Aufgaben. Sie rechtfertigen doch kein Trinkgeld . Knobel ahnte die unausgesprochenen Worte, und er nickte sanft, bevor Frau Klabunde umständlich danken konnte.
    »Ich könnte doch auch in allen Sachen telefonisch nachfragen, das geht viel schneller und spart Porto«, half sie mit einer praktischen Empfehlung. »Wir achten sonst doch immer so sehr auf die Kosten! Es wird bereits jedem Auszubildenden eingebläut, Büromaterial nicht zu vergeuden und darauf

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