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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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weiter, tippte gleichzeitig etwas auf der Tastatur des Computers, wechselte ihre Blicke mehrfach zwischen Belegungsplan und Computerbildschirm.
    »Nach meiner Meinung wird es vermutlich Frau Klingbeil gewesen sein«, entschied sie. »Waldburga Klingbeil, Zimmer 516. Vielleicht versuchen Sie es dort einmal. – Sie fahren mit dem Aufzug in die fünfte Etage, dann links halten«, sagte sie und wies mit der Hand den Weg.
     
    »Wie kommst du auf eine Frau, mit der sich Esther van Beek gut verstand?«, wollte Knobel wissen, als sie den Fahrstuhl betreten hatten.
    »Frau van Beek war blind, also auf Hilfe angewiesen. Und sie war, wie dein Mandant sagte, eine Frau, wie man sich die Lieblingstante vorstellt. Also war sie wahrscheinlich warmherzig, aufgeschlossen und gesellig. Sie verfügte über erhebliches Vermögen und kam nach ihrer Ehe mit dem Holländer aus einer Industriefamilie. Also spricht vieles dafür, dass sie sich im Augustinum ein Einzelappartement geleistet hat. Das würde ihrer Selbständigkeit entsprechen, die ich bei ihr vermute. Wegen ihrer Blindheit war sie jedoch auch auf Hilfe angewiesen, aber wird nicht wegen jeden Handgriffs das Pflegepersonal in Anspruch genommen haben. Also ist es naheliegend, dass sie eine Freundin hatte, mit der sie sich gut verstand und die ihr hin und wieder bei kleinen Verrichtungen helfen konnte. Und diese Frau ist möglicherweise Waldburga Klingbeil.«
    Sie fanden Frau Klingbeil nicht in ihrem Zimmer, sondern in einer Sitzecke am Ende des Flures, vor einer Glasfront, durch die man über die Kirchhörder Straße hinweg in den Wald sehen konnte. Marie präsentierte den Anlass ihres Besuchs, wie sie es unten am Empfang getan hatte, weitete die Geschichte jedoch blumig aus, wob alle Details ein, die sie über Esther van Beek wusste oder sich erschließen konnte und achtete insbesondere darauf, die Namen Sebastian und Gregor immer wieder einzuflechten.
    »Sebastian hatte gerade noch ein Bild für Esther begonnen«, sagte sie. »Er hätte es ihr zu gerne zu ihrem 85. Geburtstag geschenkt. – Aber leider war es ihr ja nicht mehr vergönnt, diesen Geburtstag zu erleben.«
    Knobel merkte, dass sich bei diesem Satz Frau Klingbeils Gesichtszüge verfinsterten. Die weißhaarige Frau umgriff mit der rechten Hand fest ihren Gehstock. Die Knöchel traten weiß hervor, ihre Mundwinkel spannten sich. Auch Marie hatte diese Regung bemerkt. Sie hielt inne.
    »Sie kennen doch Esthers Neffen Sebastian?«, fragte sie sanft nach.
    »Schauspieler!«, zischte Frau Klingbeil erregt. »Jetzt, wo Esther von der Bühne abgetreten ist, kann er endlich schalten und walten, wie er will!«
    Sie blickte Marie misstrauisch an.
    »Sie sind mit Sebastian befreundet?«
    Die lauernde Frage legte deren Verneinung nahe und Marie betonte, dass sie nur Verwandte seien und dem Bruder Gregor näher stünden als dem in seiner Struktur zwielichtigen Sebastian.
    »So Künstlernaturen sind manchmal schwer zu durchschauen!«, setzte sie beliebig hinzu, hob ratlos die Schultern und versicherte schnell, dass es Gregors Idee gewesen sei, sie im Augustinum zu besuchen.
    »Sebastian Pakulla, dieser Schauspieler, dieses Menschlein!«, bekräftigte sie.
    »Das drängt und stößt, das rutscht und klappert!
    Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!
    Das leuchtet, sprüht und stinkt und brennt!
    Ein wahres Hexenelement!«
    »Ein Zitat aus Faust I «, nickte Marie.
    Frau Klingbeil lächelte anerkennend.
    Ihre Gesichtszüge entspannten sich wieder.
    »Das ist aber außergewöhnlich, dass ein Mensch Ihrer Generation so etwas weiß!«
    »Es ist keine Frage der Generation, sondern eine Frage der Bildung und des Interesses«, gab Marie geschickt zurück und verschwieg ihr Germanistikstudium.
    »Dann sagt Ihnen der Name Gründgens etwas«, forschte Frau Klingbeil weiter und Marie parierte sofort.
    »Es gibt wohl niemanden, der den Mephisto genialer gespielt hat«, meinte sie und sicherte sich mit dieser Bemerkung die Sympathien der alten Frau.
    »Von 1955 bis 1963 war er Intendant des Deutschen Schauspielhauses in Hamburg, und in diese Zeit fiel meine Beschäftigung am Schauspielhaus. Als Souffleuse«, erklärte sie.
    »Im April 1957 hatte der Faust I dort Premiere«, brillierte Marie weiter, » Gründgens spielte den Mephisto und Will Quadflieg den Faust .«
    » Quadflieg im Wechsel mit Werner Hinz «, ergänzte Frau Klingbeil. »Dass Sie so etwas wissen?!«
    Ihr Gesicht hatte fast heitere jugendliche Züge angenommen. »Kommen

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