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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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natürlich auch einen Verdacht erregt. Aber es hätte keine Spur nach Sa Pobla geführt. Die Figur Kirsten Praetorius hätte es bei den Ermittlungen nicht gegeben. Die Bilder Sebastians, jedenfalls die dir bekannten, hätten auf Palmas Altstadt hingedeutet. Es war bekannt, dass Sebastian meistens nur einen Flugweg buchte und dass er sich häufig länger auf Mallorca aufhielt. Aber wo? Man hätte es wahrscheinlich nicht erfahren. Und der Verdacht gegen Gregor? Er hätte sich mit der Zeit zerstreut.
    Es wäre also rechtlich sicher, nur eben zeitlich unbequem gewesen, der Zeit ihren Lauf zu lassen. Jahrelanges Warten auf die Verwertung von Esthers Erbschaft, dafür mit der vollen Erbschaft und nicht nur mit der Hälfte belohnt, und außerdem während dieser Zeit trotzdem gut ausstaffiert, denn Gregor ist ja, wie du weißt, selbst einigermaßen vermögend.
    Warum also nicht diese auf der Hand liegende Lösung verfolgen und mit der Zeit Wirklichkeit werden lassen?«
    Knobel hielt inne und blickte Kirsten Praetorius lange in die Augen. Würde sie sich jetzt geschlagen geben? Knobel sah keine Regung in Kirstens Gesicht.
    »Die Antwort ist einfach: Diese Lösung wäre für Gregor gut und relativ sicher gewesen, aber nicht für dich !
    Dein Studium der erbrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat dich natürlich auf die Vorschrift des § 2339 BGB gestoßen, in dem die Gründe für die Erbunwürdigkeit aufgeführt sind.
    Knobel trat an die Bücherwand seines Büros, zog ein Bürgerliches Gesetzbuch heraus, blätterte auf, und las vor:
    »§ 2339 Absatz 1 BGB:
    Erbunwürdig ist, – ich lese Ziffer 2 vor -, wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben.
    Das ist es! Gregor ist unwürdig, Esther zu beerben, denn er hat sie bis zu ihrem Tod darüber getäuscht, dass Sebastian nicht mehr lebte. Er hat die Täuschung begangen, um Esther von der Errichtung eines Testaments abzuhalten, mit dem andere in den Genuss der Erbschaft gekommen wären, zum Beispiel ein Tierheim oder vielleicht auch das Wohnstift Augustinum in Dortmund.
    Aber was hätte dir das gebracht? Eine Erbunwürdigkeit kann erst auf Grundlage einer Anfechtungsklage durch ein Urteil festgestellt werden, und § 2341 BGB bestimmt: Anfechtungsberechtigt ist jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen, sei es auch nur mit dem Wegfall eines anderen, zustatten kommt.
    Das bist nicht du, Kirsten, denn du stehst in keiner erbrechtlichen Beziehung zu Gregor Pakulla. Du bist nicht mit ihm verwandt und auch nicht mit ihm verheiratet. Andere Erben gibt es nicht. Du hättest ihn natürlich vor Esthers Tod heiraten können, aber du liebst ihn ja gar nicht. Nein, Kirsten, du hast eine andere und wirtschaftlich viel effektivere Lösung gewählt: Du hast vor Esthers Tod einen Erben zeugen lassen, der bereits zum Zeitpunkt von Esthers Tod rechtlich existent war! Denn selbstverständlich kennst du die Vorschrift des § 1923 Absatz 2 BGB.«
    Knobel blätterte in dem Gesetzbuch zurück und las vor: »Absatz 1: Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt.
    Und Absatz 2 bestimmt:
    Wer zur Zeit des Erbfalls noch nicht lebte, aber bereits gezeugt war, gilt als vor dem Erbe geboren.
    Das ist die Fiktion, die dir in die Finger spielt. Du hast Gregor das Kind zeugen lassen, das ihm das Erbe nimmt.«
    »Ich bin fast 40, Stephan, ich wollte ein Kind. Das ist der einzige Grund. Du fantasierst!«
    »Und natürlich wirst du so bald wie möglich als alleinsorgeberechtigte Mutter deines nichtehelichen Kindes für das Kind die Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit Gregors erheben«, fuhr Knobel unbeirrt fort. »Gregor wirst du los, indem du ihn der vorsätzlichen Tötung bezichtigst. Ob das Erfolg haben wird, weiß man nicht. Aber das ist dir letztlich egal. Du bist ihn so oder so los. Die Anzeige Gregors bei der Polizei hat für dich schließlich eine ganz wesentliche andere Bedeutung:
    Mit der Aufdeckung von Sebastians Tod und dem Auffinden seiner Leiche ist er nicht mehr verschollen. Das leidige lange ›Todeserklärungsverfahren‹ hat sich erledigt. Sebastians Tod wird festgestellt, und es ergibt sich folgende erbrechtliche Lösung:
    Sebastian ist vor Esther verstorben. Sebastian wird von seinem Bruder Gregor beerbt. Sollte Gregor, was ich nach wie vor nicht glaube, Sebastian vorsätzlich und widerrechtlich getötet haben, wäre er aus diesem Grunde bereits hinsichtlich Sebastians Erbe

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